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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Auto quer, da kommt keiner mehr vorbei. Ich renne los, der Mountainbiker hat eine Schimütze auf, die nur die Augen frei lässt. Wenn er bewaffnet ist … Er schaut hektisch von mir zum Auto und dann zum Abgrund.
    »Nein!«, schreie ich, und da ist auch schon Vesna und wirft sich von hinten auf ihn. Er fällt mit dem Rad um, wehrt sich kaum mehr, und noch bevor ich ihm die Mütze vom Gesicht ziehe, weiß ich, wer es ist: Philipp.
    Lass es nicht wahr sein, denke ich.
    Gemeinsam verfrachten wir ihn in meinen Wagen, irgendwie zwängen wir auch das Rad noch hinein, es ragt zur Hälfte aus dem Kofferraum, aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Philipp scheint den Widerstand aufgegeben zu haben. Vesna hält ihn trotzdem fest, während ich die Kehren nach unten fahre. »Er ist von oben gekommen«, sagt sie. »Daran hat keiner gedacht, Mountainbike. Er hat nach unten gelauscht, und dann hast du gerufen, und er hat die Steine nach unten getreten, so schnell, ich konnte nichts tun.«
    Am Fuß des Steinbruchs halte ich an, drehe mich um und sage: »Jetzt erzähle.«
    Er schüttelt bloß den Kopf und wirkt mit einem Mal um keinen Tag älter als sechzehn.
    »Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.«
    »Vergiss den Unsinn«, erwidere ich. »Wir sind nicht von der Polizei. Oder willst du deiner Mutter noch mehr Schwierigkeiten machen?«
    »Ich?« Er versucht spöttisch zu lachen, es wird aber nicht viel daraus. »Er hat ihr Probleme gemacht.«
    Ich muss nicht fragen, wer »er« ist.
    »Und deswegen hast du versucht, mich zu erschlagen«, meine ich trocken. »Irgendwie blicke ich da nicht ganz durch.«
    »Ich hab doch nicht versucht, Sie zu erschlagen. Es war bloß wieder eine Warnung. Damit ihr euch nicht dauernd auf sie konzentriert. Sie hat doch mit dem Mord nichts zu tun.«
    Die Steinlawine ist tatsächlich zwei Meter neben mir heruntergekracht. Zufall? Absicht? »Du konntest nicht wissen, wo ich stehe.«
    »Konnte ich doch, ich hab ja gewartet, bis Sie etwas gesagt haben.«
    Ich denke an meine Angst und werde wütend. »Und selbst wenn – was soll das? Was sollen die Drohbriefe? Und du warst es auch, der mich niedergeschlagen hat. Glaubst du, du kommst da so einfach davon?«
    Er schüttelt den Kopf, das wirkt gar nicht mehr verstockt, sondern irgendwie müde. »Sie haben es nicht kapiert. Meine Mutter hat niemanden, der sie schützt. Zuerst habe ich mir gedacht, Sie machen das, aber dann … Sie haben doch keine Ahnung, durch welche Hölle sie in den letzten Jahren gegangen ist«, heult er auf.
    »Jahre ist übertrieben«, kontert Vesna. »Und jetzt will ich volles Geständnis. Ohne irgendeine Lüge.«
    Philipp richtet sich auf. »Aber nur, wenn meine Mutter nichts davon erfährt.«
    »Du spinnst wohl«, fahre ich auf.
    »Man wird sehen«, sagt Vesna.
    »Du wolltest entdeckt werden, nicht wahr?«, versuche ich es psychologisch. Aber so etwas hat mir noch nie gelegen.
    »Blödsinn, wer will entdeckt werden?«
    »Warum hast du dann gefragt, ob ich schon dein Alibi gecheckt habe, obwohl du wusstest, dass du keines hast?«
    Er sieht mich wütend an. »Weil Sie da in der Küche gesessen sind und so getan haben, als wollten Sie meiner Mutter helfen. Und dann noch das ganze Getue wegen einem Red Bull. Und die Sache mit der Police: Ist doch klar, dass das meine Mutter noch verdächtiger macht. Aber ihr seid alle auf dem Holzweg!«
    »Dann sage uns richtigen Weg«, meint Vesna.
    »Was weiß ich. Sie war es jedenfalls nicht.« Das klingt, als müsste er sich selbst davon überzeugen. – Und was, wenn er uns nur eine gelungene Vorstellung liefert? Wenn er selbst …
    »Was ist mit der Police?«, frage ich.
    »Keine Ahnung, aber mir war klar, wenn ich ›Police‹ sage, dann kommen Sie her.«
    »Und warum musste ich herkommen?«
    »Weil ich Sie erschrecken wollte, weil ich nicht will, dass Sie weiter Ihre Nase in die Sache stecken.«
    »Ich dachte, du willst, dass auf deine Mutter kein Verdacht mehr fällt? Also wäre es doch gut, wenn wir den Mörder finden, oder?«
    »Ich will, dass ihr sie in Ruhe lasst und uns auch«, sagt er fast weinerlich. »Ich will, dass es wieder so ist wie früher.«
    »Was heißt das?«
    Er zieht ein böses Gesicht. »Nichts. Damals war ich ein Kind.«
    »Also noch einmal«, probiere ich es. »Du hast die Drohbriefe geschrieben. Und du hast mir aufgelauert und mir eins über den Schädel gegeben. Womit übrigens? Das ist schwere Körperverletzung. Du hast dafür gesorgt, dass deine Mutter für diesen

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