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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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insbesondere schlechter Vampirliteratur - wollte ich ja gar nicht erzählen, sondern von meinem Leben als bluttrinkender Untoter.

    ~ღ~

    Nun denn, ich wurde also ein Vampir.
    Ich lebte nach meiner Transformation in den Schatten - und selbst diese versuchten mich auszuspucken. Obwohl ich das Sonnenlicht durchaus vertrage, hielt ich es in der Anfangszeit für besser, mich nur im Dunkeln aufzuhalten. Das lag vor allem daran, weil ich noch nicht gänzlich in der Lage war, meine menschliche Gestalt beizubehalten. Ab und an geschah es, dass mir ein Knochen aus dem Fleisch stand oder ein Loch in meiner Backe klaffte, durch das meine spitzen Zähne überdeutlich zu sehen waren. Vor allem in hungrigem Zustand gelang es mir so gut wie nie, mich ausreichend auf meine körperliche Hülle zu konzentrieren.
    Da ich leider beinahe unentwegt Hunger hatte, war meine unzureichende Gestalt ein großes Problem. Es mag seltsam klingen, aber ich bin durchaus ein wenig eitel, was meine körperlichen Attribute anbelangt. Immerhin war ich in der Blüte meines Lebens dahingeschieden und es durchaus gewohnt, die Blicke des ein oder anderen weiblichen Geschöpfes auf mich zu ziehen. Die erste Frau, die mich jedoch nach meiner Wandlung sah, lief laut schreiend davon.
    Sie hatte gesehen, wie sich einer meiner Fingerknochen durch die fleischliche Hülle geschoben hatte und an der Fingerspitze blutig austrat – wahrlich kein schöner Anblick! Ich ließ das verschreckte Ding laufen, obwohl ich einen unbändigen Hunger auf ihr aufgewühltes Blut verspürte. Einen solchen Schreck jedoch sollte man nicht noch krönen, indem man die Schockierte aussaugt – das ziemt sich nicht … nicht einmal für jemanden wie mich.
    In den folgenden Wochen war ich damit beschäftigt, mich zu nähren und meine Erscheinung des alten Lucien dauerhaft wieder herzustellen. Ich muss wohl nicht erwähnen, wie überglücklich ich war, als es mir endlich gelang, alle Knochen sorgsam hinter dem neuen Fleisch zu verbergen.
    Ich vermute, dir behagt der Gedanke nicht, dass es mir eine Zeitlang anders erging. Nun, ich behauptete nie, dass ich zu deinem Wohlempfinden beitragen würde, nicht wahr?
    Doch falls es dir wirklich etwas ausmacht, diese Dinge zu lesen, so rate ich dir, sie nicht bildhaft in deinem Kopf Einzug halten zu lassen. Ich war nicht wie eines der bedauernswerten Tiere, die ihr mit euren Autos so unachtsam zu Brei zerfahrt. Ich hatte Probleme, aber ich war stets darauf bedacht, so angenehm wie möglich auszusehen.
    Vielleicht sollten wir das Thema wechseln …
    Es steckte wohl noch zu viel altes Wissen und Begehren in mir, denn sobald ich in der Lage war, mich so attraktiv zu zeigen, wie ich als Lucien zu Lebzeiten ausgesehen hatte, verspürte ich den Wunsch, eine Frau zu verführen.
    Mit dem Mut des Untoten gelang es mir auch rasch, in einem Wirtshaus eine mögliche Bettgefährtin auf mich aufmerksam zu machen. Sie wand sich nur wenig später unter meinen neugierigen Fingern. Es machte mir Freude, ihr Spaß zu bereiten. Ich hörte gerne ihre kleinen Schreie, die wie ein Feuerwerk klangen, das böse Geister vertreiben sollte. Und tatsächlich vertrieben ihre Laute die bösen Gedanken aus meinem Kopf. Und ehe du dich fragst, welches Ende die Frau wohl genommen hat, darf ich dich beruhigen – sie verließ mich sehr zufrieden und vor allem auch sehr lebendig mitten in der Nacht. Ich war ebenfalls zufrieden … ja befriedigt, wenn du mir die Bemerkung gestattest – doch unbändiger Hunger hatte mich bereits während des Liebesaktes erfasst und er hatte stetig zugenommen, sodass es mich unendlich viel Kraft gekostet hatte, das Mädchen lebend gehen zu lassen. Ein seltener Fall und in meinem damaligen Zustand beinahe schon ein Wunder, wie ich zugeben muss.
    Sobald sie verschwunden war, zog ich um die Häuser. Ich stieß auf zwei Männer, die in einen Streit geraten waren … sie dufteten köstlich in ihrem Zorn aufeinander. Und trotz ihrer Wut starben sie doch Arm in Arm, als sie sich verzweifelt aneinander festhielten, sich ihrer Freundschaft im gemeinsamen Todeskampf erinnernd.
    Wir ersparen uns besser die Details dieser Nacht, in der ich meinen Hunger so sehr im Übermaß stillte, dass ich zum ersten Mal seit meiner Wandlung absolut glücklich war … und etwas übel war mir auch, als hätte ich zu viel Kuchen gegessen - der Vergleich scheint mir passend.
    Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass dir der Gedanke nicht behagt, daher lass mich schnell weiter

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