Verruchte Nächte - One Night with a Spy (03 Royal-Four)
drang nicht wirklich in ihr Bewusstsein und das Einbrechen der Tür hatte keine Bedeutung mehr, als sie in die Dunkelheit glitt.
26. Kapitel
I ch kann über den Tod nicht philosophieren. Ich hasse den Tod in all seinen Erscheinungsformen. Macht mich das zu einem Schwächling?
Marcus und Igby brachen in das Zimmer der Pension und sahen ein blutrotes Monster, das die Hände um Julias Hals gelegt hatte.
»Stopp!«
Das Phantom sprang von Julias leblosem Körper auf und lachte. »Zu spät, Engländer.« Er hetzte zu dem eingeschlagenen Fenster. Marcus setzte ihm instinktiv nach.
Das Phantom lachte erneut. »Fangt mich oder rettet sie. Beides zugleich könnt Ihr nicht tun!« Er schlug das verbliebene Glas aus dem Rahmen, hechtete über die Fensterbank und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Marcus ließ ihn ziehen, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. Er hoffte, der Bastard würde sich draußen auf dem Pflaster den Kopf einschlagen, aber es würde ihm wohl eher gelingen, sicher hinunterzuklettern. Es hätte Marcus nicht gleichgültiger sein können.
Er wollte nur noch Julia.
Zum Teufel mit dem Phantom, zum Teufel mit den Vier, zum Teufel mit allem und jedem, das jemals versuchen sollte, ihn noch einmal von Julia zu trennen.
Sie lag auf dem Boden, ein gebrochener Engel auf einem schmutzigen Teppich. »O Gott«, flüsterte Igby. »O Gott, das ganze Blut …«
Marcus erinnerte sich nicht daran, den Raum durchquert
zu haben, als er sich neben sie kniete. Er war einfach da, streckte eine zitternde Hand aus, um das Blut von ihrem Gesicht zu wischen. Es war überall, rann ihre Wangen hinunter, stand auf ihrer Stirn, ihrem Hals …
Sie hatte keine Schnittwunden im Gesicht. Marcus fuhr mit seinen Fingern über ihr schönes, zerschlagenes Gesicht, aber die Haut war heil. Ein bellendes, gequältes Lachen entrang sich seiner Kehle. »Es ist nicht ihres.« Er schaute zu Igby auf. »Es ist nicht ihr Blut. Sie hat den Bastard in Fetzen gerissen, das hat mein Mädchen gemacht.«
Igbys Gesicht verzog sich. »Das sieht meiner Herrin ähnlich.«
Dann entdeckte Marcus die lila anlaufenden Male, die ihren Hals wie eine brutale Kette zierten. »O Gott!« Er legte sein Ohr an ihren Brustkorb, aber sein eigenes Herz schlug vor Angst so laut, dass er nichts hören konnte. »Julia, oh, bitte, Julia …«
Er richtete sie halb auf, hielt sie fest an sich gepresst, drückte seine Wange an ihre, versuchte verzweifelt, ihren Atem zu spüren. Er schüttelte sie sanft, ihm wurde vor Gram schier schwarz vor Augen. »Atme, Liebling, atme! Verdammt noch mal, du stures Weibsstück, atme endlich!«
Er hielt sie fest in seinem Arm, wiegte ihren schlaffen Körper, als Igby neben ihm auf den Boden sank, die Hände hilflos in seinem Schoß.
»Du musst atmen, Julia.« Er konnte es nicht aushalten. Sie verließ ihn. »Ich weiß, dass ich dich nicht verdiene, aber atme trotzdem, meine Liebste.« Er presste seine Lippen auf ihre in dem verzweifelten, irren Versuch, für sie zu atmen, ihre Lunge mit seinem eigenen Atem zu füllen.
Zwei, drei Atemzüge - dann wartete er. Nichts.
»Oh, Sir«, jammerte Igby. »Oh, Mylord, Sir, ich glaube, sie …«
»Das ist widerlich!«
Das rasselnde Flüstern kam von der toten Frau, die Marcus im Arm hielt. Er wich ein Stückchen zurück und starrte sie an. »Julia?« Ihre Augen waren noch immer geschlossen, aber sie war ganz sicher nicht tot. Sie stemmte sich schwach von ihm weg.
»Du … hast getrunken.« Sie hustete. Es war ein trockenes, schmerzhaftes Geräusch. »Ich will … nie mehr … Alkohol an dir riechen.«
Er lachte, sein Herz schwoll an, bis er seine Rippen knacken hörte. »Wie Ihr wünscht, Mylady. Nie mehr.«
»Ich … werde dich … daran erinnern. Ich will … keinen … Alkohol in unserem Haus.«
Er ließ sein Gesicht an ihren Hals sinken, wusch das Blut des Phantoms mit seinen Tränen von ihr ab. »Oh, meine Jilly …«
»Dummer Kosename«, keuchte sie. »Ich heiße … Julia.«
Marcus brach zusammen, schluchzte sein Lachen in ihre Haut, wiegte sie in dem vor Schmutz starrenden Raum in den Armen und gelobte im Stillen, sie nie mehr loszulassen.
27. Kapitel
E ine Frau zu verlieren ist das Schlimmste überhaupt.
In der geheimen Kammer der Vier stand Marcus aufrecht vor seinen früheren Lehrherren. Zwei Männer standen, während die beiden anderen an dem alten Tisch Platz genommen hatten.
Lord Reardon, die Kobra, schien besorgt. Lord Wyndham, der Falke, war wie immer äußerlich
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