Verschlußsache Satan
waren eisenhart. Und sie schaukelte beim Gehen auf und nieder wie ein Schiff auf unruhiger See. Die Augen hielt sie offen. Da sie auf dem Rücken lag, konnte sie nur in die Höhe schauen und sah über sich den dunklen Himmel zwischen den kahlen Baumkronen.
Martha ging neben ihr. Sie schaute sie an. Ihr gefühlloses böses Gesicht geriet in Christinas Sichtbereich. Sie sah die zu einem häßlichen Lächeln verzogenen Lippen und hörte auch die scharfen Worte, die sie wie Schwerthiebe trafen.
»Wer denkt, schlauer zu sein als wir, der hat sich geirrt. Wir sind die Besten. Wir haben alles vorbereitet, und wir werden unseren Plan durchführen.«
»Was wollt ihr denn?«, flüsterte sie.
»Dich kundig machen, Christina.«
»Bitte? Was soll das?«
Martha lachte kurz und hämisch. »Du hast doch unser Geheimnis enträtseln wollen. Gut, wir sind nicht so. Wir werden dir die Chance geben. Du kannst es enträtseln. Du wirst sehen...«
»Wo denn? Wieso?«
»Hier – hier im Wald.«
»Aber...«
»Kein Aber, wir sind schon da!«
Die vier Trägerinnen blieben stehen. Sie ließen Christina allerdings nicht los. Die junge Frau drehte den Kopf. Sie wollte ihre Ahnung zur Gewissheit werden lassen – und sah tatsächlich, was sie befürchtet hatte.
Die Frauen hatten sie zum Brunnen geschafft. Zum Greifen nahe lag der steinige Rand vor ihr. Sie nahm auch den fauligen Geruch wahr, der an ihrem Gesicht entlangfuhr. Plötzlich kam ihr der Vergleich mit einem Grab in den Sinn. Sie hatte das Gefühl, dass der Tod bereits seine Klauen nach ihr ausstreckte.
»Willst du noch was sagen?«, fragte Martha höhnisch.
»Ich... ich... soll in den Brunnen?«
»Ja.«
»Das ist Mord!«
Martha und die anderen Frauen lachten. »Nein, wie sollte das Mord sein? Das müssen wir tun. Wir müssen uns von den verdammten Verrätern lösen.«
Die Vorstellung, in der unbekannten Tiefe eines alten Brunnens regelrecht zu verrecken, brachte Christina fast um den Verstand. Auf der anderen Seite ließ es auch ihren Überlebenswillen aufflammen. Sie schrie auf, ohne es eigentlich gewollt zu haben. Noch wurde sie von den harten Griffen festgehalten, aber mit dem Schrei zusammen bäumte sie sich auf wie ein Tier, das seine letzte Chance suchte.
»Haltet sie fest, verdammt!«, brüllte Martha, als sie sah, dass Christinas rechter Fuß plötzlich freigekommen war. Sie trat aus und erwischte Gisela an der Stirn. Die Frau taumelte zurück, und Christinas Bein sackte nach unten. Sie fand plötzlich mit einem Fuß Halt, und wieder bäumte sie sich gegen den verdammten Griff auf.
Da griff Martha ein.
Bevor Christina ihren Arm losreißen konnte, schnappte die Frau wie eine Wahnsinnige zu. Beide Hände legte sie um die Kehle der Agentin. Eisern drückte sie zu. Für einen winzigen Augenblick schwebte das kalte Gesicht mit den hasserfüllten Augen dicht über Christina, die meinte, in die Fratze des Teufels zu sehen.
Martha brüllte wie ein Tier!
Dabei zerrte sie Christina in die Höhe. Sie riss sie brutal aus dem Griff der anderen Frauen und schleuderte sie mit aller Kraft nach hinten. Die Spionin prallte mit dem Rücken gegen den Brunnenrand. Instinktiv riss sie ihre Arme hoch, um das Gesicht zu schützen.
Nicht rechtzeitig genug!
Marthas Faust sah plötzlich riesig aus, als sie dicht vor dem Gesicht erschien – und auch traf.
Die harten Knöchel knallten gegen die Stirn. Christina glaubte, ihr Kopf würde auseinanderfliegen. Sie wurde nicht bewusstlos, sie befand sich nur in einem Zustand, in dem sie sich nicht mehr wehren konnte.
Wie am Rande merkte sie, dass sie durch den Treffer nach hinten kippte.
Dann umfassten Hände ihre Fußknöchel.
Wieder schrie Martha auf. »Ja, werft sie endlich hinein. Für immer und ewig!«
Eine Sekunde später verlor die junge Frau den Halt und kippte in die Tiefe...
***
Angst?
Nein, sie empfand keine Angst. Sie wusste nicht mal richtig, was mit ihr geschah. Sie fiel, aber sie hatte eher das Gefühl, schwebend die normale Welt zu verlassen. Der Schacht saugte sie auf. Sie schlug mit den Beinen, dem Kopf und mit den Schultern gegen die Innenwände und hatte den Eindruck, sämtliches Zeitgefühl zu verlieren. Sie befand sich in einer anderen Sphäre, denn das hier hatte nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun.
Dann schlug sie auf!
Nicht mehr heftig. Nicht in ein Wasser, nicht gegen einen harten Stein- oder Lehmboden, nein, sie fiel recht weich und hörte in ihrer Nähe schmatzende Geräusche, als wäre jemand
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