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Verrat im Zunfthaus

Verrat im Zunfthaus

Titel: Verrat im Zunfthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Ingolf war noch keine fünfundzwanzig und recht passabel anzusehen. Sie schien ihm ebenfalls zu gefallen, und alles sah vielversprechend aus. Doch Ingolf war ein ziemlicher Heißsporn und sehr übermütig. In seiner Schützenbruderschaft galt er als der mutigste und unerschrockenste Schütze und Reiter. Das war er in der Tat, und es wurde ihm zum Verhängnis. Im siebten Ehejahr stürzte er bei einer Übung vom Pferd und brach sich den Hals.»
    «Großer Gott!»
    «Nun, Feidgin hatte inzwischen drei kleine Kinder, deshalb heiratete sie sehr rasch wieder, diesmal einen Silberschmied. Er war ein sehr sanftmütiger Mensch und ließ sich bald in allem von ihr lenken. Doch etwas schien ihm immer auf der Seele zu liegen, jedenfalls hat er sich, als sein erster Sohn, Feidgins sechstes Kind, an einem Fieber starb, in seiner Werkstatt aufgehängt.»
    «Du meine Güte!» Adelina fehlten die Worte. Entsetzt starrte sie Benedikta an, die jedoch abermals nur mit den Schultern zuckte.
    «Feidgin war inzwischen eine recht wohlhabende Witwe, nun sogar mit einer gutgehenden Silberschmiede, auf die es ein Konkurrent abgesehen hatte. Da er Meister war und sie selbst nichts von der Schmiedekunst verstand, heiratete sie ihn. Er starb vor etwa anderthalb Jahren. Sein Sohn aus einer früheren Ehe hat die Schmiede geerbt,Feidgin dagegen erbte eine recht große Summe sowie ein kleines Wohnhaus in Kortrijk. Ihre Söhne sind mittlerweile bis auf zwei, die noch zu jung sind, alle als Lehrlinge und Gesellen gut untergekommen, eine Tochter ist bereits verheiratet …»
    «Eine unglaubliche Geschichte!», befand Adelina und drückte Colin etwas fester an sich.
    «Ja», bestätigte Benedikta, «das ist es in der Tat. Und Feidgin wollte sich doch tatsächlich gleich wieder auf die Suche nach einem neuen Gemahl machen! Das ist auch der Grund, weshalb ich sie hierher mitgebracht habe. Ich fand, sie habe ein wenig Veränderung dringend nötig. In ihrem Alter und mit ihrem Auskommen sollte sie sich wirklich überlegen, ob sie nicht lieber allein bleibt und ein ruhiges Leben mit ihren zwei Töchtern führt. Ich habe ihr auch angeboten, zu mir zu ziehen, doch das hat sie immer abgelehnt. Sie ist geradezu versessen aufs Heiraten. Ich hoffe, diese Reise bringt sie auf andere Gedanken.» Etwas schwerfällig stand Benedikta auf und rieb sich den Rücken. «Hach, die Knochen, es scheint anderes Wetter zu geben!» Sie lächelte wieder. «Aber ich möchte dich nicht mit meinem Geschwätz aufhalten. Hier drüben hat Magda dir Brot und Käse hingestellt. Du wirst bestimmt gleich in deine Apotheke gehen wollen, nicht wahr? Ich habe Mira schon zum Saubermachen dorthin geschickt, ich hoffe, das war richtig so. Lass Colin nur ruhig hier bei mir, ich kümmere mich gerne um ihn.»
    «Also gut, ich muss sowieso nach meinem Konfekt sehen.» Adelina übergab Colin etwas widerwillig ihrer Schwiegermutter, richtete ihr Kleid und verließ eilig die Küche.
    Im Hinterzimmer prüfte sie die Kirschen und den Ingwer und rief dann Mira herein. «Nimm diese kleine Zange und leg die Kirschen aus der Schüssel zum Trocknen auf gewachstes Tuch. Aber pass auf, dass sie nicht aneinanderkleben! Ich muss die Apotheke öffnen, es wird langsam Zeit. Hoffentlich mussten nicht schon Kunden unverrichteter Dinge wieder gehen.»
    «Bis eben war noch keiner da», berichtete Mira. «Nur dieser Mönch in der weißen Kutte ist vorbeigegangen. Aber als Magister Burka und Meister Jupp von nebenan kamen, ist er schnell verschwunden.»
    «Gut, Mira, geh an deine Arbeit.» Adelina zog die Tür zum Hinterzimmer hinter sich zu und öffnete dann die Haustür. Mit einem Holzkeil fixierte sie sie, damit frische Luft in die Apotheke gelangen konnte.
    Deshalb bekam sie auch den kleinen Tumult mit, als ein berittener Bote des Vogts über den Alter Markt galoppierte und beinahe einen Stand mit Töpferwaren umgerissen hätte. Die Krämerin schrie auf, mehrere Tonkrüge gingen klirrend zu Bruch, und zwei Frauen keiften erbost hinter dem Mann her, der just vor der Apotheke sein Pferd zügelte und aus dem Sattel sprang.
    «Magister Burka?», rief er und stürmte in die Apotheke. «Magister Burka, ist er hier?»
    Adelina schüttelte den Kopf. «Er ist nebenan, in seinem neuen Behandlungsraum. Ist etwas geschehen?»
    Doch der Bote hatte sich bereits abgewandt und rannte mit wehendem Reitmantel hinaus. Sie hörte ihn heftig an die Tür des Nachbarhauses pochen und ging neugierig hinaus, um mitzubekommen, was vorgefallen

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