Verplant verliebt
ihr erneut über den Rücken und signalisierte Marie mit einem leisen „Schschsch“, dass sie ihm nichts erklären musste. Es rührte ihn, dass sie ihm anvertraute, was vorgefallen war. Er verstand, wie sie sich fühlte. Hannes war ihre große Liebe gewesen. Sie hatte die Mutter seiner Kinder sein wollen, und nun hatte er mit einer anderen Frau ein Kind bekommen.
Marie sah dankbar zu ihm auf, atmete tief ein und stand auf. „Ich werde das rosa Zimmer des Grauens übernehmen. Du kannst hier rein. Ich müsste nur noch kurz ins Badezimmer.“ Karlo sah auf das kleine rosa Bett, in dem er sich noch nicht einmal hätte ausstrecken können und bezweifelte, dass Marie das konnte. Weil er wusste, dass Marie keine Widerrede dulden würde, willigte er ein.
Als Marie aus dem Bad kam, lag Karlo angezogen auf dem Bett, die Arme hinter dem Nacken verschränkt und lächelte sie aufmunternd an.
„Bad ist frei.“
Marie schüttelte den Kopf, als ihr bewusst wurde, wie seltsam diese Situation war. Da lag ihr Chef in spe auf dem Doppelbett, das für sie beide bestimmt war, weil ihre Eltern dachten, sie wären liiert. Und sie hatte nichts Besseres zu tun, als ihr Seelenleben vor ihm auszubreiten und sein Hemd vollzuheulen. Merkwürdigerweise war es ihr nicht peinlich. Karlo hatte ganz ruhig reagiert, ihr gegeben, was sie brauchte, ohne eine Erklärung zu verlangen. Fast als wäre es das Natürlichste der Welt. Obwohl es den meisten Menschen sicher lächerlich vorgekommen wäre, dass sie wegen ihres lang verflossenen Exfreundes heulte, hatte er nichts gesagt. Im Gegenteil. Marie hatte das Gefühl, dass er sie ernstnahm und verstand.
Marie lächelte Karlo an, schnappte sich Simba und wünschte ihm eine gute Nacht, bevor sie im Mädchenzimmer ihrer Schwester verschwand. Irgendwie war ihr Karlo näher als sonst. Er fühlte sich wieder mehr nach Matrose Karlo an und weniger nach Kollege Karlo oder gar Chef Karlo.
Wenige Minuten später, als Marie gerade ihr lila-weiß kariertes Pyjamahemd übergestreift hatte, hörte sie ein Kratzen an der Tür, gefolgt vom Klicken der Klinke. Simba machte sich an der Tür zu schaffen. Marie fluchte leise und blickte sich nach ihrer Hose um. Zu spät. Die Tür schwang leise auf. Auf der anderen Seite stand Karlo, der nichts bemerkt zu haben schien, und kramte in seinem Koffer. Karlo hatte eine grün-blau gestreifte Pyjamahose an, sein Oberkörper aber war frei. Sie gaben ja ein ganz wunderbares Bild ab, dachte Marie und fixierte für einen Moment seine breiten Schultern. Sie dachte erneut an den Matrosen, den sie erst vor wenigen Wochen kennengelernt hatte. Marie schüttelte den Gedanken ab, zog ihr Hemd herunter, um ihren knappen Slip zu verdecken, und pirschte sich zur Tür. Sie hoffte, Simba zu sich locken und die Tür unbemerkt schließen zu können.
Gerade als Marie ihre Hand nach der Klinke ausstrecken wollte, strich Simba Karlo am Bein entlang. Karlo sah irritiert die Katze an und schaute dann zur Tür. Sein Blick blieb an Maries nackten Beinen hängen. Während er sich aufrichtete, scannte er sie von unten nach oben. Karlo öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, räusperte sich dann aber nur. Marie erblickte den Anker, der auf seinem muskulösen Oberarm prangte und Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht schossen ihr durch den Kopf. Sie spürte, wie sie rot wurde und sah auf den Boden.
„Du dachtest damals, mein Tattoo wäre Teil des Kostüms, nicht wahr?“
Marie kam es vor, als wäre Karlos Stimme ein wenig rauer als sonst. Sie hob den Kopf und bemerkte, dass Karlo ein paar Schritte auf sie zugekommen war. Er hatte sich leicht zur Seite gedreht, so dass sie sein Tattoo unverhohlen mustern konnte. Wieder fragte sie sich, warum er so ein prahlerisches Symbol auf seinem Arm trug.
Karlo beantwortete ihre Frage, ohne, dass sie sie stellen musste. „Oberflächlich betrachtet könnte man annehmen, ich wäre ein treuloser Matrose.“ Karlo lächelte vielsagend.
Marie fragte sich, ob er seit Neuestem Gedanken lesen konnte, so oft wie er an diesem Abend schon ihre Gefühle erahnt hatte.
„Die traditionelle Bedeutung des Ankers ist eine andere. Er steht für die ewig währende Liebe. Man wirft einen Anker bei dem Menschen aus, bei dem man bleiben möchte.“
Marie stöhnte innerlich auf, als sie diese Erklärung hörte. Sie fand sie ziemlich dick aufgetragen. Bei Bernadette würde diese romantische Masche sicherlich besser funktionieren als bei ihr.
Wieder deutete Karlo Maries
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