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Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Titel: Verschlungene Wege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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fand.
    Unter anderen Umständen hätte es gegen ihr Stilempfinden verstoßen, dass er den Brandy einfach in ein Saftglas goss.
    »Und jetzt runter damit.«
    So wütend und verzweifelt sie auch war: Reece wusste ganz genau, wann es zwecklos war, sich zu wehren. Sie nahm das Glas, trank den zwei Finger hoch eingeschenkten Brandy auf einen Zug aus und schüttelte sich.
    »Die Zeichnung. Das könnte ich sein.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Wenn ich mir das alles nur eingebildet habe … Ich bin ja selbst Opfer eines Verbrechens gewesen.«
    »Bist du schon einmal gewürgt worden?«
    »Dann hat es eben eine andere Ausprägung angenommen.« Sie stellte das Glas mit einem lauten Klirren wieder ab. »Man hat schon einmal versucht, mich umzubringen, und ich habe die letzten zwei Jahre darauf gewartet, dass es wieder jemand versucht. Es gibt durchaus eine Ähnlichkeit zwischen mir und der Zeichnung.«
    »Weil ihr beide Frauen seid und lange, dunkle Haare habt – beziehungsweise, du hattest lange dunkle Haare.« Mit leichtem Stirnrunzeln streckte er die Hand aus und berührte ihre Haarspitzen, die sich nun mehrere Zentimeter über ihren Schultern befanden. »Du hast ein völlig anderes Gesicht.«
    »Aber ich habe sie nicht gut sehen können.«
    »Trotzdem, du hast sie gesehen.«
    »Ich weiß es einfach nicht mehr.«
    »Aber ich.« Da er wusste, dass sie keinen Kaffee da hatte, öffnete er ihren Kühlschrank und stellte überrascht fest, dass sie sein Lieblingsbier gekauft hatte. Er nahm eine Flasche heraus und öffnete sie. »Du hast diese beiden Leute am Fluss gesehen.«
    »Woher willst du das wissen? Du hast sie ja nicht gesehen.«
    »Ich habe dich gesehen«, sagte er nur. »Aber apropos: An was kannst du dich noch nicht erinnern?«
    »Ich kann mich nicht daran erinnern, auf meiner Wanderkarte herumgekritzelt oder meine Haustür mitten in der Nacht offen stehen gelassen zu haben. Und ich kann mich auch nicht daran erinnern, die verdammten Rührschüsseln in den Abstellraum und meine Wanderstiefel in den Küchenschrank gestellt zu haben. Und erst recht nicht daran, meine Kleider in meinen Matchbeutel gepackt zu haben. Und es gibt noch mehr solche Erlebnisse, Kleinigkeiten. Ich muss wieder zurück.«
    »Zurück wohin?«
    Sie rieb sich mit den Händen über das Gesicht und ließ sie dort. »Mein Zustand bessert sich nicht. Ich muss zurück in die Klinik.«
    »Quatsch. Was meinst du mit ›deine Kleider gepackt zu haben‹?«
    »Als ich eines Abends nach Hause gekommen bin – und zwar an jenem Abend, an dem ich mit Linda-Gail im Clancy’s gewesen bin -, habe ich alle meine Sachen gepackt vorgefunden. Alles befand sich in meinem Matchbeutel. Ich muss das gleich morgens getan haben oder in einer meiner Pausen. Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Und einmal war die Taschenlampe, die immer neben meinem Bett liegt, im Kühlschrank.«
    »Da habe ich meinen Geldbeutel auch mal gefunden. Merkwürdig.«
    Sie seufzte. »Das ist was anderes. Ich verlege meine Sachen normalerweise nicht. Nie. Wenigstens nicht dann … wenn ich bei Trost bin, wenn es mir gut geht. Es ist absolut untypisch für mich, die Schüsseln aus der Küche zu holen und in die Abstellkammer zu räumen. Ich verlege keine Sachen, weil ich einfach nicht richtig funktioniere, wenn ich nicht ganz genau weiß, wo alles ist. Und so wie’s aussieht, scheine ich in der Tat nicht richtig zu funktionieren.«
    »Schon wieder Quatsch.« Er kramte geistesabwesend in der Einkaufstüte. »Was ist denn das für Grünzeug?«
    »Das ist Blattgemüse.« Sie rieb sich die Schläfen, um ihre stechenden Kopfschmerzen zu vertreiben. »Ich muss zurück. Das muss ich gespürt haben, als ich alles gepackt habe. Tief in meinem Innern habe ich es die ganze Zeit gewusst. Auch damals, auf dem Wanderweg, als ich versucht habe, wieder ganz normal zu leben.«
    »Du hast auf dem Wanderweg beobachtet, wie eine Frau umgebracht wurde. Das ist alles andere als normal. Damals hatte ich auch noch meine Zweifel, aber jetzt …«
    »Du hast an mir gezweifelt?«
    »Nicht daran, dass du sie gesehen hast, die Frau und den Mann. Aber daran, dass sie wirklich tot war. Es kann ja sein, dass sie wieder aufgestanden und von dort verschwunden ist. Möglich wäre es. Aber sie ist genauso tot wie Elvis.«
    »Hörst du mir überhaupt zu? Hast du gesehen, was ich da drin angestellt habe?« Sie zeigte in Richtung Bad.
    »Was, wenn du das gar nicht warst?«
    »Wer zum Teufel soll es dann gewesen sein?«,

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