verrueckt nach mehr
und Dankbarkeit nachspüren, das er damit in mir au s gelöst hatte. Doch kaum hatte ich meine Augen wieder geöf f net, musste ich mit ansehen, wie er durch die Küchentür eilig verschwand.
Bojan zog die Brauen hoch und kniff den Mund zusa m men. Immer wieder huschte sein Blick fragend zu mir rüber.
Wir sprachen erst, als Sergio die Wohnung verlassen hatte.
»Es ist noch nicht mal 9 Uhr!« Bojan bestrich die nächste Toastscheibe mit Butter, während er meine Reaktion auf seine Bemerkung abwartete.
Ich nahm mir eine Scheibe Käse, die ich gedankenversu n ken zusammenrollte. »Ich weiß ...«
»Hat er gesagt, wann er wieder kommt?«
»Nein, und ehrlich gesagt, wollte ich ihn nicht ausfragen, weil ich ... weil ich Angst habe, dass er dann ganz dicht macht.«
»Manchmal hab ich richtig Lust, ihm eine zu knallen, weißt du, aber dann ... scheiße, Lexi, ich glaub, er steht immer noch unter Schock oder sowas.«
»Bo, glaubst du ... dass Sergio ...« Mich noch richtig liebt? , wollte ich beinah fragen, aber brach die Frage zum Glück rechtzeitig ab. Ich kannte die Antwort doch. Mein Herz kannte sie! Und dennoch war ich verunsichert. Ich fragte mich, wohin er gegangen war? Wessen Nachricht hatte er auf dem Handy empfangen? Warum hatte er mich auf eine Art geküsst, als wollte er mich trösten?
»Weißt du, was wir machen können?«, fragte Bojan gri n send, während er kaute.
»Was?«
»Wir googeln diesen Wudnik. Bist du dabei?«
Ich nickte schulterzuckend.
Bojan setzte sich auf die Couch, klappte sein Laptop auf, rieb sich theatralisch die Hände und deutete schließlich neben sich. »Setz dich, Lexi. Bin gespannt, was das Internet so au s spuckt.«
Ich stand mit meiner Kaffeetasse unentschlossen herum und fragte mich, ob es in Ordnung war, was wir vorhatten. Als mir kein Gegenargument einfiel, seufzte ich innerlich und ließ mich neben Bojan auf die Couch nieder.
Er drehte den Kopf zu mir und lächelte. Ich lächelte ve r halten zurück und zeigte dann zum Bildschirm. »Gib schon den Namen ein«, sagte ich, bereit für unsere Recherche.
»Okay, dann mal los ...« Bojan tippte emsig in das Google-Suchfenster.
Im ersten Artikel, den wir fanden, lasen wir, dass Manfred Wudnik bereits im Amateurboxen eine Menge Erfolge erzielt hatte und im Alter von neunzehn Jahren ins Profilager g e wechselt war. Er war amtierender deutscher Meister im Schwergewicht. Sein nächster Titelkampf stand demnächst bevor.
»Ah, hier haben wir seine Vita ... mit Bild«, murmelte B o jan konzentriert und las vor. » Stammt aus Hamburg ... 25 Jahre , 95 Kilo, 1,90 m, Spitzname ... Barbar! ...«
Bojan machte eine alarmierte Miene. »Barbar? ... Wieso heißt der Barbar? Ach du Scheiße!«
Wudnik sah aus wie ein gewöhnlicher Typ: kurze braune Haare, tiefliegende Augen, breite Nase. Seine muskelbepackte Statur allerdings war durchaus imposant.
»Da steht was über sein Training ... da unten.« Ich deutete mit dem Finger und Bojan scrollte zum unteren Abschnitt des Artikels.
»... trainiert äußerst verbissen ... blabla ... ungewöhnliche Trainingsmethoden ... blabla ... oh ... Anzeige wegen Beleid i gung und Zerstörung fremden Eigentums ... hoher Verschleiß an Sparringsgegnern! ... Oh Mann, Lexi, das ist eine üble Kampfmaschine!«
»Aber das macht doch keinen Sinn«, sagte ich.
Bojan sah mich fragend an. »Was macht keinen Sinn?«
»Warum soll Sergio mit Wudnik trainieren, wenn der Typ seine Sparringsgegner angeblich verschleißt, wie hier steht? ... Sergio soll doch zum Profi aufgebaut werden. Der Club will in ihn investieren und mit ihm an Meisterschaften teilnehmen. Max hat große Pläne mit ihm.«
»Ja und? ... Ich versteh immer noch nicht, was du meinst?«
»Die können doch Sergio diesem Wudnik nicht ausliefern, wenn ihm die Sparringskämpfe schaden könnten, verstehst du?«
Ich merkte, dass ich mich aufregte und besorgt klang.
Bojan kräuselte nachdenklich die Stirn. »Hm ... stimmt auch wieder. Aber vielleicht übertreibt der Artikel ... Bei di e ser Sportart sind Journalisten doch besonders reißerisch.«
»Klick mal was anderes an«, sagte ich seufzend.
»Wie wär‘s hiermit ... YouTube-Video Wudnik zu Gast im Boxclub Teutonia - Sparringskämpfe ...«
»Ja, klick‘s an!«
Wir sahen schweigend zu, wie Manfred Wudnik einen Sparringsgegner nach dem anderen boxte ... Er war der Einz i ge ohne Kopfschutz, und dennoch machte er alle Gegner fe r tig. Bis auf das finale K.O. natürlich, blieb den Armen
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