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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Karten mit dem Gesicht nach unten auf den Tisch. Dann griff er in seinen Hosenbund. Er trug einen Anzug und hatte den ganzen Abend das Jackett angelassen. Er ist der Meinung, dass die Polizei mehr Hemmungen hat, Leute festzunehmen, die gut gekleidet sind, oder sie gar zu schlagen oder zu treten.
    »Sie sehen nicht gern, wenn gutes Material ruiniert wird«, erklärte er mir mal. »Die Schotten gehen sorgsam mit den Dingen um.«
    Als er nun die Hand aus dem Hosenbund zog, hielt er eine Pistole. Die Robertsons fingen an zu protestieren, während ich bloß auf die Waffe starrte. Natürlich hatte ich schon Waffen gesehen, aber niemals aus der Nähe und niemals in so einer Situation. Plötzlich schien der Wodka, der den ganzen Abend wenig oder gar keine Wirkung gezeigt hatte, mich fast vom Stuhl zu hauen. Ich glaubte, mich übergeben zu müssen, schluckte es aber hinunter. Ich befürchtete sogar, ohnmächtig zu werden. Und die ganze Zeit redete Cafferty mit ruhiger Stimme davon, dass Tarn ihn betrogen hätte und wo denn das Geld sei.
    »Und Black Aengus hast du auch übers Ohr gehauen«, sagte er. Ich wollte einwenden, dass das nicht stimmte, aber ich fürchtete immer noch, ich müsste mich übergeben, sobald ich den Mund aufmachte. Deshalb schüttelte ich nur den Kopf. Davon wurde mir noch schwindliger. Du kannst dir den Schmerz und die Hoffnungslosigkeit vorstellen, die ich empfinde, während ich versuche, das alles gewissenhaft und wahrheitsgetreu aufzuschreiben. Vierzehn Wochen sind seit jenem Abend vergangen, doch jede Nacht sucht mich das Grauen aufs Neue heim, ob ich wach liege oder schlafe. Man gibt mir hier Tabletten, aber keinen Tropfen Alkohol. Tagsüber darf ich auf dem Gelände spazieren gehen. Es finden »Encountergruppen« statt, bei denen ich mir meine Probleme von der Seele reden soll. Gott, wenn das doch nur so einfach wäre! Das Erste, was mein Vater getan hat, war, mich aus der Schusslinie zu bringen. Ich bin versucht zu sagen, mich ihm vom Hals zu schaffen. Seine Lösung war, mich in die Ferien zu schicken. Mutter begleitete mich auf einer Rundreise durch die Neuenglandstaaten, wo eine Tante ein Haus in Bar Harbor besitzt. Ich versuchte, mit Mutter zu reden, konnte mich aber anscheinend nicht verständlich machen. Sie hatte dieses dumme, mitfühlende Lächeln in ihrem Gesicht.
    Doch ich schweife ab, nicht dass das eine Rolle spielte. Zurück zur Pokerrunde. Du ahnst vielleicht schon, was als Nächstes passierte. Wieder spürte ich Caffertys Hand auf meiner, nur diesmal nahm er meine Hand in seine. Dann drückte er mir die Waffe hinein. Ich kann sie jetzt noch spüren, kalt und hart. Ein Teil von mir dachte, dass die Waffe eine Attrappe war und er den Robertsons nur Angst einjagen wollte. Der andere Teil von mir wusste zwar, dass sie echt war, glaubte aber nicht, dass er sie benutzen würde.
    Dann spürte ich, wie er Druck auf meine Finger ausübte, bis mein Zeigefinger auf dem Abzug lag. Seine Hand hielt nun meine ganz umschlossen und zielte mit der Waffe. Er presste seine Finger gegen meine. Dann gab es einen ohrenbetäubenden Knall, und kleine Wölkchen beißenden Pulvers hingen im Raum. Wir alle wurden mit Blut bespritzt. Zuerst fühlte es sich warm an auf meiner Haut, erkaltete dann jedoch rasch. Eck beugte sich über seinen Bruder und redete auf ihn ein. Die Waffe fiel klappernd auf den Tisch. Obwohl ich es in dem Moment kaum wahrnahm, erinnere ich mich, dass Cafferty sie in einen Plastikbeutel steckte. Ich weiß, dass alle Fingerabdrücke darauf von mir stammen.
    Ich geriet in Panik und sprang völlig hysterisch vom Tisch auf. Cafferty blieb sitzen und wirkte friedlicher denn je. Seine Ruhe bewirkte bei mir das genaue Gegenteil. Ich schmiss die Wodkaflasche an die Wand, wo sie klirrend zerbrach. Alkohol spritzte über Tapete und Vorhänge. Da kam mir eine Idee. Ich schnappte mir ein Feuerzeug vom Tisch und zündete den Wodka an. Erst dann stand Cafferty auf. Er beschimpfte mich und versuchte, die Flammen zu ersticken, doch sie züngelten bereits außer Reichweite die Vorhänge hinauf und rasten über die Stoffbordüre an der Decke entlang. Er sah ein, dass das Feuer sich zu schnell ausbreitete, um es löschen zu können. Ich glaube, Eck hatte seinen Bruder bereits aufgegeben und war geflohen, noch bevor ich aus dem Zimmer rannte. Ich lief drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter, stürmte in die Küche und verlangte, man solle das Gas aufdrehen. Wenn das Central schon brannte, dann

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