Verr�ter wie wir
von Dima selbst für dumm verkauft, und dass Dima einen Haufen Herumtreiber dazu vergattert hatte, um sieben Uhr früh aufzumarschieren, um ihn gewinnen zu sehen, machte die Sache nicht besser.
Dima hatte die Hand in die Tasche seiner langen schwarzen Tennisshorts geschoben und einen silbernen John-F.-Kennedy-Halbdollar herausgezogen.
»Wissen Sie, was meine Jungs sagen? Irgendein Gauner hatmir den manipuliert, sagen sie«, vertraute er Perry an und nickte mit seinem kahlen Schädel hinüber zu den beiden sommersprossigen Teenagern auf der Tribüne. »Ich werf hoch, ich gewinn, gleich denken meine Kinder, das verdammte Ding ist manipuliert. Sie haben Kinder?«
»Nein.«
»Aber bald, ja?«
»Irgendwann.« Sprich: Kümmer dich um deinen eigenen Kram.
»Kopf oder Zahl?«
Manipuliert , wiederholte Perry stumm für sich. Woher kannte ein Mann, der ein verhunztes Englisch mit Pseudo-Bronx-Akzent sprach, ein Wort wie manipuliert? Er sagte Zahl, verlor und hörte ein Schnauben, das erste Anzeichen von Interesse, das irgendjemand auf der Tribüne zu bekunden geruhte. Sein Lehrerauge machte rasch Dimas beide Söhne aus, die hinter vorgehaltener Hand kicherten. Dima spähte zur Sonne hoch und wählte das schattige Ende.
»Was für ein Schläger haben Sie da?«, sagte er, und die Seehundaugen zwinkerten. »Sieht verboten aus. Egal, schlag ich Sie sowieso.« Und ehe er nach seiner Seite abzog: »Ist viel Kamele wert, so ein Mädchen. Besser, Sie machen schnell Hochzeit mit ihr.«
Und woher zum Teufel weiß der Kerl, dass wir nicht verheiratet sind?, fragte sich Perry grimmig.
* * *
Perry hat vier Asse in Folge erzielt, genau wie gegen das indische Paar, aber jetzt drischt er zu fest, weiß es, scheißegal. Und als Dima mit dem Aufschlag an der Reihe ist, macht er etwas, was er sich sonst nur herausnimmt, wenn er unmittelbar vor dem Sieg steht und einen klar unterlegenen Gegner hat: Er bleibt ganz vorn, praktisch an der Aufschlaglinie,und spielt den Ball mit einem Halbvolley zurück, diagonal über den Platz oder bis haarscharf an die Seitenlinie, wo sich der milchgesichtige Leibwächter mit verschränkten Armen aufgepflanzt hat. Aber nur für die ersten beiden Bälle, denn Dima kommt ihm schnell auf die Schliche und treibt ihn zurück an die Grundlinie, wo er hingehört.
»Ab da hab ich mich dann so langsam wieder eingekriegt«, sagte Perry mit einem reuigen Grinsen in Richtung seiner Befrager und rieb sich mit dem Handrücken über den Mund.
»Perry war ein grauenhafter Snob«, stellte Gail richtig. »Und Dima war ein Naturtalent. Für sein Gewicht, seine Größe und sein Alter geradezu phänomenal. Nicht wahr, Perry? Und so viel Sportsgeist dabei. Großartig. Das hast du selber gesagt. Du hast gesagt, er hätte die Schwerkraft überwunden.«
»Er ist nicht nach dem Ball gesprungen, er ist levitiert«, räumte Perry ein. »Und ja, er hat sich sportlich verhalten, vollkommen einwandfrei. Ich hatte mich auf Wutanfälle gefasst gemacht, auf endlose Liniendispute, aber nichts dergleichen. Er war ein extrem angenehmer Gegner. Und gerissen wie eine Horde Affen. Hat seine Schläge bis zur allerletzten Sekunde zurückgehalten und noch länger.«
» Und er hat gehinkt«, ergänzte Gail lebhaft. »Er stand seitlich zum Netz, und das rechte Bein war ihm ganz klar das liebere, stimmt’s, Perry? Und er war so steif wie ein Ladestock. Und er hatte ein bandagiertes Knie. Und trotzdem schien er schwerelos.«
»Na ja, ein bisschen zurückhalten musste ich mich schon«, wandte Perry ein und knetete an seiner Stirn herum. »Sein Gekeuche wurde mit der Zeit ein bisschen schwer zu ertragen, um ehrlich zu sein.«
Aber bei allem Gekeuche ging das Verhör in den Spielpausen doch unverdrossen weiter:
»Sindgroßer Wissenschaftler, vielleicht? Jagen die gottverdammte Welt hoch, so wie hier mit dem Ball?«, fragte Dima, während er Eiswasser in sich hineinschüttete.
»Ganz bestimmt nicht.«
»Apparatschik?«
Das Ratespiel zog sich schon zu lange hin. »Nein, ich bin Dozent«, sagte Perry und begann sich eine Banane zu schälen.
»Dozent, das ist für Studenten, ja? Wie Professor?«
»Ja, ich unterrichte Studenten. Aber ich bin kein Professor.«
»Wo?«
»Zurzeit in Oxford.«
»Oxford wie Cambridge?«
»Richtig.«
»Und was?«
»Englische Literatur«, antwortete Perry, dem nicht eben danach war, einem Wildfremden zu erklären, dass seine Zukunft augenblicklich in den Sternen stand.
Aber Dima geriet ganz aus dem Häuschen vor
Weitere Kostenlose Bücher