Verschwörung beim Heurigen
telefoniert, er war total nervös, ich dachte, es hätte was mit meinem
Onkel zu tun.«
»Mit Richard, der euer Weingut übernehmen will?«
»Ja, leider. Er will einen Weinberg verkaufen, wir bräuchten das Geld zum Modernisieren. Wenn es an einen Winzer wäre, dann
vielleicht, aber an eine Immobilienfirma? Wer |370| weiß, was die mit dem Weinberg machen? Der Thomas Thurn hat ihn darum gebeten. Kennen Sie den?«
»Flüchtig«, murmelte Johanna und wurde rot, ihre erprobte Mimik versagte. Ihr war, als säße sie sich selbst gegenüber und
würde sich ins Gesicht lügen. Thomas Thurn – Carl hielt ihn für den Mörder, und sie hatte sich von ihm zum Essen einladen lassen.
»Da oben sind gute Lagen, viel Geröll, Muschelkalk im Boden«, fuhr Anneliese fort, »das gibt feine Weine, und durch die Ausrichtung
der Rebzeilen haben sie von morgens bis nachmittags Sonne.«
»Hast du das alles in den paar Tagen hier gelernt?«
»Das hat mir Maria beigebracht, und wenn ich hier bleibe und weitermache, wollen mir die Sieben helfen, so wie sie Maria geholfen
haben.«
Bruno Sandhofer kam mit einem Ordner zurück. »Entschuldigen Sie, aber das musste sein. Carl hat alles bestätigt. Hier ... «
Johanna blätterte die Seiten durch. Eine Karte, Notizen, Namen und Telefonnummern – und ein Organigramm.
»Sie sollen sich an einen Lobo Jammer wenden, einen Wirtschaftsjournalisten in Wien, aber diskret, nur aus der Telefonzelle,
der will seinen Namen nicht genannt wissen, andernfalls würde er seine Informanten verprellen. Kann man Carl besuchen?«
»Er würde sich freuen, so wie er von Ihnen gesprochen hat. Aber wie ich ihn kenne, bleibt er nicht lange im Krankenhaus ... «
|371| 17
Die Morgenvisite war vorüber, der Schwarm Ärzte mit wehenden Kitteln ins Nebenzimmer geflogen, als der Anruf kam. Mit den
verpflasterten Händen hatte Carl Mühe, das Mobiltelefon zu halten und die Antworttaste zu drücken.
Ellen Karcher war atemlos. »Carl? Wie geht es dir? Ich habe alles im Radio gehört.«
Noch bevor er antworten konnte, redete die Winzerin weiter: »Alles Unsinn, was da erzählt wird. Aber viel wichtiger ... ich bin hier in Neusiedl vor der Bank an der Hauptstraße. Ich musste was ... « Sie sprach so leise, dass Carl sie kaum verstehen konnte. »Hör zu: Der Thurn ist auch hier, er ist noch drinnen, beim
Filialleiter. Ich habe eben einen riesigen Krach mitbekommen. Der Thurn macht einen Aufstand, du glaubst es nicht. Er hat
irrsinnige Schulden, wegen des Umbaus ... Soweit ich das mitbekommen habe – ich saß im Nebenraum, du kennst die dünnen Wände? – hat er ein Grundstück verpfändet,
am Truppenübungsplatz. Sein Notar war da, hier. Aber die Bank nimmt sein Grundstück nicht, weil das Nachbargrundstück nicht
verkauft wird. Es gehört Bruno Sandhofer, und der stellt sich quer. Thomas wollte eine Absichtserklärung vorlegen, und die
hat er nicht, seine Kredite platzen und Wechsel ... «
Carl schnappte nach Luft. »Großartig, Ellen!« Das war die Information, nach der er seit einer Woche suchte, und seine Stimme
überschlug sich. »Das ist es, Ellen, das ist es! Das |372| Motiv, das Motiv für den Mord an Maria! Was sagst du dazu? – Hallo ... hallo Ellen ... «
Sie antwortete nicht. Carl hörte undeutliche Stimmen, einen dumpfen Laut, Stimmen, etwas schepperte, ein kratzender Ton –
dann brach die Verbindung ab. Erschrocken blieb Carl stehen, nachdem er im Zimmer auf und ab gelaufen war, und starrte das
Handy an. Er riss sich den Verband von der rechten Hand, um die Finger frei zu haben, und tippte Ellens Nummer, sie war auf
Marias Handy gespeichert.
Der Ruf ging zwar raus, aber es meldete sich nur die Ansage, der Teilnehmer sei vorübergehend nicht erreichbar.
War der Winzerin das Handy aus der Hand gefallen, war sie gegen eine Taste gekommen? Wieso rief sie nicht zurück? Carl wurde
unruhig, er wartete ... oder war sie überrascht worden und hatte die Verbindung unterbrechen müssen? In dem Fall sah es vielleicht nicht so gut
aus.
Thomas Thurn, also doch! Er hatte Maria erschlagen, wegen des Grundstücks. Sie hatte nicht verkauft, um die Autobahn so lange
wie möglich zu blockieren, Cousin Richard hätte sicherlich verkauft, vielleicht hatte er es Thurn sogar versprochen, der Star-Winzer
war sein Vorbild. Und dann war Anneliese gekommen und hatte Bruno Mut gemacht.
Es befriedigte Carl, dass er sich nicht getäuscht hatte. Es war
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