Verschwörung beim Heurigen
danach war ihm heute.
Später, später würde er es tun. Vorerst war die Surfschule angesagt. Und mit Gatow, der übermorgen abreisen würde, hatte er
überlegt, was als Nächstes zu tun wäre und wie er am besten aus der Sache herauskäme.
Er hatte gewollt, dass der Mörder gefunden würde, aber nicht damit gerechnet, dass er derjenige war, der ..., das hatte ihn aus der Fassung gebracht. Er hatte sich lange an der nächsten Tankstelle die Hände gewaschen.
»Halt bloß den Mund! Zu keinem Menschen ein Wort«, hatte ihn der Fotograf beschworen, hatte ihn geradezu zum Schweigen verdonnert,
»solange du nicht mehr weißt. Keiner wird dir glauben. Der Kerl ist berühmt.
Du
machst dich lächerlich.«
Das war kaum von der Hand zu weisen. Kein Richter und erst recht nicht die Polizei würde was darauf geben, dass er jemanden
als Täter identifizierte, den er lediglich von hinten gesehen hatte. Frank glaubte ihm, aber sein einziger Rat war zu schweigen!
Wie sollte es weitergehen? Er konnte den Verdacht nicht auf sich sitzen lassen, auch nicht Johanna gegenüber. Ja, den Täter
kannte er, aber nicht das Motiv.
Wie benebelt fuhr Carl mit dem Rad von Breitenbrunn hinunter zum See. Schilf rechts oder Schilf links? Eine Weide rechts und
nur links das Schilf oder umgekehrt? Bevor er an den See gelangte, hatte er es vergessen, dafür erwartete ihn ein Campingplatz.
Rechts jedenfalls zog sich ein Zaun an der Straße entlang, dahinter Zelte, Campingwagen, Kindergeschrei, eine zeternde Frau,
bunte Wimpel flatterten im Rauch grillender Familienväter. Würstchen, Speck und Fleisch, und er ekelte sich vor der gewürzten
Komplettpackung, was ihm jeden Appetit verdarb. Alufolie mit Plastiküberzug – die Entsorgung von Gammelfleisch? Nicht zu vergessen
der Aufdruck mit dem Haltbarkeitsdatum.
Links wuchsen Weiden am Ufer, dahinter glänzte matt das |241| Wasser. Bootshäuser standen dort umgeben von Schilf, die Pfahlbauten lagen weiter abseits. Mit Maria hätte er gern einige
Tage dort verbracht, auf der Veranda im Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, egal, einen ihrer Weine trinken, die Beine baumeln
lassen, die Seele ... Er starrte verloren aufs Wasser.
Weshalb hatte Thomas Thurn Maria erschlagen? Weshalb hatte er sie so gehasst, dass er sie töten musste? Man musste jemanden
hassen, um ihn erschlagen zu können, noch dazu eine Frau. Kaltblütig und gnadenlos und hinterrücks. Oder hatte sie dem Winzer
was angetan?
Fritz, der Surflehrer in Breitenbrunn, war groß und dünn, die Sonne hatte seine Haut gegerbt, der Wind tobte sich in seinem
langen, spiddeligen Haar aus, und seinen freundlichen Augen war anzusehen, dass sie meistens übers Wasser schauten. Der Surflehrer
war offenbar Anhänger antiautoritärer Erziehung. Das Gezappel seiner Kinder, neun der Junge, elf das Mädchen, berührte ihn
nicht im Mindesten. Zumindest drängte sich Carl dieser Eindruck auf. Die beiden quakten dazwischen, kamen alle zwei Minuten
mit irgendetwas Neuem, schließlich griff Fritz ein, da das Mädchen den Fußball des Jungen absichtlich weit ins Wasser geschossen
hatte und sich weigerte, ihn wiederzuholen. Im Schneidersitz saß sie am Ufer, die Arme vor der Brust verschränkt und redete
mit niemandem. Gegenüber auf der Wiese wurden Gleitschirme entfaltet, Steuerleinen entwirrt, Männer ließen sich vom Kite im
Krebsgang ans Ufer zerren, um sich dann durchs Wasser reißen zu lassen.
»Surfen ist schöner, ist auch ganz einfach. Du lernst es in zwei Tagen, bist ja ziemlich sportlich«, sagte Fritz und begutachtete
das Rennrad, das Carl an die verwitterte Bude des Surflehrers gelehnt hatte, sein »Büro«. »Was du brauchst, kriegst du bei
mir, Neo und so weiter. Breite Anfängerboards habe ich auch. Bei mir lernst du richtig Windsurfen, das Coolsein woanders.«
Er grinste.
|242| »In Mörbisch gibt es auch eine Schule ... «
»Nicht nur da«, meinte Fritz lakonisch. »Auch gegenüber, auf der anderen Seite, in Podersdorf – siehst du den Leuchtturm?
– da sind mehrere, aber natürlich Mörbisch, der berühmte Hansi. Wenn der so surfen könnte wie schwätzen ... komm, ich zeig’s dir im Internet. Alle haben ihre Website.«
»Kennst du ihn«, fragte Carl, als er das Foto auf dem Bildschirm sah und in ihm den Mann wiedererkannte, der Johanna an jenem
Morgen geküsst hatte.
»Den Wiener? Ich hatte bislang nicht das Vergnügen.« Fritz verzog das Gesicht und ließ die Unterlippe
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