Verräterherz (German Edition)
berichten.
Mir war klar geworden, dass der Hunger ab sofort immer siegen würde. Sex war nett - aber Nähren war viel netter.
Um Längen netter … unausweichlich war es!
Und von da an kamen die Uhren ins Spiel. Ich war regelrecht besessen davon. Ich kaufte sie, ich stahl sie, ich tauschte sie ein, gegen die Dinge, die ich meinen Opfern entwand, nachdem deren Leben erloschen war.
Ich weiß, was du jetzt denkst ... dass ich keinen Deut besser bin, als mein Mörder, der mich ebenfalls bestohlen hatte. Vermutlich hast du recht, aber du wirst feststellen, dass uns dennoch Welten voneinander trennen und er deine Vergebung nicht verdient. Ob ich sie verdiene, überlasse ich natürlich vollends deinem Urteil. Doch um dies treffen zu können, muss ich dir erst weiter bereichten.
Ich hatte bald einen so großen Haufen an Uhren, dass ich meine Hände darin vergraben konnte. Ein Bad in der Zeit. Eintauchen in das einzige Element, das mich kontrollieren konnte – und dem ich die Kontrolle über mich gestattete.
Ich ließ mich geißeln von den Zeigern, die manchmal so langsam krochen, dass ich glaubte, verhungern zu müssen, bevor sie mich endlich freigeben würden. Und wenn sie die erforderlichen Ziffern erreicht hatten, dann zog ich los und tötete mit reinem Gewissen.
Das Übermaß an Meuchelei war gebannt! Ich verlange keinen Applaus von dir für meine Leistung – ich weiß, dass ein Teil von dir sie verachtet, obwohl du zugeben musst, dass ich mir selbst Gewalt antat, um viele von euch zu schützen. Dass ich mich dennoch von Menschen nähre, muss dir zuwider sein. Nun … ich verstehe das – ich war selbst mal einer, vergiss das nicht!
Aber ich sehe die Dinge heute natürlich mit anderen Augen. Ich sehe sie klarer - nüchterner – und manchmal auch mit blutrotem Blick … dann allerdings nicht nüchtern, sondern trunken von frischem Blut, das so köstlich schmeckt – so köstlich!
Ich habe Hunger! Entschuldige mich einen Moment … und halte deinen Puls unter Kontrolle! Wir wollen uns später wiedertreffen.
~5~
Es geht mir gut und ich bin nun gesättigt, falls du dir Sorgen um mich gemacht haben solltest … oder um dich.
Nun, ich war dabei, dir von meinem Leben als Vampir zu erzählen.
Wie ich bereits erwähnte, lebte ich einige Zeit in London. Genaugenommen ein gutes Jahrhundert meines neuen Daseins lang. Ich bezog eine winzige Wohnung im damals, um 1750 gerade erst neu entstandenen East End. Es war der Stadtteil Whitechapel, in dem ich mich einigermaßen zuhause fühlte. Die Wohngegend war von Fabrikarbeitern bevölkert, die vor Arbeit und Armut müde durch ihr Leben schlichen und kein gesteigertes Interesse daran hatten, sich um meine Person, und noch viel weniger um meine nächtlichen Aktivitäten zu kümmern.
Als die Bevölkerungsexplosion schließlich so viele Menschen in die kleinen Stadtviertel des East Ends schwemmte, lebte ich wirklich nicht schlecht. Das heißt, ich lebte natürlich nicht, aber ich nährte mich nicht schlecht. Ich verstand es jedoch, mich so weit unter Kontrolle zu halten, dass ich durch meine Morde kein Aufsehen erregte. Dafür sorgte dann später ein ganz anderer. Die Zeitungen nannten ihn Jack the Ripper, da er sich angeblich selbst in einem seiner Briefe so genannt hatte. So viele Theorien gibt es inzwischen über ihn. Romane, Filme und Musicals. Er ist weltbekannt – Nun, ob man das als gerechtfertigt ansehen sollte oder nicht, mag ich nicht entscheiden. Tatsache jedoch ist, dass er mir schrecklich auf die Nerven ging!
So lange hatte ich inzwischen mein Leben dort in Whitechapel gelebt, und mich darauf eingestellt, noch eine kleine Ewigkeit dort verbringen zu können, doch dann kam dieses Phantom daher, mordete auf grausame Weise und war mit größter Sicherheit kein Vampir, auch wenn das Aufschlitzen der Kehlen seiner Opfer vermuten lassen könnte, er habe ähnlich wie Morlet gemordet. Dass dem nicht so ist, geht aus den Akten von damals hervor und ich wurde einmal sogar selbst Zeuge, da ich eines seiner Opfer fand, noch bevor es offiziell entdeckt wurde. Ich wurde vom Geruch des Blutes angezogen, doch die verstümmelte Leiche ließ mich auf der Stelle umkehren. Obwohl ich mich von Menschenblut nähre, und obgleich ich dir gestanden habe, dass ich den Mord an Morlet genoss, bin ich doch niemand, der derart grauenvoll tötet und zerstückelt. Diese Frauen wurden zum bedauerlichen Spielzeug eines kranken Menschen … nicht zu dem eines hungrigen Vampirs!
Nun, als die
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