Verrat im Zunfthaus
Salbe?»
Adelina nannte ihr einen sehr geringen Betrag, und sie kramte hocherfreut einige abgegriffene Kupferpfennige aus der Börse. «Ich werde die Salbe gleich ausprobieren», strahlte sie. «Und dann will ich endlich versuchen, mich aufs Ohr zu legen. Heute Nachmittag soll ich schon wieder zu einer Wöchnerin, bei der es jede Stunde losgehen kann. Aber die letzte Geburt heute Nacht hat sehr lange gedauert, und ich musste bis vor die Stadttore. Und als ichheim wollte, war das Severinstor verstopft von Soldaten und Fußvolk. Da war kein Durchkommen! Man munkelt, sie hätten an der Straße nach Bonn einen Kölner Bürger ermordet, stellt Euch das vor! Aufgehängt und gevierteilt worden soll er sein. Schrecklich, zum Glück hab ich das nicht gesehen. Aber ich musste natürlich einen Umweg über die Ulrepforte machen, und jetzt bleibt mir kaum noch Zeit zum Schlafen.»
«Ein Kölner Bürger? Ein Kaufmann?», hakte Adelina nach, obwohl sich Mutter Wiebke bereits zum Gehen gewandt hatte.
Die Hebamme drehte sich noch einmal um. «Ich weiß nicht, ob das stimmt. Hab ja nur aufgeschnappt, was die Leute sich erzählen. Ein Kölner Bürger, ja, aber ob Kaufmann, ob Handwerker, das wusste keiner genau. Er muss aber wohl Zunftkleider getragen haben, na ja, was noch in Fetzen an ihm hing. Ich muss aber jetzt wirklich los, Meisterin Burka, verzeiht …»
«Aber natürlich, Mutter Wiebke. Gehabt Euch wohl und schlaft recht gut!»
Die Hebamme nickte noch einmal flüchtig und verließ dann die Apotheke.
Lächelnd wandte sich Adelina an die junge Frau, die noch immer an der Tür wartete. «Nun, Jungfer Marie, es freut mich, dass Ihr mich heute schon wieder besuchen kommt.» Sie legte den Kopf auf die Seite. «Ihr wirkt ein wenig blass. Geht es Euch nicht gut?»
«Wie?» Marie schüttelte den Kopf. «Nein, nein, mir geht es gut. Aber es tut mir leid, ich muss jetzt gehen. Ich … mir … mir fällt gerade ein, dass ich etwas vergessen habe. Ich komme ein andermal wieder her, wenn ich darf.»
«Selbstverständlich, aber wartet doch! Ist etwas geschehen?», rief Adelina ihr hinterher, doch Marie war bereits auf den Marktplatz hinausgeeilt und drehte sich nicht mehr um.
Adelina blickte ihr verwundert nach. «So etwas! Läuft einfach davon.» Sie trat selbst an den Eingang und spürte einen warmen Luftzug. Rasch schob sie mit dem Fuß den Keil beiseite und schloss die Tür, damit die aufkommende Hitze nicht so schnell ins Haus zog.
Was wohl in Marie gefahren war? Ob ihr Mutter Wiebkes Bericht über den ermordeten Kölner einen Schrecken eingejagt hatte? Wahrscheinlich, überlegte Adelina, denn Maries Schwester war ja immerhin ebenfalls auf bestialische Weise getötet worden. Morde geschahen in Köln immer wieder, doch gleich zwei in so kurzer Zeit, das war ungewöhnlich, und für ein junges Mädchen wie Marie gewiss nur schwer zu verkraften.
11
Über Mittag hielt Adelina die Apotheke für eine Weile geschlossen. Die Sommerhitze war mittlerweile fast unerträglich. Auch viele der Buden- und Standbesitzer auf dem Alter Markt machten über Mittag eine Ruhepause. Einige Bauern mit leichtverderblichen Waren brachen ihre Schragentische sogar ganz ab und schoben ihre Karren bereits lange vor Marktende wieder fort.
Den beiden Mädchen erlaubte Adelina, zusammen mit Franziska hinüber zum Mühlenbach zu gehen, um dort zu baden. Vitus bettelte daraufhin, auch mitgehen zu dürfen, doch Adelina wollte es nur erlauben, wenn auch Ludowig mitkäme, der im Notfall besser mit ihrem Bruder fertig werden würde als die Magd.
Weder Franziska noch Ludowig schienen sonderlich begeistert von dieser Idee zu sein, doch Adelinas Ermahnungen trugen Früchte, denn sie fügten sich und gingen gemeinsam los, ohne dass ein zänkisches Wort fiel.
Doch statt zu streiten, schienen sie sich so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen und einander zu ignorieren.
Adelina sah ihnen, mit Colin auf dem Arm, kopfschüttelnd hinterher.
«Was sich liebt, das neckt sich», sagte Benedikta hinter ihr.
«Wie bitte?» Überrascht drehte Adelina sich um und sah ihre Schwiegermutter verständnislos an.
Benedikta zuckte mit den Schultern. «Ich müsste michschon sehr täuschen, wenn da nicht Liebe in der Luft liegt.»
«Ihr meint, Franziska und Ludowig?» Adelina schüttelte den Kopf. «Ausgeschlossen!»
«Wirklich?»
«Die beiden sind wie Feuer und Wasser.»
Benedikta schmunzelte. «Nun, das eine kann ohne das andere nicht bestehen.»
«Aber sie hacken ständig
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