Verschlossen und verriegelt
Dinger.«
»Wie bekommt man sie auf?« Sie zuckte mit den Schultern und sagte:
»Mit Gewalt, nehme ich an. Bitte schön. Für so was hat man schließlich einen Mann im Haus, heißt es doch immer.« Wahrscheinlich machte er ein ungewöhnlich dümmliches Gesicht, denn sie lachte wieder. Anschließend strich sie ihm mit dem Handrücken flüchtig über die Wange und sagte: »Vergiss es. Ich schaffe das auch selbst. Aber es ist ein verschlossener Raum. Zu welcher Unterkategorie er gehört, weiß ich allerdings nicht.«
»Kann man nichts durch den Spalt stecken?«
»Da ist leider kein Spalt. Wie gesagt, ich habe den Haken selbst angebracht, das ist gute Arbeit.«
Sie hatte recht. Die Tür gab kaum mehr als ein, zwei Millimeter nach. Sie packte die Klinke, streifte ihre rechte Sandale ab und setzte den Fuß gegen den Türpfosten. »Nein, warte«, meinte er. »Lass mich das machen.«
»Okay«, sagte sie und ging zu den anderen in die Küche. Martin Beck betrachtete lange die Tür. Dann tat er das Gleiche wie sie. Setzte den Fuß gegen den Türpfosten und packte die Türklinke, die glücklicherweise alt und stabil zu sein schien. Es gab keinen anderen Weg. Es sei denn, man wollte die Splinte aus den Scharnieren schlagen. Beim ersten Mal setzte er noch nicht seine ganze Kraft ein, aber beim zweiten, trotzdem schaffte er es erst beim fünften Versuch. Die Schrauben wurden mit einem jammernden Laut aus dem Holz gezogen, und die Tür zum Kinderzimmer ging auf. Es waren die Schrauben des Hakens, die nachgegeben hatten. Die Ösenschraube saß noch immer fest verankert im Türpfosten. Sie war samt ihrer Bodenplatte mit vier Schraublöchern aus einem Stück gegossen.
Der Haken hing noch in der Öse. Auch er war breit und anscheinend unverbiegbar. Das Material war vermutlich Stahl. Martin Beck sah sich um. Das Kinderzimmer war leer und das Fenster geschlossen.
Damit die Schließvorrichtung wieder funktionierte, musste man Haken und Öse zwei Zentimeter versetzen. Um die alten Schraublöcher war das Holz aufgerissen.
Er ging in die Küche, in der sich alle gegenseitig ins Wort fielen. Man diskutierte den Völkermord in Vietnam.
»Rhea«, sagte er. »Wo hast du Werkzeug?«
»In der Kiste dahinten.«
Sie zeigte mit dem Fuß darauf, da ihre Hände damit beschäftigt waren, den anderen ein Strickmuster zu zeigen.
Er holte Schraubenzieher und Schrauben, und sie sagte:
»Das eilt doch nicht. Nimm dir eine Tasse und setz dich. Anna hat gebacken. Es gibt Zimtschnecken.«
Er setzte sich und aß eine frische Zimtschnecke, folgte eine Weile zerstreut dem Gespräch, wandte sich dann jedoch etwas anderem zu. Saß still da und lauschte einer elf Tage alten Tonbandaufnahme seines Gedächtnisses.
Gespräch in einem Flur des Stockholmer Rathauses, geführt am Dienstag dem 4. Juli 1972.
Martin Beck: Als ihr die Splinte herausgeschlagen und die Tür aufgebrochen hattet, seid ihr in die Wohnung gegangen? Kenneth Kvastmo: Ja. Martin Beck: Wer ging als Erster?
Kenneth Kvastmo: Ich. Kristiansson war übel von dem Gestank. Martin Beck: Was genau hast du getan, als du hineingekommen bist? Kenneth Kvastmo: Es hat fürchterlich gestunken. Das Licht war schlecht, aber ich habe die Leiche auf dem Fußboden liegen sehen, zwei, drei Meter vom Fenster entfernt.
Martin Beck: Und dann? Versuch dich an jedes Detail zu erinnern.
Kenneth Kvastmo: Ich bin um die Leiche herum zum Fenster gegangen. Martin Beck: War das Fenster zu ?
Kenneth Kvastmo: Ja. Und das Rollo war heruntergezogen. Ich habe versucht, es hochzulassen, doch das ging nicht. Die Feder war nicht gespannt. Aber ich fand trotzdem, dass wir das Fenster aufmachen mussten, um Luft zu bekommen.
Martin Beck: Was hast du dann gemacht?
Kenneth Kvastmo: Ich habe das Rollo zur Seite geschoben und das Fenster geöffnet. Dann haben wir das Rollo aufgerollt und die Feder gespannt. Aber das war später.
Martin Beck: Und vorher war das Fenster zu ?
Kenneth Kvastmo: Ja, zumindest der eine Haken saß fest. Ich habe ihn hochgeschoben und aufgemacht.
Martin Beck: Weißt du noch, ob es der obere oder der untere Haken war?
Kenneth Kvastmo: Da bin ich mir nicht ganz sicher. Der obere, glaube ich. Was mit dem unteren war, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, ich habe ihn auch aufgemacht, nein, ich bin mir nicht sicher.
Martin Beck: Aber du bist dir sicher, dass das Fenster von innen zugehakt war?
Kenneth Kvastmo: Ja, absolut. Da bin ich mir wirklich sicher.
Rhea trat ihn verspielt gegen das Bein.
»Jetzt
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