Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
kann.«
»Ein schönes Bild«, sagte Reece.
Aber Linda-Gail war nicht in der Stimmung für Komplimente. »Ich wusste, dass Lo mehr Hummeln in der Hose hat als viele andere. Na dann, von mir aus, soll er ruhig zusehen, dass er sie loswird, dass er ruhiger wird. Auf Männer wie ihn stehen die Frauen nun mal, ohne dass er auch nur einen Finger krumm machen muss.«
Reece hob die Hand. »Ich nicht.«
»Nein, aber du bist ja auch verrückt.«
»Stimmt. Das muss wohl die Erklärung dafür sein.«
»Aber ich bin jetzt so weit, dass ich mein Leben planen will.« Linda-Gail musterte mit zusammengezogenen Augen Los Rücken und zerbiss krachend eine weitere Salzbrezel. »Entweder er schnallt es jetzt, oder er schnallt es nie mehr.«
Reece dachte nach. »Männer sind Arschlöcher.«
»Na ja, klar sind sie das. Leider steh ich nicht auf Frauen. Also brauche ich einen, damit ich kriege, was ich will.«
»Und das wäre?«
Linda-Gail stützte ihre Ellbogen auf und ihr Kinn in die Hand. »Ich möchte Joanie das Haus, in dem ich wohne, abkaufen. Ich bin mir sicher, dass sie es mir verkauft, wenn ich sie darum bitte. Und wenn es eines Tages an der Zeit ist, werde ich das Angel’s Food übernehmen.«
Reece war nicht weiter überrascht und nickte. »Das wäre der perfekte Job für dich.«
»Und ob er das wäre. Außerdem will ich ein paar silberne Kerzenständer für meinen Esstisch. Wirklich hübsche, die ich meiner Tochter weitervererben kann. Am liebsten hätte ich eine Tochter, aber noch lieber ein Mädchen und einen Jungen. Und ich will einen Mann, der mir hilft, das alles zu verwirklichen, und zwar weil er mich liebt. Ich will hören, wie er sich vor der Tür die Stiefel abstreift, während ich gerade dabei bin, das Abendessen zu kochen. Und so dann und wann möchte ich, dass er mir Blumen mitbringt.«
»Das klingt hübsch.«
»Und ich will, dass er verdammt gut im Bett ist und regelmäßig dafür sorgt, dass mir Hören und Sehen vergeht.«
»Das sind alles äußerst ehrenwerte Ziele. Und ist Lo dazu bereit?«
»Was den Sex anbelangt bestimmt, obwohl ich über das Vorspiel nie hinausgekommen bin.« Sie grinste grimmig, während sie eine weitere Salzbrezel einwarf. »Und sonst? Das Zeug dazu hätte er. Aber wenn er seine Chance nicht wahrnehmen will, kann ich ihm auch nicht helfen. Willst du noch ein Bier?«
»Nein, danke.«
Linda-Gail hob einen Finger, um ihre Bestellung aufzugeben, während eine der beiden Frauen von der Ostküste die Bühne mit einer energischen Coverversion von I Feel Like A Woman in Beschlag nahm. »Und was ist mit dir? Was sind deine Ziele?«
»Früher wollte ich einmal die beste Küche im besten Restaurant von ganz Boston leiten. Zu den Top Ten oder, noch besser, zu den Top Five meines Fachs gehören. Und irgendwann wollte ich auch heiraten und Kinder kriegen. Ich dachte, bis dahin hätte ich noch jede Menge Zeit. Aber nach meiner Verletzung ging es nur noch ums nackte Überleben. Von einer Stunde zur nächsten, von einem Tag zum nächsten.«
»Niemand, der das nicht selbst erlebt hat, kann nachempfinden, was du durchgemacht hast«, sagte Linda-Gail nach kurzem Schweigen. »Aber ich kann mir vorstellen, dass das nur vernünftig ist. Anders könnte man wahrscheinlich nicht weiterleben.«
»Jetzt will ich einfach nur wieder ein Zuhause. Eine Arbeit, die mir Spaß macht, und eine Freundin, mit der ich ein Bier trinken gehen kann.«
»Und Brody?«
»Ich weiß gar nicht mehr, wie es ist, mich nicht nach ihm zu sehnen. Er ist heute Abend noch in die Küche gekommen und hat mich durch die Hintertür nach draußen gezerrt.«
»Wie bitte?!« Linda-Gail setzte ihr frisches Bier so schnell ab, dass der Schaum überschwappte und am Glas nach unten lief. »Wieso habe ich nichts davon mitbekommen? Was ist passiert?«
»Er wollte, dass ich mit zu ihm fahre.«
»Und du sitzt hier, hältst dich an einem Bier fest und hörst dir abscheulichen – und in diesem Fall ist er wirklich abscheulich – Karaoke an?«
Reece spannte die Kiefermuskeln an. »Ich gehe nicht zu ihm zurück, bevor ich nicht weiß, dass er mich wirklich will. Und mich nicht nur beschützen will. Ich werde mir einen Hund anschaffen«, sagte sie grimmig.
»Mir fehlen die Worte.«
»Wenn ich beschützt werden will, kann ich mir ebenso gut einen Hund anschaffen. Ich wünsche mir einen echten Partner. Und wenn ich bei ihm in dieser Hütte bin, will ich mich nicht wie zu Besuch fühlen. Er hat mir noch nicht mal eine Schublade in
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