Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
Vom Netzwerk:
neuesten Stand, aber nicht besonders schwer zu entdecken, wenn man wusste, wonach man suchte. Doch nichts deutete darauf hin, dass Nielsen einen Verdacht geschöpft hatte. Und warum sollte er auch? Bisher hatte er ihm nur unbestimmte Andeutungen gegeben. Nichts Konkretes, Beunruhigendes, das ihn zum Nachdenken veranlassen könnte, ihn auf der Hut sein ließ.
    Er sah sich um. Mehr würde er auch jetzt noch nicht preisgeben. Noch nicht. Ihm blieb nur zu warten, auszuharren und genau zu beobachten, was geschah. Er würde zusehen, wie der Stein ins Rollen kam, gegen die Hindernisse prallte, die Richtung änderte und dann weiterrollte.
    Es war bereits vollkommen dunkel, als er das Haus verließ. Motorengeräusche drangen von der Durchfahrtsstraße herüber, entferntes Hundegebell unten vom Naherholungsgebiet. Er blieb eine Weile an der Zauntür stehen, überprüfte die Umgebung und lauschte. Dann setzte er seinen Weg ruhigen Schrittes hinunter zum Parkplatz fort. Es stand noch ein weiteres Auto dort, der Fahrer führte gerade zwei Hunde aus und kam ihm entgegen. Er versuchte erst gar nicht seinem Blick auszuweichen, sondern sah ihm gerade ins Gesicht und nickte zur Begrüßung, ehe er zu seinem Wagen ging und den Motor anließ.
    Eine Weile blieb er so sitzen, den Motor im Leerlauf, und betrachtete gedankenverloren das Lichtrechteck, das von den Scheinwerfern in die Dunkelheit vor ihm geschnitten wurde.
    Wieder dachte er an sie.
    Sie waren zu fünft im Auto gewesen. Den ersten Teil der Strecke war er gefahren. Danach hatte er hinten gesessen, an die Tür gequetscht, neben den beiden, die sterben sollten. Er hatte ihren Geruch in der Nase gehabt, klebrig, stickig. Zuletzt war er gezwungen gewesen, die Scheibe herunterzukurbeln, sich hinauszubeugen, immer wieder, bis der Mann ihm seinen Ellenbogen in die Seite stieß und ihn beschimpfte.
    »Zum Teufel, das zieht! Steig aus und lauf hinterher, wenn du unbedingt frische Luft brauchst!«
    Er machte sich nicht die Mühe zu antworten, wartete nur. Spürte, wie dieses Feuer in seiner Brust immer größer wurde. Nun wusste er, dass er nicht mehr an seiner Entscheidung zweifeln musste. Im Gegenteil! Er sah verstohlen auf die Uhr und rechnete den Moment ihrer Ankunft aus.
    Dede saß auf dem Beifahrersitz. Der Husten hatte wieder angefangen. Zwischendurch lag sie zusammengekrümmt im Sitz, ihr Körper krampfartig zuckend und um Luft ringend. Sie hielten an, und er zog sie beiseite, massierte ihren Rücken, zwang sie, sich zu bewegen, um den Schleim erbrechen zu können, ein ums andere Mal. Sie stöhnte, wimmerte, beschimpfte ihn, er aber reagierte nicht auf ihre Proteste.
    Später dann, als sie wieder frei atmen konnte, sah sie ihn lange lächelnd an. Dann nahm sie seinen Kopf und drückte ihn an ihre Brust. »Du bist mein Leben, das weißt du doch?«
    Für einen Augenblick war er sich sicher, dass sie es ernst meinte. Dann schob sie ihn plötzlich von sich und lachte höhnisch.
    Sie gingen zurück zum Wagen. Der Mann kam ihnen entgegen.
    »Verdammt, warum hat das denn so lange gedauert. Obwohl, sie sieht jetzt richtig gut durchgebumst und zufrieden aus!«
    Dede hatte ihn mit einem Blick zum Schweigen gebracht. Diese Art von ihr, Menschen anzusehen, ihnen quasi den Atem zu nehmen, sie unsicher auf der Stelle treten zu lassen, mit offenem Mund. Diese ungeheuerliche Kraft, die sie ausstrahlte, der man sich weder widersetzen noch entkommen konnte.
    Den Rest des Weges hatten sie schweigend zurückgelegt. Die Frau hatte zusammengekauert in der einen Ecke gelegen und geschlafen. Der Mann saß in einem dumpfen Dämmerzustand da, einer Mischung aus Alkohol und Beruhigungsmitteln, und starrte vor sich hin. Er hatte nichts dagegen. Das würde das Ganze nur einfacher machen, dachte er.
    Er hatte sich geirrt.
    Schon als der Wagen in die Auffahrt hinbog, war der Mann wieder zum Leben erwacht, hatte sich kerzengerade im Sitz aufgerichtet und durch die Windschutzscheibe gestarrt. Sie hatten kaum angehalten, da riss er auch schon die Tür auf und taumelte heraus.
    »Was zum Teufel ist das denn hier? Das ist ja eine Sommerhütte, eine Minihütte! Wie ein verdammtes Scheißhaus! Habt ihr nicht gesagt, dass es eine Superbude ist, wo wir einfach nur alles einsammeln und das Auto voll machen könnten? Was zum Teufel sollen wir hier wohl finden, Klopapier?«
    Er konnte nicht länger warten. Er öffnete die Tür, ging um den Wagen herum und auf den Mann zu. Ohne Hast, schlendernd. Er blieb vor ihm stehen,

Weitere Kostenlose Bücher