Verplant verliebt
Reaktion richtig und sagte: „Außerdem steht der Anker für die Überquerung des Atlantischen Ozeans.“
Doch Marie war gedanklich noch bei dem, was Karlo zuvor gesagt hatte. „Und wo währt deine ewige Liebe jetzt?“, fragte sie spitz.
Karlo zögerte. „Ich hätte es damals nicht geglaubt, aber es sollte wohl doch nicht fürs Leben sein.“
„Was oder besser gefragt: Wer kam denn dazwischen?“ Marie biss sich auf die Zunge. Nun war sie ungerecht.
Das schien Karlo genauso zu sehen: „Sag mal, Marie: Warum hast du eine so schlechte Meinung von mir, wenn es um Frauen geht?“ Während Karlo auf ihre Antwort wartete, schaute er ihr direkt in die Augen.
Marie richtete ihren Blick auf den Boden und zog ihr Nachthemd ein wenig nach unten. „Naja, mich hast du ziemlich routiniert abgeschleppt“, sagte sie leise.
„Wir waren gegenseitig voneinander angezogen.“ Karlo machte eine Pause und atmete tief ein. „Und wenn du es genau wissen willst: Sie hat mich verlassen“, sagte er trotzig.
Marie dachte daran, wie selbstverständlich Karlo sie gerade getröstet hatte. Vielleicht hatte Karlo sie ohne Worte verstanden, weil er etwas Ähnliches mitgemacht hatte. Vielleicht wusste er ganz genau, wie sich so etwas anfühlte. Auf einmal tat Marie ihr Spruch leid. Sie versuchte, ihr Gespräch in unverfänglichere Bahnen zu lenken. „Und wie sieht es mit deinen Plänen aus, den Atlantischen Ozean zu überqueren?“
„1998. Meine beiden besten Freunde und ich. Wir starteten in Hamburg und waren vier Wochen später auf Martinique.“
Nun war Marie beeindruckt. Er war also wirklich Matrose.
Karlo machte einen Schritt auf Marie zu und stand nun keinen halben Meter mehr von ihr entfernt.
„Was kann ich tun, damit du mir glaubst, dass ich kein Oberabschlepper bin?“
Karlo streckte seine Hand aus und wollte nach ihrer greifen, doch Marie wich einen Schritt zurück.
„Mir an dieser Stelle eine gute Nacht wünschen.“ Marie umfasste die Türklinke und sah wehmütig seinen wunderschönen Oberkörper an. „Wir sehen uns morgen.“
32
Marie wachte auf, als im Nebenzimmer die Tür zufiel. Karlo schien bereits auf dem Weg zum Frühstück zu sein. Sie lehnte sich auf die Seite, um einen Blick auf den Wecker zu werfen, und die Matratzenfeder, die sie schon die ganze Nacht geplagt hatte, pikste sie wieder in die Rippen. Halb acht. Sie streckte sich, wobei sie ihre Füße weit über das Bettende hinausschob. Auf dem Weg ins Badezimmer klopfte Marie bei Karlo an die Tür, nur für den Fall, dass sie sich getäuscht hatte. Keine Antwort. Dann bemerkte sie einen Zettel auf dem Fußboden vor der Tür. „Bad ist frei.“ Wie umsichtig. Marie studierte Karlos kantige Schrift und betrat sein Zimmer. Karlos Sachen waren fein säuberlich im Koffer verstaut und auch das Bett war gemacht. Im Badezimmer roch es nach seinem Eau de Cologne. Marie war lange in keinem Bad mehr gewesen, in dem es nach Mann roch. Sie sog den Duft tief ein, stieg in die Dusche und las den Schriftzug auf Karlos Duschgel. Dann rief sie sich selbst zur Ordnung. Was trieb sie hier eigentlich? Anscheinend hatte die Nacht in Anjas Jugendzimmer ihren Verstand benebelt, sie benahm sich wie ein Teenie.
Marie schien die Letzte aus ihrem Team zu sein, die zum Frühstück herunterkam. Sandra tupfte Albert gerade mit einer Serviette Nutella von der Wange und gab ihm einen Kuss auf die Stelle, wo eben noch der Schokoklecks gewesen war. Bernadette beobachtete die Szene und inspizierte Karlo neben sich, doch zu ihrem Bedauern hatte der kein Frühstück im Gesicht. Bernadette zog die Stirn kraus und massierte ihre Schläfen. Marie grinste in ihr Marmeladenbrötchen.
Plötzlich steuerte ein Mann zielsicher auf Maries Tisch zu. Er trug ein ausgewaschenes T-Shirt über einer Cordhose und balancierte zwei gekochte Eier und einen Stapel Brote auf seinem Teller. Seine mittellangen, blonden Haare waren leicht zerzaust und auf seinem Kinn spross ein kümmerliches Bärtchen. Der Fremde setzte sich neben Marie, schlug die Beine übereinander und machte sich über seine Eier her. Marie beobachtete ihn verwirrt, denn außer ihren Kollegen war niemand in der Pension einquartiert.
Der Mann drehte sich zu ihr um, bemerkte ihren fragenden Blick und richtete sich abrupt auf. „Entschuldigung, ich habe Sie vor lauter Verfressenheit gar nicht bemerkt. Sie müssen Marie sein, die Tochter des Hauses.“ Er streckte ihr seine Hand entgegen. „Ich bin der Niko“, sagte er mit
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