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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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beträchtlichen Menge altem Calvados im Leib, entschied er ganz pragmatisch, dass niemand etwas tun konnte, das nicht bis zum nächsten Morgen warten konnte, und ging zu Bett. Als er zum Aroma von frischem Kaffee und Croissants wieder erwachte, saß Gail zu seiner Überraschung am Fußende des Bettes, im Bademantel, das Handy in der Hand.
    »Ist was passiert?«, fragte er.
    »Die Kanzlei hat nur gerade bestätigt.«
    »Was bestätigt?«
    »Duhattest vor, mich heute Abend heimzuschicken, schon vergessen?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Jedenfalls fahre ich nicht. Ich habe der Kanzlei eine SMS geschickt, und jetzt darf Helga Samson gegen Samson an die Wand fahren.«
    Helga, Gails Intimfeindin? Die männermordende Helga mit den Netzstrümpfen, der die männliche Belegschaft der Kanzlei geschlossen aus der Hand fraß?
    »Warum machst du so was, um Himmels willen?«
    »Wegen dir, größtenteils. Aus irgendeinem Grund ist mir nicht danach, dich allein zu lassen, während du mit den Zähnen an der Felskante hängst. Und morgen begleite ich dich nach Bern, wo du ja wohl als Nächstes hinfahren wirst, auch wenn du es mir nicht gesagt hast.«
    »Ist das schon alles?«
    »Wieso nicht? Wenn ich in London bin, machst du dir ja trotzdem Sorgen um mich. Also kann ich genauso gut da sein, wo du mich sehen kannst.«
    »Und du kommst nicht auf die Idee, dass ich mich noch mehr sorgen könnte, wenn ich dich sehe?«
    Das war hässlich gesagt, und er wusste es und sie auch. Als Abbitte hätte er ihr fast von seinem Gespräch mit Madame Mère erzählt, aber er befürchtete, dann würde sie ihm erst recht nicht mehr von der Seite weichen wollen.
    »Du scheinst mir über diesen ganzen Erwachsenenspielchen die Kinder zu vergessen«, sagte sie, vorwurfsvoll jetzt.
    »Gail, das ist kompletter Unsinn! Ich tue alles in meiner Macht Stehende, genau wie unsere Freunde auch, um sicherzustellen, dass sie …« Besser, der Satz blieb unvollendet. Besser, sie beließen es bei Andeutungen. Nach ihren vierzehn Tagen Einweisung mochte er gar nicht darüber nachdenken, wer wann wo mithören könnte. »Die Kinder waren und sind meine erste Priorität«, sagte er nicht ganz wahrheitsgemäß und merkte, wie er rot wurde. »Für sie machenwir das alles doch«, beharrte er. »Wir beide. Nicht nur du. Natürlich geht es mir auch um unseren Freund und darum, diese ganze Sache durchzuziehen. Und natürlich fasziniert es mich. Alles.« Ein wenig beschämt stockte er. »Weil es ein Stück wirkliches Leben bedeutet. Und die Kinder sind Teil davon. Ein enorm großer Teil. Und das bleiben sie auch dann, wenn du wieder in London bist.«
    Aber wenn Perry erwartet hatte, dass diese hehre Absichtsbekundung seine Zuhörerschaft in die Schranken weisen würde, so irrte er.
    »Aber die Kinder sind ja nicht hier, oder? Und auch nicht in London«, konterte Gail unbeeindruckt. »Sie sind in Bern. Und sie trauern schrecklich um Mischa und Olga, sagt Natascha. Die Jungs sind den ganzen Tag beim Fußball, Tamara hält Zwiesprache mit Gott, alle merken, dass irgendwas in der Luft liegt, aber sie wissen nicht was.«
    » Sagt Natascha? Was redest du da?«
    »Wir simsen uns.«
    »Du und Natascha?«
    »Richtig.«
    »Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
    »Und du mir nichts von den Plänen für Bern. Oder?« – sie küsste ihn –, » oder? Um mich zu beschützen. Also beschützen wir uns von jetzt an gegenseitig. Keine einsamen Entscheidungen mehr. Einverstanden?«
    * * *
    Einverstanden nur insoweit, als Gail sich fertigmachen würde, während er in den Regen hinauszog, um sich bei Printemps für sein Tennismatch einzudecken. Mit dem Rest des Gesagten herrschte, jedenfalls von seiner Seite, entschieden kein Einverständnis.
    Ihn beunruhigten nicht nur Madame Mères nächtliche Besucher. Auch sonst war die gestrige Euphorie dem Gefühleiner unwägbaren, rasant näher rückenden Bedrohung gewichen. Als er triefnass im Foyer von Printemps anlangte, rief er Hector an und bekam ein Besetztzeichen. Zehn Minuten später stand zu seinen Füßen eine nagelneue Sporttasche mit T-Shirt, Socken, Tennisschuhen und (was hatte ihn da bloß geritten?, fragte er sich) einem Sonnenvisier darin, und als er es diesmal probierte, kam er durch.
    »Haben Sie eine Beschreibung?«, erkundigte sich Hector, etwas zu entspannt für Perrys Geschmack, nachdem er ihn zu Ende angehört hatte.
    »Araber.«
    »Mag schon sein, dass es Araber waren. Vielleicht waren es aber nebenbei französische Polizisten. Haben

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