Verrat im Zunfthaus
ob sie Belas Schwester noch einmal aufsuchen sollte, als vor dem Haus das Klappern von Pferdehufen und das Poltern eines kleinen Fuhrwerks zu vernehmen war. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass Ludowig und Franziska mit den Bierfässern zurück waren. Das Fuhrwerk bog um die Hausecke in das Tor zum Hinterhof ein. Es war kaum Adelinas Blicken entschwunden, als sie lautes Schimpfen und Zetern vernahm.
Erstaunt hob sie den Kopf. Das Zetern kam eindeutig von ihrer Magd, immer wieder unterbrochen von Ludowigs dunkler Stimme. Verärgert legte Adelina den Salbentiegel beiseite, in dem sie gerade eine Mischung gegen Verbrennungen angesetzt hatte, und eilte zur Hintertür hinaus. «Achte auf die Apotheke», rief sie Mira im Hinterzimmer zu, durchquerte mit wenigen Schritten den schmalen Flur und riss die Tür zum Garten auf. Dabei scheuchte sie Moses auf, der auf der anderen Seite der Tür gelegen hatte und überrascht bellte.
«Dann mach doch, was du willst!», keifte Franziska gerade. «Meinetwegen kannst du dir den Rücken durchbrechen mit den verdammten Fässern.» Mit wildem Blick schoss die Magd an Adelina vorbei ins Haus. Moses rannte ihr kläffend hinterher.
«Jecke Trin», brummte Ludowig und machte sich ander Ladung des Fuhrwerks zu schaffen. Erst als Adelina, die Hände in die Seiten gestemmt, neben ihm auftauchte, bemerkte er sie. «Oh, Herrin. Kann ich was für Euch tun?»
«Was war hier eben los?»
«Nichts, Herrin.»
Adelina sah ihn streng an. «Und was war das eben mit der jecken Trin?»
«Äh …» Ludowig ließ von dem Fuhrwerk ab und verzog betreten das Gesicht. «Das … damit wart nicht Ihr gemeint, Herrin.»
Adelina musste ein Lächeln unterdrücken. «Das hatte ich auch nicht angenommen. Mir ist zu Ohren gekommen, dass es zwischen dir und Franziska des Öfteren zu Streitereien kommt.»
Ludowig zuckte mit den Schultern und griff nach einem der Fässer. «Ist ein bisschen überspannt, die Kleine. Hab sie an ihre Arbeit geschickt. Was soll sie mir hier zwischen den Füßen rumlaufen?»
«Wenn ich das eben recht mitbekommen habe, wollte sie dir helfen», meinte Adelina mit einem Blick auf die Ladung des Fuhrwerks.
«Brauch keine Hilfe.» Zum Beweis schulterte Ludowig das Fässchen und trug es ins Haus.
Adelina folgte ihm und stellte sich ihm an der Tür in den Weg, als er zum Fuhrwerk zurückwollte. «Und ich kann keine Zankereien in meinem Haushalt brauchen.»
«Liegt ja nich’ an mir. Sie soll mir einfach meine Ruhe lassen.»
Adelina wollte noch etwas erwidern, doch in diesem Moment ertönte das Geschrei ihres Sohnes. Vitus streckte den Kopf aus der Küchentür und winkte ihr heftigzu. «Lina, Colin weint, bestimmt hat er Hunger. Ich hab auch Hunger.»
Ludowig nutzte die Gelegenheit und verdrückte sich nach draußen. Adelina sah ihm kurz nach und ging dann in die Küche. «Magda kann dir was zu essen machen.» Sie beugte sich über Colins Bettchen und nahm ihren Sohn auf den Arm. Sogleich hörte er auf zu schreien.
Magda werkelte am Spülstein und sagte über die Schulter: «Ich hab Vitus schon zwei Stück Käse gegeben. Der Junge ist ein Fass ohne Boden. Gleich muss ich los, um Griet von den Beginen abzuholen.»
«In Ordnung, dann nimm auch Vitus mit. Das lenkt ihn vielleicht von seinem Hunger ab.» Adelina setzte sich mit Colin auf die Ofenbank und öffnete ihr Kleid, um ihm die Brust zu geben. «Mach heute Abend die Grützwürste, nicht dass sie noch verderben.»
«Ich hab sie schon vorbereitet, Herrin.»
«Wo ist Franziska?»
Magda wischte sich ihre feuchten Hände an der Schürze ab. «Hab sie nach oben geschickt, das dumme Huhn. Sie hat sich so aufgeregt …»
«Franzi hat auch geweint, wie Colin», warf Vitus ein. «Was ist denn mit ihr? Ich mag nicht, wenn sie weint.»
Adelina sah ihren Bruder irritiert an, dessen leicht schiefes Gesicht einen vollkommen neuen, besorgten Ausdruck angenommen hatte.
«Sie ist nicht traurig, Vitus», erklärte Magda rasch. «Sie hat sich nur über Ludowig geärgert.»
«Sie hat aber geweint!» Vitus verschränkte die Arme vor der Brust. «Ich geh jetzt zu Ludowig und sag ihm, er darf sie nich’ mehr ärgern.»
«Vitus?» Adelina sah ihrem Bruder verblüfft nach, der entschlossen die Küche verlassen hatte.
Magda gluckste leise. «Mir scheint, Herrin, Euer Bruder hat sich ein bisschen in Franziska verguckt.»
«Vitus? Aber er ist …»
«Nicht der klügste Mensch in Gottes Schöpfung, gewiss.» Magda nickte. «Sein Verstand ist
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