Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
allein«, bemerkte Siobhan.
»Ich wette, Cafferty kommt irgendwann vorbei«, meinte Rebus, »nur um nach dem Rechten zu sehen. Er ist schon mal böse reingelegt worden, das will er bestimmt nicht noch mal erleben.«
»Böse reingelegt?«, wiederholte Siobhan. »Sind Sie sicher?«
Rebus zwinkerte ihr zu. »Darauf würd ich meinen Kopf verwetten.«
Er musste bis zum frühen Nachmittag auf die Information warten, die er brauchte. Er hatte veranlasst, dass sie ihm zu einem Zeitungsladen in der Nähe gefaxt wurde. Während der langen Wartezeit in der Gorgie Road hatte er weiter mit Holmes und Siobhan über den Fall diskutiert. In einem Punkt waren sie beide der gleichen Meinung: Niemand würde gegen Cafferty aussagen. Und ähnlicher Meinung in einem anderen: Man konnte noch nicht mal ganz sicher sein, ob Cafferty überhaupt etwas mit der Sache zu tun hatte.
»Das werde ich heut Nachmittag erfahren«, erklärte Rebus, als er sich auf den Weg machte, um sein Fax abzuholen.
Allmählich gewöhnte er sich daran, mit dem Spazierstock zu gehen, und solange er in Bewegung blieb, wurde das Bein auch nicht steif. Doch er wusste, dass die Fahrt nach Cardenden ihm nicht gut tun würde. Er zog in Erwägung, mit dem Zug zu fahren, verwarf die Idee aber gleich wieder. Möglicherweise wollte er ganz schnell wieder aus Fife verschwinden, und das wäre bei den Fahrplänen der Scotsrail wohl kaum möglich.
Kurz nach halb drei stieß er die Tür zu Hutchy’s Wettbüro auf. Der Laden war stickig, und es roch nach Alter und Staub. Die Zigarettenkippen auf dem Fußboden stammten vermutlich von letzter Woche. Es gab ein Rennen um zwei Uhr fünfunddreißig, und einige Wetter standen an den Wänden herum und warteten auf den Beginn der Übertragung. Rebus ließ sich vom Aussehen des Ladens nicht irritieren. Niemand wollte in einem schicken Etablissement wetten; das bedeutete nämlich, dass der Buchmacher zu viel verdiente. Diese heruntergekommene Umgebung war psychologisch geschickt gewählt. Als würde der Buchmacher sagen, du magst zwar kein Glück haben, aber sieh mich an, mir geht’s auch nicht besser.
Nur dass das nicht stimmte.
Rebus bemerkte ein vage vertrautes Gesicht, das auf einer der an die Wand gepinnten Zeitungen die Form der Pferde studierte. Allerdings war diese Stadt voller vage vertrauter Gesichter. Er ging auf den mit einer Glasscheibe abgetrennten Schalter zu. »Ich hätte gern Mr Greenwood gesprochen.«
»Haben Sie einen Termin?«
Doch Rebus redete schon nicht mehr mit der Frau. Seine Aufmerksamkeit war ganz auf den Mann gerichtet, der von einem Schreibtisch hinter ihr aufblickte. »Mr Greenwood, ich bin von der Polizei. Kann ich Sie kurz sprechen?«
Greenwood musste erst darüber nachdenken, dann erhob er sich, schloss die Tür von dem Kabäuschen auf und kam heraus. »Hier herum«, sagte er und führte Rebus in den hinteren Teil des Ladens. Dort sperrte er eine weitere Tür auf, durch die man in ein sehr viel gemütlicheres Büro gelangte.
»Irgendwelche Probleme?«, fragte er sogleich, während er sich hinsetzte und aus einer Schreibtischschublade eine Flasche Whisky hervorholte.
»Für mich nicht, Sir.« Rebus nahm Greenwood gegenüber Platz und musterte ihn. Gott, es war nicht einfach nach all den Jahren. Doch Midge hatte mit seinem Porträt gar nicht so falsch gelegen. Ein Schachspieler würde sich nun darauf einstellen, zunächst einen Bauern zu spielen; doch Rebus beschloss, direkt mit seiner Dame anzugreifen. »Nun, Eck«, sagte er und machte es sich bequem, »wie ist es Ihnen denn so ergangen?«
Greenwood schaute um sich. »Reden Sie mit mir?«
»Muss ich wohl. Ich heiße nicht Eck. Wollen Sie weiter irgendwelche Spielchen spielen? Na schön, dann spielen wir.« Greenwood antwortete nicht, stattdessen schenkte er sich einen großen Whisky ein.
»Ihr Name ist Eck Robertson. Sie sind vor der Cafferty-Bande geflohen und haben eine ganz schöne Menge von Big Gers Geld mitgehen lassen. Außerdem haben Sie die Identität eines anderen Mannes angenommen — die von Thomas Greenwood. Sie wussten, dass Tommy sich nicht beschweren würde, weil er bereits tot war. Mal wieder ein Beweis für Big Gers erstaunliche Fähigkeiten, Menschen verschwinden zu lassen. Sie haben seinen Namen und seine Identität angenommen und sich hier am Arsch der Welt in Fife niedergelassen. Sie haben aus einem Koffer voller Geld gelebt, diesen Laden so weit in Schwung gebracht, dass er Profit abwarf.« Rebus hielt inne. »Na, wie
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