Verschlußsache Satan
du das verstanden?«
Das hatte sie, und sie fürchtete sich auch. Aber sie riss sich zusammen. Mit ihrer Antwort steuerte sie ein ganz anderes Thema an. »Wenn das so ist, kann ich es akzeptieren. Dann ist ja alles in bester Ordnung. Ihr könnt tun, was ihr wollt, und ich werde jetzt in das Kloster zurückgehen, um die Sache hier im Wald zu vergessen. Ich weiß sowieso nicht, was du damit gemeint hast, Martha.«
»Du gehst nicht zurück!«
»Nein, sie geht nicht zurück!«, erklärten die vier anderen Frauen im Chor.
Christina war alles andere als naiv oder dumm. Sie wusste genau, was dahinter steckte. Sie schüttelte den Kopf. »Wie... was... was... soll das denn bedeuten? Was heißt das, ich gehe nicht zurück?«
»Wie wir es gesagt haben«, erklärte Martha. »Du bleibst bei uns. Aber so wie wir uns das vorstellen.«
»Ach ja? Wie denn?« Christina bewegte den Kopf. Sie suchte nach einem Ausweg aus der Misere. Sie ahnte, welches Schicksal ihr zugedacht war.
»Gib auf, Christina.«
Sie nickte. Senkte den Kopf. Tat sehr demütig. Sie wollte den Frauen zeigen, dass sie sich keine Chancen ausrechnete. Sie nahm den Geruch des Waldbodens in sich auf. Für sie war es ein allerletzter Gruß der Natur, die hier so friedlich war, deren Frieden aber bald gestört werden würde.
»Dann eben nicht«, flüsterte sie vor sich hin, hob die Schultern und startete den Fluchtversuch...
***
Christina hoffte, es noch rechtzeitig genug zu schaffen. Sie hatte versucht, die falschen Nonnen in Sicherheit zu wiegen und ihnen die Ängstliche vorzuspielen. Das war von nun an vorbei. Sie wusste zudem genau, wohin sie laufen wollte. Zwischen Ornella und Helena war die Lücke am größten. Hinzu kam noch der Moment der Überraschung, und so hetzte sie genau auf die Lücke zu. Es war kein idealer Boden, auf dem sie sich hätte abstemmen können. Im Wald schnell zu laufen war immer riskant.
Mit langen Sprüngen rannte sie auf die beiden falschen Nonnen zu. Sie sah, wie Ornella und Helena zusammenzuckten, denn plötzlich merkten sie, was da passierte.
Da war sie schon bei ihnen.
Hinter sich hörte sie einen Schrei der Wut. Wahrscheinlich hatte ihn Martha ausgestoßen. Sie interessierte Christina nicht mehr. Für sie zählte nur noch die Flucht.
Es war die Tücke des Objekts, die ihren Fluchtversuch vereitelte. Die Lücke zwischen den beiden hätte sie locker geschafft, aber es war die lange Kutte, die ihr zum Verhängnis wurde. Nicht nur, dass sie darauf trat, die Kutte verhakte sich noch mit dem Saum in den Zweigen eines Gestrüpps, das zudem mit kleinen Dornen besetzt war.
Der schnelle Lauf wurde gestoppt. Christina hatte das Gefühl, zurückgerissen zu werden. Zahlreiche Hände schienen sie festzuhalten, und mit dem rechten Fuß trat sie auf eine glatte Stelle.
Es war vorbei.
Sie verlor den Halt. Nichts war da, woran sie sich hätte festhalten können. Sie kippte noch zur Seite, zerrte an dem Gestrüpp, merkte auch, dass sie loskam, doch es war leider vorbei mit ihrem Fluchtversuch, denn sie landete auf dem Boden.
Ein dumpfer Aufschlag. Er tat nicht sehr weh. Im Kopf hörte sie so etwas wie ein Glockengeläut, und ein harter Zweig schrammte über ihr Gesicht, dann war es endgültig vorbei für sie, denn gleich zwei Frauen warfen sich auf ihren Rücken und drückten sie mit aller Kraft gegen den Boden.
»Wir haben sie!«
Christina wehrte sich. Sie bäumte sich verzweifelt auf, aber Schläge gegen ihren Nacken machten sie kampfunfähig. Sie hatten sie böse erwischt. Der Schmerz fuhr bis in den Kopf hinein, und zugleich verstärkte sich der Druck auf ihrem Rücken, denn es waren den beiden noch andere Frauen zu Hilfe gekommen.
»Wir haben sie, Martha.«
»Ja, haltet sie fest!«
Christina hob den Kopf an. Auf ihrem Gesicht klebte das, was zuvor am Boden gelegen hatte, nasse Blätter und auch Halme. Auf ihren Lippen lag der Dreck. Sie lag am Boden, aber sie war nicht fertig. Sie lebte, und sie dachte an Widerstand. Sie wollte sich nicht so einfach töten lassen.
Martha, die in der Nähe stand, gab wieder ihre Befehle. »Hebt sie hoch! Seid vorsichtig dabei. Packt sie fest. Sie soll nicht mehr entkommen.«
Die Frauen gaben keine Antworten. Sie handelten. Sie waren zu viert. Zwei kümmerten sich um die Beine der Frau, die anderen packten ihre Arme.
Christina war zu schwach, um sich wehren zu können. Sie litt noch unter den Nacken- und Kopfschmerzen und tat auch nichts dagegen, als man sie anhob.
Die Griffe der Hände
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