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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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gekannt und offenbar niemand vermisst hat. Keine trauernde Witwe oder bedauernswerten Kinder, keine Familie, die Fragen stellte.«
    »Sie wollen es also auf sich beruhen lassen, Sir? Jemanden ungeschoren mit einem Mord davonkommen lassen?«
    Watson wirkte genervt. »Ich sage nur, dass wir sowieso schon genug zu tun haben.«
    »Brian Holmes hat nichts weiter getan, als ein paar Fragen gestellt. Irgendwer hat ihm dafür eine übergebraten. Kaum übernehme ich die Sache, wird mein Bruder aus meiner Wohnung entführt und zu Tode erschreckt.«
    »Genau das meine ich, es ist für Sie zu einer persönlichen Angelegenheit geworden. Das dürfen Sie nicht zulassen. Widmen Sie sich endlich Ihren anderen Aufgaben. An erster Stelle der ›Operation Geldsäcke‹, aber da gibt es bestimmt noch andere.«
    »Sie verlangen also von mir, die Sache fallen zu lassen, Sir? Darf ich fragen, ob Sie persönlich unter irgendwelchem Druck stehen?«
    Dieser Druck wurde offenkundig, da Watsons Blutdruck schlagartig anstieg und sein Gesicht sich violett verfärbte. »Moment mal, eine solche Bemerkung kann ich nicht tolerieren.«
    »Natürlich, Sir. Tut mir Leid, Sir.« Doch Rebus hatte seinen Standpunkt klargemacht. Ein guter Soldat weiß, wann er sich ducken muss. Rebus hatte seinen Schuss abgefeuert, nun duckte er sich.
    »Das will ich aber auch meinen«, schimpfte Watson, der sich auf seinem Stuhl wand, als hätte jemand Topfkratzer in seine Hose genäht. »Also, ich meine Folgendes: Wenn Sie mir in den nächsten vierundzwanzig Stunden etwas Konkretes vorlegen können, zum Beispiel die Identität des Toten, dann werden wir den Fall wieder aufrollen. Andernfalls wünsche ich, dass in der Sache nichts mehr unternommen wird, bis tatsächlich neues Beweismaterial auftaucht.«
    »In Ordnung, Sir«, erwiderte Rebus. Es hatte keinen Sinn, noch weiter zu streiten. Vielleicht würden vierundzwanzig Stunden ja reichen. Und vielleicht besaß Charlie Chan ein eigenes Tartanmuster. »Danke für den Kaffee, den konnte ich gebrauchen.«
    Als Watson wieder mit seinem Scherz anfing, von wegen das Gebräu mache ihn putzmunter, verabschiedete sich Rebus rasch und verließ den Raum.

19
    Er saß an seinem Schreibtisch und ging trübsinnig noch einmal alle ins Leere führenden Anhaltspunkte in dem Fall durch, als er etwas von »Handgreiflichkeiten« in einem Haus in Broughton mitbekam. Er hörte die Adresse, brauchte jedoch einige Sekunden, um sie zuzuordnen. Minuten später saß er im Auto und fuhr in den östlichen Teil der Stadt. Der Verkehr war nervenaufreibend wie immer. An allen größeren Kreuzungen herrschte Stau. Rebus gab den Ampeln die Schuld. Warum konnte man die nicht einfach abschaffen und die Fußgänger auf gut Glück die Straßen überqueren lassen? Nein, dann gäbe es nur noch mehr Staus wegen all der Krankenwagen, die man brauchte, um die Verletzten und Toten abzutransportieren.
    Warum beeilte er sich überhaupt so? Schließlich glaubte er zu wissen, was er vorfinden würde. Aber er irrte sich. Ein Polizeiauto und ein Krankenwagen standen vor Mrs MacKenzies zweistöckigem Haus. Die Nachbarn hatten sich draußen versammelt und glotzten ungeniert. Selbst die Kinder auf der anderen Straßenseite zeigten sich interessiert. Es war wohl gerade Pause, denn einige von ihnen steckten den Kopf zwischen den Eisenstäben hindurch und starrten mit offenem Mund auf die bunt beschrifteten Fahrzeuge.
    Rebus dachte über dieses Eisengitter nach. Es sollte dazu dienen, dass die Kinder drin blieben, sie schützen. Doch konnte es auch jemanden daran hindern hineinzugelangen?
    Rebus zeigte dem Constable, der an der Tür Wache hielt, seinen Ausweis und betrat Mrs MacKenzies Haus. Sie weinte so herzzerreißend, dass Rebus schon einen Mord befürchtete. Eine Polizistin tröstete sie, während sie gleichzeitig versuchte, sich über ihr pfeifendes Handfunkgerät zu verständigen. Die Polizistin bemerkte Rebus.
    »Könnten Sie ihr vielleicht einen Tee machen?«, bat sie.
    »Tut mir Leid, junge Frau, ich bin nur von der Kriminalpolizei. Um eine Kanne Brooke Bond aufzugießen, braucht man schon jemand Hochrangigeren.« Rebus hatte die Hände in den Taschen, ganz der distanzierte Betrachter, der völlig zufällig in dieses Chaos hineingeraten war. Er ging zu dem Vogelkäfig hinüber und sah hinein. Im Sand auf dem Boden lag zwischen Federn, Spelzen und Kot ein mumifizierter Wellensittich.
    »Der ist schon lange im Vogelhimmel«, murmelte er vor sich hin und verließ das

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