Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Sicherheitsmaßnahmen an der Wohnungstür begründete er mit einem Hinweis auf mehrere Einbrüche, die sich in letzter Zeit in der Gegend ereignet hatten.
Er holte Michael im Krankenhaus ab, nachdem er zuvor dafür gesorgt hatte, dass die Studenten für den Rest des Nachmittags und am Abend sich nicht in der Wohnung aufhielten. Wenn Michael wieder in Tränen ausbrechen sollte, würde er kein Publikum wollen.
»Schau mal, unser neuer Spion«, sagte Rebus an der Wohnungstür.
»Das ging aber schnell.«
»Protestantische Arbeitsethik. Oder ist es kalvinistisches Schuldbewusstsein? Ich kann das nie auseinander halten.« Rebus öffnete die Tür. »Beachte bitte auch die Sicherheitskette innen.«
»Man merkt, dass das recht schnell gemacht wurde. Sieh mal, wo überall der Lack verkratzt ist.«
»Werd nicht pingelig, Brüderchen.«
Michael nahm im Wohnzimmer Platz, während Rebus zwei Becher Tee zubereitete. Im Treppenhaus hatten beide Brüder ein Gefühl der Bedrohung und jeder die Unruhe des anderen gespürt. Selbst jetzt hielt dieser Zustand bei Rebus noch an. Aber darüber würde er auf keinen Fall mit Michael reden.
»Genau so, wie du ihn magst«, sagte er, als er den Tee hereintrug. Er bemerkte, dass Michael schon wieder weinerlich zumute war, obwohl er es zu kaschieren versuchte.
»Danke, John.«
Bevor Rebus was sagen konnte, klingelte das Telefon. Es war Siobhan Clarke, die einige Details bezüglich der Überwachungsaktion am nächsten Morgen abklären wollte.
Rebus versicherte ihr, dass alles geregelt sei. Sie brauche nichts weiter zu tun, als dort aufzukreuzen und sich für einige Stunden den Hintern abzufrieren.
»Sie verstehend wirklich, einen zu motivieren, Sir«, lautete ihr abschließender Kommentar.
»Also«, fragte Rebus Michael dann, »was möchtest du jetzt tun?«
Michael schüttelte gerade eine große runde Schlaftablette aus der braunen Flasche, die ihm das Krankenhaus mitgegeben hatte, legte sie sich mit zittriger Hand auf die Zunge und spülte sie mit Tee hinunter.
»Mir wär ein ruhiger Abend zu Hause ganz recht«, antwortete er.
»Dann machen wir uns einen ruhigen Abend zu Hause«, stimmte Rebus zu.
11
»Operation Geldsäcke« begann relativ ruhig am Montagmorgen um halb neun, dreißig Minuten bevor Davey Dougarys BMW auf den mit Schlaglöchern übersäten Parkplatz des Minicar-Unternehmens geholpert kam. Alister Flower und sein Team würden natürlich nicht vor elf oder sogar noch ein bisschen später mit der Arbeit beginnen. Doch darüber dachte man am besten gar nicht nach, besonders wenn man wie Siobhan Clarke schon gleich zu Anfang steif vor Kälte war und Horror vor dem nächsten Gang zur chemischen Toilette hatte, die mangels besserer Alternativen in einen Besenschrank eingebaut worden war.
Außerdem langweilte sie sich. DC Peter Petrie (von St. Leonard’s) und Elsa-Beth Jardine von der Steuerfahndung schienen ihren Kater vom Wochenende zu pflegen und waren entsprechend still. Sie glaubte, dass sie und Jardine sich eine Menge zu erzählen hätten, da sie beide Frauen waren, die um Anerkennung in einem traditionell männlichen Beruf kämpften — doch die Anwesenheit von Petrie schloss ein solches Gespräch aus.
Peter Petrie war einer dieser durchaus intelligenten, aber nicht sonderlich sensiblen Beamten, die die Karriereleiter hinaufkletterten, indem sie alle Prüfungen bestanden (wenn auch nie mit sehr guten Noten) und niemandem in die Quere kamen. Petrie war ruhig und methodisch. Siobhan zweifelte nicht an seiner Kompetenz, ihm fehlte nur jegliche Inspiration. Und während er dort mit seiner Thermosflasche hockte, taxierte er sie vermutlich gerade und stufte sie als geschwätzige Klugscheißerin mit Universitätsabschluss ein. Nun ja, was auch immer er sein mochte, er war kein John Rebus.
Sie hatte ihrem Chef zwar vorgeworfen, dass er seine Mitarbeiter nicht gerade motiviere, doch das stimmte nicht. Er konnte einen regelrecht in einen Fall hineinziehen und einem seine Sicht aufzwingen, und das einfach nur durch die Sturheit, mit der er an die Ermittlungen heranging. Er war verschlossen — und das zog einen magisch an. Er war hartnäckig — und das machte einen neugierig. Doch vor allem wirkte er immer so, als wüsste er genau, was er tat. Außerdem sah er ganz gut aus. Sie hatte eine Menge über ihn von Brian Holmes erfahren, der nur zu gern über frühere Fälle redete und über das, was er von der Vergangenheit seines Chefs wüsste.
Armer Brian. Sie hoffte, er
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