Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
Vom Netzwerk:
kräftig ans Gesicht, dass die Mündung von ihrem Wangenknochen auf eine Hautfalte nahe der Augenhöhle abrutschte.
    Schrill stieß sie hervor: »Glaub mir doch! Ich weiß nicht, wo das Arschloch ist! Ich weiß es nicht, verdammt! «
    »Drei.«
     

15
     
    Sie sah nicht schlecht aus, die hellblonde Frau, die in einer Nische des Restaurants eine Zeitschrift durchsah. Sie trug eine Bluse, die ausreichend deutliche Rückschlüsse auf ihren Inhalt zuließ. Das glänzende glatte Haar reichte ihr bis über die Schultern. Sie nippte an einem Glas Weißwein, das vor ihr auf der rot-weiß karierten Tischdecke stand.
    Es war fast acht Uhr, und die Sonne war untergegangen. Die Leute in dem Hotelrestaurant waren entweder Stammgäste aus dem Dorf oder Hotelgäste, die genau wie er noch ein Gläschen trinken wollten, bevor sie auf ihr Zimmer gingen. Die Frau gehörte anscheinend zur zweiten Kategorie. Sie benahm sich nicht wie ein Stammgast, und über einen Mangel an verstohlenen Blicken konnte sie nicht klagen.
    Er beobachtete sie schon eine ganze Weile, weil sie in diesem lärmigen, mit Kiefernholz und Karostoff ausstaffierten Raum schlichtweg die einzige hübsche Frau war. Eingehüllt in einen Kokon aus sanftem Lampenschein, hatte sie seinen Blick ein klein wenig länger erwidert, als eine Frau es aus bloßer Freundlichkeit getan hätte.
    An ihren Augen war zweierlei abzulesen: dass sie alleine hier war und dass sie interessiert war.
    Maier nahm einen Schluck von seinem Bier und warf pro forma einen Blick in die Lokalzeitung.
    Die Frage war, ob er das überhaupt wollte. Ob er schon so weit war. Sich auf einen One-Night-Stand einzulassen, aus bloßer Geilheit und weil es sich gerade so anbot.
    Erneut fing er ihren Blick auf. Diesmal lächelte sie ihn unverhohlen an, um kurz darauf verlegen die Augen niederzuschlagen. Sie hatte ein schönes Lächeln.
    Er spürte, wie er auch körperlich auf ihre einladende Haltung reagierte. Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen und beugte sich wieder über die Zeitung.
    Die Nachrichten aus Südbayern vermochten ihn nicht zu fesseln. Er dachte nach. Im Grunde kam es nicht mehr darauf an, was er heute oder morgen Nacht, ja was er überhaupt in Zukunft tat. Derzeit spürte er Susan noch bis in die kleinste Faser seines Körpers hinein. Susan war eine Station in seinem Leben, er hatte sie hinter sich gelassen.
    Jetzt musste er weiterziehen. So einfach war das. Er hatte keinen fest umrissenen Plan und war niemandem Rechenschaft schuldig. Er war frei und tat gut daran, sich an diese Freiheit zu gewöhnen.
    Er blickte noch einmal auf. Die Frau hielt den Kopf leicht schräg, und ihre Lippen bildeten das Wort »Hallo«.
    Er grinste, schob sich seitlich aus der Holzbank und schlenderte mit seinem Bierglas zu ihrem Tisch hinüber.
     

16
     
    Maiers Handynummer stand nicht in ihrem Adressbuch. Wadim hatte die Liste in Susans Samsung zweimal durchgeschaut, aber keine Spur eines »Sil«, eines »Maier« oder seiner Initialen gefunden, auch keinen womöglich aus Vor- oder Nachnamen abgeleiteten Kosenamen. Er war sämtliche SMS sowie die gewählten Rufnummern und empfangenen Anrufe durchgegangen. Nichts deutete auf Kontakt zu Sil Maier hin.
    Sicherheitshalber hatte er das Handy auch noch einmal von Robby kontrollieren lassen. Denn Wadim konnte zwar außer Russisch, Arabisch, Spanisch, Englisch und Deutsch auch ein bisschen Niederländisch sprechen und lesen, aber bei einer fremden Sprache und Kultur bestand immer die Gefahr, etwas zu übersehen. Robby war in Holland geboren und aufgewachsen. Aber auch er konnte nichts finden.
    Wadim hatte den Akku aus dem Gerät herausgenommen, die SIM-Karte und den Memory-Chip entfernt und in seine Jackentasche gesteckt. Das Zeug würde er später noch entsorgen.
    Lieber hätte er das Gerät unangetastet gelassen, für den Fall, dass Maier seine Freundin anzurufen versuchte. Aber den Luxus konnte er sich nicht erlauben. Sicherheitshalber musste das Ding am besten noch heute verschwinden.
    Er musste damit rechnen, dass der schlaksige Typ, der in der letzten Zeit bei Susan ein- und ausgegangen war, sie vermissen und womöglich auf die Idee kommen würde, die Polizei zu benachrichtigen. Allerdings würde die davon auch nicht gleich in Alarmbereitschaft versetzt. Vielleicht machten sie eine Hausdurchsuchung und stellten fest, dass sie ihre Jacke bei sich hatte, dass die Fotoausrüstung bei ihr zu Hause stand und ihr Auto auf dem Anwohnerparkplatz abgestellt war.

Weitere Kostenlose Bücher