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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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besseren Plan haben. Entweder Sie oder keiner, Perry. Das ist Ihre ganz große Stunde. Wenn er Ihnen nicht glaubt, glaubt er keinem.«
    * * *
    Sie lagen im Bett. Es war Mitternacht vorbei. Gail, halb im Schlaf schon, hatte kaum ein Wort gesprochen.
    »Irgendwie ist ihm das Ruder aus der Hand genommen worden«, sagte Perry.
    »Hector?«
    »So kommt es mir jedenfalls vor.«
    »Vielleicht hatte er es gar nie in der Hand«, meinte Gail. Und nach einer Pause: »Hast du dich inzwischen entschieden?«
    »Nein.«
    »Dann glaube ich, du hast dich entschieden. Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung. Ich glaube, du hast dich entschieden, und deshalb kannst du nicht einschlafen.«
    * * *
    Es war am nächsten Abend um Viertel vor sechs. Ollies Käsefondue war vertilgt und der Tisch abgeräumt worden. Dima und Perry standen sich unter einem farbig eloxierten Metallkronleuchter gegenüber. Sie waren allein im Esszimmer. Luke unternahm einen taktvollen Bummel durchs Dorf. Die Mädchen saßen mit Gail vor dem DVD -Playerund sahen noch einmal Mary Poppins . Tamara hatte sich ins Wohnzimmer zurückgezogen.
    »Mehr können die Apparatschiks vorerst nicht anbieten«, sagte Perry. »Sie fliegen heute Abend nach London voraus, Ihre Familie folgt Ihnen in ein paar Tagen. Darauf bestehen die Apparatschiks. Sie müssen sich an ihre Vorschriften halten. Vorschriften für alles. Sogar dafür.«
    Er machte kurze Sätze und versuchte dabei, Dimas Gesicht irgendeine Reaktion zu entnehmen, ein Nachlassen der Anspannung, ein Aufdämmern des Begreifens, selbst der Gegenwehr, aber aus den Zügen vor ihm ließ sich nichts ablesen.
    »Ich soll allein gehen, ja?«
    »Nicht allein. Dick fliegt mit Ihnen nach London. Sobald dort die Formalitäten erledigt sind und die Apparatschiks ihre Vorschriften erfüllt haben, kommen wir alle nach England nach. Und Gail kümmert sich um Natascha«, fügte er hinzu, um möglichst gleich die Sorge zu beschwichtigen, die Dima vermutlich am meisten auf der Seele brannte.
    »Ist sie krank , meine Natascha?«
    »So ein Unsinn. Warum denn krank? Sie ist jung. Sie ist schön. Temperamentvoll. Rein . Sie braucht in einem fremden Land jemanden, der sich gut um sie kümmert, das ist alles.«
    »Ja.« Dima nickte zustimmend mit dem kahlen Schädel. »Ja, schön wie ihre Mutter, das ist sie.«
    Worauf er den Kopf mit einem Ruck wegdrehte, seitwärts und dann nach unten, als starrte er in einen Abgrund von Ängsten oder Erinnerungen, an denen Perry nicht teilhaben durfte. Wusste er es am Ende? Hatte es ihm Tamara, ob aus Gehässigkeit, Loyalität oder Unbedachtheit, gesagt? Und schloss Dima entgegen sämtlichen Erwartungen Nataschas ihr Geheimnis und ihren Kummer in sich ein, statt zur Treibjagd auf Max zu blasen? Fest stand jedenfalls, dass dieWut und die Auflehnung, die Perry befürchtet hatte, ausblieben, verdrängt wurden von der Kapitulation des Häftlings vor der Allmacht der Bürokratie, und diese Erkenntnis beunruhigte ihn nachhaltiger, als jeder noch so wilde Ausbruch es vermocht hätte.
    »Paar Tage, ja?« So wie Dima es sagte, klang es wie ein Todesurteil.
    »Das haben sie gesagt.«
    »Sagt Tom, ja? Paar Tage? «
    »So ist es.«
    »Ist guter Mensch – Tom. Ja?«
    »Unbedingt.«
    »Dick auch. Hat den Scheißkerl fast abgemurkst.«
    Diesem Gedanken hingen sie eine Weile vereint nach.
    »Gail, sie hat Auge auf mein Tamara?«
    »Gail wird ein sehr gutes Auge auf Ihre Tamara haben. Und die Jungs helfen ihr dabei. Und ich bin ja auch noch da. Wir passen auf die ganze Familie auf, bis sie nach England nachkommen können. Und dort passen wir dann auf euch alle zusammen auf.«
    Dima ließ sich das durch den Kopf gehen, und die Vorstellung gefiel ihm ganz offensichtlich.
    »Und mein Natascha darf auf Roedean-Schule?«
    »Vielleicht nicht Roedean. Das können sie nicht versprechen. Vielleicht gibt es eine noch bessere Schule. Wir finden gute Schulen für alle. Keine Sorge.«
    Es waren goldene Farben, in denen sie da zusammen malten. Perry wusste es, und Dima schien es auch zu wissen und gutzuheißen, denn sein Rücken wirkte deutlich gerader als zuvor, der Brustkorb praller, und auf seinem Gesicht lag wieder das Delphinlächeln, so wie an jenem ersten Abend auf dem Tennisplatz in Antigua.
    »Machst du schnell Hochzeit mit diese Frau, hörst du, Professor?«
    »Wir schicken Ihnen eine Einladung.«
    »Musstdu viel Kamele geben«, murmelte er mit einem kleinen Lächeln über seinen eigenen Scherz: keinem Verliererlächeln,

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