Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
feierlich.
    »Sie stammen von ihrer Großmutter, ich habe sie geerbt und ich weiß, sie freut sich sehr, wenn ich sie verwende.«
    Egal. In ein paar Stunden ist auch das vorbei.
    »Was haben deine Eltern eigentlich gesagt?«, will Oskar wissen.
    Ich räuspere mich. »Ich hab noch keine Zeit gehabt …«
    »Du willst doch nicht sagen, dass sie noch immer keine Ahnung haben?«
    »Ich wollte sie morgen …«
    »Und was, wenn meine Mutter sofort mit ihnen telefonieren möchte?«
    Mir kommt das Grausen. »Das wirst du verhindern, hörst du? Meine Eltern sind einfach verreist, oder sie gehen jetzt immer schon um sieben schlafen oder …«
    »Ruf sie an, gleich jetzt.«
    »Das wird ein langes Gespräch, das geht sich jetzt nicht aus. Ich mache bei deiner Mutter, was du willst, und bei meinen Eltern, was ich will, einverstanden?«
    »Du wolltest also gar nicht, dass meine Mutter zum Essen kommt?«
    »Bitte!«, fauche ich.
    »Mir fehlt eine Stoffserviette.«
    »Ich habe eine zum Durchseihen gebraucht. Aber es waren ohnehin eine ganze Menge da.«
    »Ja, aber nur mehr drei ohne Flecken.«
    »Dann gib mir eine mit Flecken, ich verspreche, ich werde sie nicht verwenden.«
    »Du wirst sie auf den Schoß legen.«
    »Glaubst du, ich weiß nicht, was Tischmanieren sind?«
    »Offenkundig …«, setzt er an.
    Ich nehme einen großen Schluck Prosecco. Bisher haben wir nie gestritten, in letzter Zeit aber … Ob das schon ein Vorgeschmack ist?
    »Offenkundig«, wiederholt er, »haben alle ein ganz gutes Motiv: Gerda, Peter, die Kinder.«
    »Vielleicht auch die gefeuerte Sprechstundenhilfe, was immer an der Geschichte stimmen mag.«
    Der Countdown läuft. Noch eine halbe Stunde. Ich heize das Rohr auf siebzig Grad vor, würze die Entenbrüste mit etwas fein geriebener Orangenschale und grobem schwarzem Pfeffer, brate sie auf der Hautseite in hitzebeständigem Ö1 scharf an.
    »Ist das nicht viel zu früh?«, fragt Oskar.
    Wenn er sich da jetzt auch noch einmischt … Ich atme durch. Er ist einfach nervös. Ich bin einfach nervös. Was, wenn sie mich nicht akzeptiert? Wenn sie wütend das Haus verlässt? Hm, wäre auch eine Möglichkeit … Ich könnte weiter mit Oskar ein Verhältnis haben, heimlich … »Nein, es ist nicht zu früh, ich lasse sie im Rohr langsam gar ziehen.«
    Sobald die Entenbrüste auf der Hautseite knusprig sind, drehe ich sie für zwei Minuten um, lege sie dann mit der Hautseite nach oben in eine passende Form, etwas grobes Meersalz, und ab ins Rohr. Egal, ob sie schnell oder langsam isst, bei siebzig Grad braucht die Entenbrust etwa eine Stunde, bis sie fertig ist, und dann bleibt sie für ein paar Stunden schön rosa. Und sollte sie die Ente durchgebraten und zäh haben wollen – das geht schnell.
    Mira, steigere dich nicht in Feindseligkeit hinein.
    Man sollte es nicht glauben, es wird tatsächlich ein recht angenehmer Abend. Vielleicht auch deswegen, weil bis zum Schluss nicht über die Hochzeit gesprochen wird. Stattdessen reden wir über Oskars Fälle, über Oskar als Kind – er war schon damals sehr klug –, über die verstorbene Tante Melanie und ihren Hang zu Likör und reichen Männern, über die Vorzüge von Prosecco gegenüber Sekt – Oskars Mutter: »Man bekommt nicht so leicht Schluckauf, finde ich, Oskar mein Lieber« – und über die wunderschönen Kerzenleuchter. Ich halte mich ziemlich zurück und bekomme von Oskar dafür immer wieder dankbare Blicke. Oskars Mutter lobt mein Essen, selbst das Chutney ist ihr nicht zu scharf: »Ich habe immer schon gerne pikant gegessen, Oskar, das weißt du ja.« Und ich warte die ganze Zeit darauf, dass Oskar endlich mit der Neuigkeit herausrückt.
    Gegen elf meint sie, man sollte einen so netten Abend wie diesen doch wiederholen. Jetzt sei sie müde und werde sich ein Taxi bestellen.
    Oskar räuspert sich und verstummt dann wieder. Hat ihn der Mut verlassen? Ich kann damit leben, aber ich habe schon zu viel Prosecco und Chardonnay – Oskars Mutter: »Meine Lieben, ich finde, das ist einfach der bekömmlichste Weißwein, auch wenn ich wenig trinke«, sie hat übrigens mindestens vier, fünf Gläser intus, aber ich sage nichts – und Cabernet getrunken und bin einfach mutiger als mein Oskar. Also sage ich, nachdem Oskar ihr ein Taxi bestellt hat und wir zur Verabschiedung bereits in der Nähe der Wohnungstür stehen:
    »Übrigens, wir werden heiraten.«
    Ihr bleibt der Mund offen, und kurz denke ich, jetzt hat sie einen Schlaganfall, aber Hofratswitwen sind

Weitere Kostenlose Bücher