Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Holmes eins auf die Birne gab … und vielleicht sogar fast Eddie alle machte.
Calder lachte. »Ich könnte ihm niemals wehtun, Inspector. Ich weiß, was Sie denken.«
»Es muss aber doch frustrierend sein? Ein solches Genie, wie Sie ihn nennen, macht sich mit Alkohol völlig kaputt. Auf so jemanden aufzupassen ist sehr anstrengend.«
»Sie haben Recht, es kann frustrierend sein.«
»Besonders wenn derjenige die ganze Zeit unter Strom steht.«
Calder runzelte die Stirn und blinzelte Rebus durch den Rauch an, der aus seinen Nasenlöchern strömte. »Warum sagen Sie ›unter Strom‹?«
»Ist doch nur ein anderer Ausdruck für betrunken.«
»Ich weiß. Dafür gibt’s aber auch ’ne Menge anderer Wörter. Bloß bei Strom muss ich an Gas denken, und Eddie hatte immer diese Albträume. Dass man vergast wird oder andere Leute vergast. Sie wissen schon, wie im Konzentrationslager.«
»Hat er Ihnen von diesen Träumen erzählt?«
»Nein, aber er hat häufig im Schlaf geschrien. Eine Menge Schwule sind in die Gaskammern gewandert, Inspector.«
»Glauben Sie, dass ihn das beschäftigt hat?«
Calder drückte die Zigarette in einer Bettpfanne aus Porzellan aus, die neben dem Kamin stand. Dann erhob er sich. »Kommen Sie, ich möchte Ihnen was zeigen.«
Rebus hatte bereits die Küche und das Badezimmer gesehen, also musste hinter der Tür, zu der Calder ihn nun führte, das Schlafzimmer der Wohnung liegen. Er wusste nicht so recht, was er erwartete.
»Ich weiß, was Sie die ganze Zeit gedacht haben«, sagte Calder und stieß die Tür weit auf. »Das hier ist alles Eddies Werk.«
Und was für ein Werk. In dem Raum stand ein riesiges Doppelbett, auf dem etliche offenbar echte Zebrafelle lagen. Und an den Wänden hingen mehrere große Gemälde vom Glitzer-Elvis in Aktion. Rebus blickte nach oben. An der Decke war ein Spiegel angebracht. Egal, welche Position man auf diesem Bett einnahm, man würde immer einen Elvis in Aktion beobachten können, die Hand mit dem Mikrophon hoch erhoben.
»Jedem das Seine«, bemerkte er.
Er leistete Clarke und Petrie zwei Stunden Gesellschaft, nur um seinen guten Willen zu beweisen. Ohne große Überraschung stellte er fest, dass Jardine durch einen jungen Mann namens Madden ersetzt worden war, der über einen Vorrat an Witzen verfügte, die man seit den Tagen des Röhrenradios nicht mehr gehört hatte.
»Madden mit Namen«, stellte sich der Steuerfahndungsbeamte vor, »und verrückt von Natur.«
Wohl eher Witze aus den Zeiten des Dampfradios. Rebus begann sich zu fragen, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, Jardines Boss anzurufen und ihn zwanzig Minuten lang mit exotischen Ausdrücken zu beschimpfen.
»Ich mache hier die Witze«, sagte er mit warnendem Unterton.
Rebus hatte schon aufregendere Nachmittage in seinem Leben verbracht. Zum Beispiel wenn ihn sein Vater mitnahm zu einem Heimspiel der Reservemannschaft von Cowdenbeath gegen Dundee. Es gelang ihm nur einmal, die Monotonie zu durchbrechen, als er nämlich hinausging, um in einer Bäckerei in der Nähe Teilchen zu kaufen, obwohl derartige Aktivitäten eigentlich verboten waren. Er nahm sich das mit Pudding, pulte den Zuckerguss ab und legte ihn beiseite. Madden fragte, ob er ihn haben könne. Rebus nickte.
Siobhan Clarke sah aus, als hätte ihr jemand einen Jauchekübel über den Kopf gekippt. Sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, und lächelte, wenn sie spürte, dass er in ihre Richtung sah. Aber irgendwas stimmte nicht mit ihr. Rebus wollte lieber nicht fragen, was los war. Er hatte das Gefühl, dass es etwas mit Brian zu tun hatte … vielleicht mit Brian und Nell. Stattdessen erzählte er ihr von der Schaufensterscheibe von Bone.
»Nehmen Sie sich irgendwann die Zeit«, sagte er, »und stöbern Sie Kintoul auf, wenn nicht zu Hause, dann im Krankenhaus. Er arbeitet doch dort im Labor?«
»Ja.« Mit ihr stimmte wirklich was nicht.
Wie es seiner Stellung gebührte, empfahl Rebus sich schließlich und ging. In St. Leonard’s lag eine Nachricht auf seinem Schreibtisch, er solle Mairie Henderson in der Redaktion anrufen.
»Mairie?«
»Inspector, das ging aber schnell.«
»Sie sind so ungefähr der einzige Anhaltspunkt, den ich habe.«
»Was für ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden.« Sie hatte einen Akzent, der sich sarkastisch anhören konnte, wenn sie wollte. »Aber freuen Sie sich nicht zu früh.«
»Ihr Chefredakteur kann sich also nicht daran erinnern?«
»Nur dass es irgendwann im
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