Verrat im Zunfthaus
war.
Neklas hatte kaum geöffnet, da sprudelte der Bote auch schon hervor: «Magister Burka, der Vogt Scherfginschickt mich. Ihr müsst sofort mitkommen, umgehend!»
«Was gibt es denn, Mann?»
Hinter Neklas tauchte Meister Jupp auf und lauschte ebenfalls.
«Ihr müsst mitkommen», wiederholte der Bote. «Es gab einen Toten, vor dem Severinstor. Der Vogt will, dass Ihr Euch das anseht.»
«Einen Toten vor der Stadtmauer?», wunderte sich Meister Jupp. «Wohl ein Ermordeter?»
«Das weiß ich nicht. Ich soll nur den Medicus holen. Es eilt!»
«Ist schon gut, ich lasse mein Pferd satteln und komme, so schnell es möglich ist. Gebt Scherfgin derweil schon Bescheid.»
Der Bote nickte, saß auf und preschte erneut in halsbrecherischer Geschwindigkeit über den Markt davon.
Neklas ging zum Hoftor und rief nach Ludowig, der sogleich eines der Pferde sattelte.
Meister Jupp sah zu, wie Neklas wenig später aufsaß und losritt. «Hm», meinte er zu Adelina und strich sich übers Kinn. «Das klingt alles recht interessant. Vielleicht sollte ich auch zum Severinstor reiten. Vielleicht gab es einen Unfall und nicht nur Tote, sondern auch Verletzte, die es zu versorgen gibt. Darf ich mir Euer zweites Pferd ausleihen, Meisterin Burka?»
«Aber natürlich, Meister Jupp, nur zu. Ludowig wird es Euch satteln.» Adelina winkte den Knecht noch einmal heran und gab ihm die entsprechende Anweisung, dann ging sie zurück in die Apotheke.
Während sie einer Mutter mit einem hustenden Kleinkind eine Kräuterarznei mischte, betrat eine der Hebammenaus der Nachbarschaft, Mutter Wiebke, die Apotheke, gefolgt von Marie, die ihr lächelnd zunickte, jedoch bei der Tür stehen blieb und mit Gesten bedeutete, sie wolle warten, bis Adelina ihre Kundinnen versorgt hätte.
Adelina wandte sich der Hebamme zu und begrüßte sie freundlich. «Mutter Wiebke, wie geht es Euch? Ihr seht ein wenig angegriffen aus, will ich meinen.»
«Ein wenig ist gut», seufzte die Hebamme. Sie war eine Frau mittleren Alters mit ausladenden Hüften und einem runden Gesicht mit Apfelbäckchen, die allerdings heute tatsächlich weniger rosig leuchteten als sonst. Dennoch schien sie bester Laune zu sein. «Ich habe die letzten beiden Nächte kaum Schlaf bekommen, müsst Ihr wissen. Gleich vier Geburten musste ich betreuen, und gestern Mittag hat die Leyendecker Elvira Zwillinge bekommen, einen Jungen und ein Mädchen – bildschön anzusehen! Die Leyendeckerin hat sofort nach einer Amme rufen lassen, wie soll sie auch sonst die zwei Schreihälse satt bekommen? Sie hatte ja bei ihren beiden ersten Kindern immer gerade genug Milch für die ersten paar Wochen. Ein Wunder, dass sie die zwei groß gekriegt hat. Und jetzt gleich zwei … Nun ja, deshalb bin ich auch hier. Ich hab ihr versprochen, von Euch dieses Stärkungsmittel zu holen. Ihr wisst schon, dieses Kräuterzeug, das den Milchfluss anregen soll.»
«Da habt Ihr Glück, Mutter Wiebke, ich habe gerade kürzlich neue Kräuter hereinbekommen. Wartet, ich mische Euch alles gleich ganz frisch.» Adelina eilte zur Hintertür und gab Mira Anweisung, einige der getrockneten Kräuter hereinzubringen. Dann wandte sie sich wieder an die Hebamme. «Bei diesem Wetter trocknendie Kräuter schneller als sonst. Aber sagt, was ist mit Euren Händen passiert? Sie sind ja ganz rot und rissig!»
«Ach ja, Meisterin Burka, ich wollt Euch schon fragen, ob Ihr etwas habt, womit ich sie einreiben kann. Wenn ich, so wie die letzten Tage, zu viel mit heißem Wasser hantieren muss, werden sie so schrecklich trocken, und die Haut reißt ein.» Sie hielt Adelina beide Hände zum Begutachten hin.
«Das ist bestimmt sehr unangenehm», stimmte Adelina nach eingehender Betrachtung zu. «Aber es sieht schlimmer aus, als es ist. Ich gebe Euch eine Salbe aus Ringelblumen und Kamille mit. Reibt die Hände, so oft es geht, damit ein, dann wird es bestimmt bald besser. Ah, danke, Mira», nickte sie ihrem Lehrmädchen zu, als dieses mit den gewünschten Kräutern hereinkam. «Nun bring mir noch Mörser und Stößel.» Sie begann, die Kräuter sorgfältig zu vermahlen und mischte sie zu gleichen Teilen in einer kleinen Schüssel. Das Gemisch gab sie in ein Leinenbeutelchen, das sie Mira fest verknoten ließ. «Bringt dies der Leyendeckerin mit meinen besten Wünschen. Zahlen kann sie, wenn sie wieder auf den Beinen ist.»
«Das richte ich ihr gerne aus», antwortete die Hebamme und griff nach ihrer Geldbörse. «Was kostet diese
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