Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
rede mit Brenda.«
Brenda saß am Empfangstisch und sagte etwas in professionell gut gelauntem Ton ins Telefon. »Wir erwarten Sie also am zehnten Juli. Ich werde die Reservierungen vornehmen und sie Ihnen bestätigen. Das Vergnügen ist ganz auf unserer Seite. Auf Wiederhören, Mr. Franklin.«
Sie legte auf. »Ich habe gerade unsere zweite Suite für eine Woche im Juli vermietet. Wenn das so weitergeht, sind wir den ganzen Sommer ausgebucht. Wie geht es Ihnen?«
»Ganz gut«, entgegnete Rick. »Sie haben Reece gestern reinund rauskommen sehen.«
»Aber natürlich. Ich sagte Deb bereits …«
»Besser, Sie erzählen es jetzt mir. Sie kam also rein, um Wäsche zu waschen.«
»Sie hatte ihren Korb dabei. Trug aber keine Schuhe.« Brenda verdrehte die Augen. »Sie hat sich Geld für die Geräte wechseln lassen und ist sofort nach unten gesaust. Und kam dann, keine Ahnung, nach höchstens zehn Minuten wieder zurück. Als sie zurückkehrte, hatte sie Schuhe an, das war so eine halbe Stunde später. Sie ist gleich runter und dann wieder rauf, genau wie vorher. Beim letzten Mal habe ich sie nicht reinkommen sehen. Ich muss hinten gewesen sein, aber dann kam sie hochgestürmt wie eine Verrückte, ehrlich. Sie hat sich aufgeführt wie eine Wahnsinnige. Behauptete, irgendjemand sei da unten.«
»Haben Sie sonst irgendjemand runtergehen sehen?«
»Keine Menschenseele. Sie sagte, irgendwer habe ihre trockenen Kleider zurück in die Waschmaschine getan. Aber wer sollte so was tun?«
»Aber Sie waren nicht die ganze Zeit über an der Rezeption?«, sagte Brody und sah dann Rick an. »Entschuldige.«
»Keine Ursache. Sie sagten, Sie wären hinten gewesen, als sie das letzte Mal kam. Waren Sie lange weg?«
»Wie lange, kann ich nicht so genau sagen. Zehn, fünfzehn Minuten vielleicht. Aber meist höre ich die Tür, wenn ich hinten bin.«
»Meist«, betonte Brody.
»Wenn ich da hinten am Telefon bin oder so was, höre ich auch manchmal nichts, bis jemand die Klingel an der Rezeption betätigt«, sagte sie verteidigend. »Aber dafür ist sie schließlich da.«
»Ist jemand hier gewesen und hat nach Reece gefragt?«
»Natürlich nicht, Rick, warum auch? Hören Sie, ich mag sie wirklich. Sie ist eine sympathische Frau. Aber sie hat sich gestern wirklich sehr merkwürdig aufgeführt. Ich habe noch nie jemanden so ausflippen sehen, wegen ein paar nasser Kleider. Außerdem habe ich Ihnen noch gar nicht erzählt, dass sie zu Debbie gesagt hat, sie trainiere für irgendeinen Marathon oder so was, weshalb sie barfuß unterwegs sei. Das ist doch völlig gaga!«
»Na gut, Brenda. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
Als sie wieder nach draußen gingen, drehte sich Brody zu Rick um. »Ist Brenda der Sinn für Humor erst kürzlich abhandengekommen?«
»Hör auf, Brody, die ist in Ordnung, und das weißt du auch. Bei all dem Trara im Moment, in das Reece verwickelt ist, kann man nicht erwarten, dass jeder die Situation richtig einschätzt.«
»Schätzt du denn die Situation richtig ein?«
»Ich versuch’s. Wie wär’s, wenn du mir die Abzüge von deinen Badezimmerfotos bei Gelegenheit vorbeibringst? Und weil du Schriftsteller bist, könntest du mir vielleicht auch deine Version von den Vorfällen aufschreiben. Am besten mit genauem Datum und Uhrzeit.«
Brodys Kiefermuskeln entspannten sich wieder. »Ja, das werde ich tun. Das liegt mir mehr, als Gipskartonwände auszubessern.«
»Bitte so detailliert wie möglich«, fügte Rick hinzu, während sie weiterliefen. »Wenn es etwas ist, was dir Reece nur erzählt hat, dann schreibe es auch so. Und wenn du es mit eigenen Augen gesehen hast, schreibe das auch auf.«
»Einverstanden.«
Draußen vorm On the Trail blieb Rick kurz stehen. Er konnte Debbie sehen, aber sie hatte Kundschaft. Aus alter Gewohnheit klopfte er kurz gegen die Scheibe und grüßte, als sie zu ihm hinübersah.
»Jetzt fängt die Saison langsam an«, bemerkte Rick, während sie den Bürgersteig entlangspazierten. »Äh … ist es was Ernstes mit euch beiden?«
»Da ist was zwischen uns.«
»Pass auf, dass das deine Schilderung der Ereignisse nicht beeinflusst. Wenn man erst mal in eine Frau verliebt ist, sieht man sie generell in einem rosigeren Licht.«
»Sie ist nicht verrückt, Rick. Meine Güte, in vielen Dingen ist sie nicht mal exzentrisch.«
»Und in anderen?«
»Klar, sie fällt auf. Aber wer tut das nicht? Die Leute hier fanden mich zuerst auch komisch, weil ich Krimis schreibe, nicht
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