Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
identifiziert. Wenn es ein Stammgast war oder einer vom Personal, hätte sich doch irgendwer melden müssen. Aber das ist nie geschehen.«
»Nun ja, die Sache ist lange her. Haben Sie vor, ein paar Geister aus der Mottenkiste zu holen?«
»Das waren keine Geister, die Brian Holmes den Schädel eingeschlagen haben.«
»Sergeant Holmes? Was ist denn passiert?«
Rebus hatte gehofft, er könnte am Nachmittag mit seinem Aktenstudium über das Central Hotel fortfahren, und geglaubt, es würde ihn nur einen halben Tag kosten, doch das war von Anfang an zu optimistisch gewesen. Jetzt rechnete er eher mit einer halben Woche, wenn er sich ein bisschen Abendlektüre mit in die Wohnung nahm. Es gab so viel Material. Ausführliche Berichte von der Feuerwehr und der städtischen Baubehörde, Zeitungsausschnitte, Polizeiberichte, Aussagen von Zeugen …
Doch als er zurück nach St. Leonard’s kam, wartete Lauderdale bereits auf ihn. Er hatte Rebus’ hastiges Okay zu den Überwachungsplänen für die Operation gegen illegalen Geldverleih erhalten und wollte nun die Dinge vorantreiben. Was bedeutete, dass Rebus fast zwei Stunden im Büro des Chief Inspector verbrachte, eine Stunde davon mit ihm allein. In der zweiten Stunde gesellte sich Detective Inspector Auster Flower zu ihnen, der seit der Eröffnung der Wache im September 1989 in St. Leonard’s arbeitete und ständig mit der Geschichte angab, wie er bei ebendiesem Anlass dem Hauptwürdenträger die Hand geschüttelt und sich herausgestellt hatte, dass sie beide Freimaurer waren, Flower allerdings dem älteren Clan angehörte.
Flower mochte die Neuankömmlinge aus der Great London Road nicht. Wenn es irgendwo im Haus Spannungen und Streitereien gab, konnte man davon ausgehen, dass Flower dahinter steckte. Wenn Lauderdale und Rebus etwas verband, so war es die Abneigung gegen Flower, obwohl Lauderdale sich ganz allmählich in das Flower-Lager hinüberziehen ließ.
Rebus hingegen hatte selbst für die komische Art, in der der Mann seinen Vornamen schrieb, nichts als Verachtung übrig. Er nannte ihn »Little Weed«, kleines Unkraut, und glaubte, dass Flower möglicherweise etwas mit den plötzlichen Anfragen des Finanzamts zu tun hatte.
Bei der Operation gegen illegalen Geldverleih sollte Flower das zweite Überwachungsteam leiten. Wie nicht anders zu erwarten, ließ Lauderdale ihn — sozusagen als Beschwichtigungsangebot — entscheiden, welches Team er übernehmen wollte. Die eine Überwachung galt einem Pub, in dem die Geldeintreiber angeblich herumlungerten und Zahlungen kassierten. Die andere betraf das nominelle Hauptquartier der Bande, ein Büro, das zu einem Minicar-Unternehmen auf der Gorgie Road gehörte.
»Ich hab die Gorgie-Überwachung mit der Hauptabteilung West abgesprochen«, erklärte Lauderdale. Draußen auf der Straße würde er, das war Rebus klar, ungefähr so viel ausrichten wie Pfeffer auf einem südlichen Currygericht.
»Nun ja«, meinte Flower, »wenn Inspector Rebus einverstanden ist, würde ich wohl die Überwachung des Pubs vorziehen. Ist ein bisschen näher an zu Hause.« Er lächelte.
»Interessante Wahl«, sagte Rebus, der mit verschränkten Armen und ausgestreckten Beinen dasaß.
Lauderdale nickte und ließ seinen Blick zwischen den beiden Männern hin und her wandern. »Gut, das wäre geklärt. Dann kommen wir jetzt zu den Einzelheiten.«
Es waren die gleichen Einzelheiten, die er mit Rebus bereits in der Stunde zuvor besprochen hatte. Rebus versuchte sich zu konzentrieren, was ihm jedoch nicht gelang. Er wollte unbedingt wieder zu den Akten des Central Hotels. Doch je nervöser er wurde, desto länger dauerte alles.
Der Plan an sich war einfach. Die Geldverleiher arbeiteten vom Firth Pub in Tollcross aus. Dort gabelten sie ihre Kunden auf, und dort saßen sie auch in der Regel herum und warteten darauf, dass die Schuldner ihre wöchentlichen Raten bezahlten. Irgendwann wurde das Geld dann zum Büro in der Gorgie Road gebracht. Dieses Büro wurde ebenfalls von den Schuldnern als Zahlstelle benutzt, und hier konnte man auch denjenigen antreffen, der nach außen hin als Hauptakteur in Erscheinung trat.
Die Männer, die in dem Firth Pub tätig waren, spielten nur Nebenrollen. Sie kassierten Geld und übten auch manchmal verbal ein bisschen Druck aus, wenn Zahlungen überfällig waren. Doch wenn es hart auf hart kam, beglichen die Leute ihre Raten direkt bei Davey Dougary. Davey fuhr jeden Morgen pünktlich wie jeder normale
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