Verr�ter wie wir
behandelt. In einem sicheren Haus. Er wollte am Telefon nicht sagen, wo. Der Taxifahrer weiß Bescheid, sagte er.«
»Ollie.«
»Ja.«
»Und was sind solche Fälle , wenn man fragen darf?«
»Fälle wie unserer. Mehr weiß ich auch nicht.«
Ein schwarzes Taxi fährt vorbei, aber sein Lämpchen brennt. Kein Geheimdiensttaxi also. Ein normales Taxi. Mit einem Fahrer, der nicht Ollie ist. Perry, abermals enttäuscht, schießt gegen Gail:
»Hör mal, was soll ich denn bitte schön machen? Wenn du einen besseren Vorschlag hast, immer her damit! Seit wir wieder hier sind, kommt von dir als Einziges nur dieses Gestichel.«
»Und du hältst mich als Einziges nur auf Abstand. Ach ja, und behandelst mich wie ein Kind, das hätte ich jetzt fast vergessen. Vom schwachen Geschlecht.«
Erhat sich wieder dem Fenster zugewandt.
»Ist dieser Adam der Einzige, der deinen Brief-alias-Dokument-alias-Bericht-alias-Zeugenaussage gelesen hat?«, fragt sie.
»Kann ich mir kaum vorstellen. Und ich könnte auch nicht darauf schwören, dass er wirklich Adam heißt. Er hat Adam mehr wie ein Passwort gesagt.«
»Ach ja? Wie mag er das wohl gemacht haben?«
Sie probiert mehrere Arten, Adam wie ein Passwort zu sagen, aber Perry lässt sich nicht aus der Reserve locken.
»Aber du bist sicher, dass Adam ein Mann ist? Nicht einfach eine Frau mit einer tiefen Stimme?«
Keine Antwort. Nicht, dass sie mit einer gerechnet hätte.
Wieder fährt ein Taxi vorbei. Immer noch nicht unseres. Was zieht man wohl am besten an für Spione, Darling?, hätte ihre Mutter in so einem Fall gesagt. Wütend auf sich selbst, dass sich ihr die Frage überhaupt stellt, hat Gail ihre Bürokleider gegen einen Rock und eine hochgeschlossene Bluse vertauscht. Und vernünftige Schuhe, nichts, was das Blut in Wallung brächte – gut, das von Luke schon, aber wie hätte sie das ahnen sollen?
»Vielleicht steckt er im Stau«, schlägt sie vor und erntet wieder Schweigen, diesmal zu Recht. »Also, noch mal von vorn. Du hast den Brief einem Adam gegeben. Und ein Adam hat ihn in Empfang genommen. Sonst hätte er sich ja im Zweifelsfall nicht bei dir gemeldet.« Sie sucht Streit, und sie weiß es. Und er weiß es auch. »Wie viele Seiten hat es? Unser Geheimdokument? Dein Geheimdokument.«
»Achtundzwanzig«, erwidert er.
»Handschriftlich oder getippt?«
»Handschriftlich.«
»Wieso nicht getippt?«
»Weil ich zu dem Schluss gelangt bin, dass es handschriftlich sicherer ist.«
»Achja? Auf wessen Rat hin?«
»Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch keinen Rat eingeholt. Dima und Tamara waren der Meinung, dass jedes Wort von ihnen abgehört wird, also schien es mir richtig, ihre Ängste zu respektieren und nichts in dieser Richtung zu unternehmen – nichts Elektronisches. Nichts Abfangbares.«
»War das nicht etwas paranoid?«
»Doch, bestimmt. Wir sind beide paranoid. Genau wie Dima und Tamara. Wir sind alle paranoid.«
»Dann geben wir es doch wenigstens zu! Seien wir gemeinsam paranoid!«
Keine Antwort. Das dumme kleine Frauchen kann es immer noch nicht lassen:
»Willst du mir vielleicht erzählen, wie du überhaupt an Mr Adam geraten bist?«
»Jeder kann das. Das ist gar kein Problem heutzutage. Es geht sogar übers Internet.«
»Hast du es übers Internet gemacht?«
»Nein.«
»Weil du dem Internet nicht getraut hast?«
»Ja.«
»Traust du mir? «
»Natürlich.«
»Ich kriege tagtäglich die unglaublichsten Bekenntnisse zu hören. Das ist dir klar, oder?«
»Ja.«
»Und du kannst nun nicht gerade behaupten, ich würde unsere Freunde bei Essenseinladungen mit den Geheimnissen meiner Mandanten unterhalten, oder doch?«
»Nein.«
Neuer Anlauf:
»Dir ist auch klar, dass eine junge Rechtsanwältin ohne Festanstellung, die ständig um ihr nächstes Mandat zittern muss, eine berufsbedingte Abneigung gegen mysteriöse Aufträgehat, bei denen weder Prestige noch ein sonstiger Lohn winkt.«
»Niemand erteilt dir irgendwelche Aufträge, Gail. Niemand verlangt irgendetwas von dir, außer dass du erzählst.«
»Das nenne ich einen Auftrag.«
Noch ein falsches Taxi. Und noch ein Schweigen, ein ungutes.
»Na ja, wenigstens hat der alte Adam uns beide eingeladen«, sagt sie gewollt munter. »Ich dachte schon, du hättest mich völlig aus deinem Dokument rausretuschiert.«
Worauf Perry wieder zu Perry wird und der Dolch in ihrer Hand sich gegen sie kehrt, denn aus dem Blick, mit dem er sie ansieht, spricht so viel verwundete Liebe, dass sie mehr um Perry
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