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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Straßenbahngeleisen und Autos auf zu vielen Spuren nichts, die provisorischen Wegweiser sind verwirrend. Ich muss die verdammte Brücke noch einmal überqueren, Auto an Auto, Baustelle auch auf der Brücke, Beton in allen Aggregatzuständen, selbst als Staub in der Luft, nur eine Spur in jede Richtung, man schiebt sich vorwärts, kaum einer achtet auf die Donau, die ruhig und mächtig unter uns dahinfließt. Ich atme flach und denke, Wien ist trotz allem eine wunderschöne Stadt, hat in den letzten Jahren durch die neuen Hochhäuser am Wasser noch gewonnen. Jetzt bin ich zu weit stadtauswärts gefahren und staune: Gleich hinter den großen Wohnblocks an der Brünner Straße hört die verbaute Gegend auf, plötzlich sind da Platz und flaches grünes Land und eingeschossige Häuser wie in den Dörfern nordöstlich von Wien. Immer wieder gibt es in meiner Stadt noch etwas zu entdecken.
    Zurück Richtung Innenstadt, und endlich: Prager Straße und auch das Lokal. Oskar wartet schon im Garten und hat bereits bestellt.
    »Am besten, man lässt sich einfach etwas servieren, hat mein Klient gesagt, er hat lange in China gelebt und meint, hier kann man essen wie in Shanghai.«
    Klingt aufregend, ist es auch, und die nächsten zwei Stunden konzentrieren wir uns auf geschmorte Entenzungen und Tofuvariationen und Süßwasseraal und Yellow Fish und viele Köstlichkeiten mehr.
    Gegen Ende unserer Schlemmerei meint Oskar: »Übrigens: Wenn es bei dir geht, könnte Mutter morgen zu uns kommen.«
    »Schon morgen?«
    »Sie isst ohnehin nicht besonders viel, du musst dir keine große Arbeit machen, übermorgen fährt sie mit zwei Freundinnen zu einem langen Bridgewochenende auf den Semmering.«
    Ich atme durch, denke an letzte Nacht und lächle. »Okay, kein Problem, wenn du Zeit hast, den Tisch zu decken.«
    Oskar ist sichtlich erleichtert. »Auch dafür, meine Süße.«
    Wir brauchen noch zwei Gläser Rosenschnaps, bevor wir uns wieder erheben können, und hätte mich danach jemand auf Chinesisch angesprochen, ich hätte ihm sicher auf Chinesisch geantwortet.
    Am Morgen dusche ich in Oskars Luxusbadezimmer und denke mir gerade, hier zu wohnen wäre doch nicht so übel, als mein Telefon läutet. Patschnass fingere ich danach, meine Neugier ist einfach zu groß.
    »Du wolltest mich sprechen?«, fragt Vesna.
    Ich sehe mich vorsichtig um, kein Oskar in Sicht. »Gerda ist offenbar aus der U-Haft entlassen worden. Per Zufall habe ich gestern einen Streit zwischen ihr und vermutlich Peter gehört. Das heißt, verstanden habe ich nicht sehr viel, nur einige Wortfetzen. Einmal ging es um eine Rechnung.« Dumm, dass ich den Notizzettel in meinem Büroschreibtisch liegen gelassen habe. »Und er hat irgendwann gesagt, dass er sie nicht verdächtige. Ich frage mich: Um welche Rechnung kann es gehen? Gerda hat mit ihrem Ex ums Geld gestritten, aber mit Peter?«
    »Du bist dir sicher, das war Peter?«
    »Nicht ganz, aber wer soll es sonst gewesen sein? Ihr Ex scheidet eindeutig aus. Und jemand aus der Redaktion … Was gäbe es für einen Grund, mit jemandem wegen einer Rechnung zu streiten?«
    »Hast du auch Recht. Entweder wir fragen Gerda, oder wir überlegen, was es für Rechnungen gibt, vielleicht kann man in die Scheidungsakten sehen, bei deinen guten Kontakten zur Anwältin.«
    Ich knurre etwas.
    »Bist dir auch nicht mehr so sicher, ob nicht doch Ehefrau die Täterin war, was?«, setzt Vesna nach.
    »Ich glaub’s trotz allem nicht.«
    »Wir fragen Gerda noch nicht, sondern schauen, was wir sonst rauskriegen. Zuerst ich werde klären, ob Gerda wirklich mit Peter geredet hat. Wo war das genau?«
    Ich beschreibe es ihr, und bevor ich noch fragen kann, wie sie das machen will, kommt Oskar und ruft: »Frühstück ist fertig.« Ich lege das Telefon rasch weg und denke mir, ich werde sicher an Gewicht zulegen, wenn ich mit Oskar zusammenwohne. Wenn ich allein bin, geht sich Frühstück nie aus.
    Der Chefredakteur berichtet in der Sitzung über rigorose Sparmaßnahmen an den österreichischen Universitäten. Was ist mit ihm los? Derartiges hat ihn noch nie gekümmert, er hält sowohl Budgetpolitik als auch Universitätsbelange für Minderheitenthemen. Jetzt aber gibt er sich empört und meint, sogar wichtige Fächer sollen gestrichen werden, wie zum Beispiel die einzige umfassende sexualwissenschaftliche Ausbildung, die es in Österreich gebe.
    Mir dämmert etwas, und das blöde Grinsen einiger meiner Kollegen bestätigt mich. Der Chefredakteur

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