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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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systematisch.
    Dabei war ihm der Gedanke gekommen, dass es das war, was er von nun an von seinem Job erwarten konnte. Allein in einem Fall zu ermitteln und ihn mit bewährten Methoden und ohne störende Einmischung von außen zu bearbeiten. Irgendwo in seinem Inneren gab es immer noch eine vage Sehnsucht, er wusste nicht, wonach. Vielleicht nach einem ehrlichen Interesse an seiner Arbeit. Er hatte sich immer schon gern zurückgezogen und schien nun endgültig auf dem besten Weg zu sein, ein Eigenbrötler zu werden, der sich nicht nach menschlicher Gemeinschaft sehnte und nicht wirklich den Willen hatte, sich aus dem Vakuum zu befreien, das ihn umgab. Wurde er allmählich auf die Rolle eines funktionierenden Roboters reduziert, eingeschlossen wie in einer Käseglocke, unter einer Kuppel aus unsichtbarem Glas? Was das aktuelle Problem betraf, so plagten ihn keine professionellen Bedenken. Er würde den Fall lösen, oder auch nicht. Bei Mordoder Totschlagdelikten hatte seine Abteilung eine hohe Aufklärungsquote, vor allem, weil die Verbrechen meistens unkompliziert waren und die Schuldigen dazu neigten, zu Kreuze zu kriechen und ein Geständnis abzulegen. Außerdem war die Mordkommission vergleichsweise gut ausgerüstet. Die einzige Abteilung der Polizei, die im Verhältnis zu der Kriminalität, die sie bekämpfen sollte, über mehr Mittel verfügte, war der Staatsschutz, der im Grunde keine Aufgabe erfüllte, da er fast ausschließlich mit der Registrierung von Kommunisten beschäftigt war und hartnäckig die Augen vor diversen, mehr oder weniger exotischen faschistischen Organisationen verschloss und folglich selbst politische Straftaten und potenzielle Sicherheitsrisiken herbeiphantasieren musste, um überhaupt Arbeit zu haben. Das Ergebnis seiner Bemühungen fiel entsprechend aus, nämlich lächerlich. Allerdings bildete er eine Art taktische politische Reserve, allzeit bereit, gegen unliebsame Ideologien eingesetzt zu werden, und man konnte sich durchaus Situationen vorstellen, in denen er alles andere als eine Lachnummer sein würde.
    Manchmal scheiterte natürlich auch die Reichsmordkommission, Ermittlungen gerieten in eine Sackgasse und wurden schließlich zu den Akten gelegt. Nicht selten handelte es sich dabei um Fälle, in denen der Täter bekannt war, aber wegen beharrlichen Leugnens nicht überführt werden konnte. Je primitiver ein Gewaltverbrechen, desto dürftiger war häufig das Beweismaterial.
    Martin Becks letztes persönliches Fiasko konnte dafür als Musterbeispiel dienen. Ein älterer Mann in Lappland hatte seine gleichaltrige Frau mit einer Axt erschlagen. Sein Motiv war, dass er seit langer Zeit ein Verhältnis mit der etwas jüngeren Haushälterin des Paars unterhielt und das Gezeter und die Eifersucht seiner Alten am Ende satthatte. Nach dem Mord hatte er die Leiche in den Holzschuppen gelegt und, da es Winter war und strenger Frost herrschte, etwa zwei Monate gewartet, bis er eine Tür auf einen Schlitten und darauf die Leiche legte und sich mit seiner Fracht zum nächstgelegenen Dorf aufmachte, das mehr als zwanzig unwegsame Kilometer von seinem Hof entfernt war. Dort angekommen, hatte er behauptet, seine Frau sei gefallen und mit dem Kopf gegen den Herd geschlagen, er habe sie jedoch wegen der Kälte nicht früher in den Ort bringen können. Jeder in der näheren Umgebung wusste, dass er log, aber der Mann blieb bei seiner Geschichte, genau wie die Haushälterin, und die örtliche Polizei zerstörte bei einer amateurhaften Untersuchung des Tatortes sämtliche Spuren. Anschließend bat man um Hilfe, und Martin Beck verbrachte zwei Wochen in einem seltsamen Hotel, ehe er aufgab und wieder heimfuhr. Tagsüber vernahm er den Mörder, und abends saß er im Speisesaal des Hotels und hörte die örtliche Bevölkerung hinter seinem Rücken feixen.
    Rückschläge blieben allerdings die Ausnahme. Die Geschichte mit Svärd war eigenartiger und ähnelte im Grunde keinem anderen Fall, mit dem sich Martin Beck bisher beschäftigt hatte. Das hätte ihn eigentlich motivieren müssen, aber er interessierte sich einfach nicht für Rätsel und fühlte sich kein bisschen angeregt.
    Das Ergebnis seiner Schreibtischarbeit am Mittwoch war dementsprechend dürftig ausgefallen.
    Die Informationen über den Verstorbenen, die man den üblichen Quellen entnehmen konnte, waren keine große Hilfe. Im Strafregister gab es keine einzige Eintragung zu Karl Edvin Svärd, was allerdings nur hieß, dass er nie für eine

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