Verschwoerung der Frauen
eine Summe als Rückzahlung gegeben.
Eleanor ist großartig. Wirklich großartig.«
»Ich mochte sie sehr«, sagte Kate. »Bin ich eingeladen, Sie nach London zu begleiten? Sind wir beide die ersten, die sich Gabrielles Schriften ansehen?«
»So ist es. Ich habe erwogen, Eleanor zu fragen, aber sie ist ein wenig zu alt, um in der Welt herumzukutschieren, sosehr ich es auch als ihr Recht empfinde. Natürlich war es Sigs Geld, aber Eleanor hatte das Gespür für Gabrielle und Nellie. Eleanor hat immer das richtige Gespür gehabt, außer bei der Wahl ihres Ehemanns. Andererseits, hätte sie Sig nicht geheiratet, wäre sie nie in der Lage gewesen, den Foxx’ zu helfen.«
Kate hatte inzwischen begriffen, daß Anne sich zwar den Anschein gab, blind draufloszuplappern, in Wirklichkeit aber Themen, Beobachtungen und Tonfall so sorgfältig orchestriert waren wie die Partitur einer Sinfonie. Kate stellte ihr Glas ab und beugte sich nach vorn, um Anne sowohl mit Körpersprache wie mit Worten zu kon-frontieren.
»Hören Sie zu, Anne: Ich bin von Ihnen allen dreien geleimt worden – von Ihnen, von Dorinda und von Nellie, und zwar äußerst raffiniert. Ich will nicht sagen, daß ich mich betrogen fühle, das wäre ein bißchen zu schroff und nicht ganz akkurat ausgedrückt, aber ich habe das untrügliche Gefühl, daß mir noch eine sehr verblüffende Offenbarung bevorsteht. Finden Sie nicht, wir sollten es hinter uns bringen? Das heißt natürlich, falls Sie und Dorinda und Nellie beschlossen haben, daß ich es von Ihnen erfahren soll und heute der richtige Tag ist.«
»Sie sind wirklich schwer zu täuschen«, sagte Anne lachend.
»Eigentlich hätten Sie mich jetzt nach Sig fragen müssen. Das wäre Ihr nächstes Stichwort gewesen: eine Frage nach Eleanor und Sig.
Ich erledige die Dinge immer gern schön der Reihe nach.«
»Das«, sagte Kate, »ist nicht zu übersehen. Gut also, gehen Sie davon aus, daß Ihnen die richtige Frage zu Eleanor und Sig gestellt wurde. Wie zum Beispiel: Alles Interessante haben Sie in Ihrem Memoir abgehandelt – was sollte Sie die Beziehung der beiden also jetzt noch scheren?«
»Ich habe Eleanor das Memoir gezeigt oder vielmehr vorgelesen.
Zu der Zeit war sie erst neunzig, das heißt, noch nicht ganz neunzig, aber sie wollte lieber zuhören. Eleanor war immer eine gute Zuhörerin. Ich glaube fast, Zuhören war ihre Hauptbeschäftigung, natürlich 127
neben ihrer Aufgabe, allen um sie herum das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten.« Anne nahm einen Schluck Bier. »Eleanor mochte meine Geschichte. Ich entschuldigte mich für das, was ich über die Großherzigkeit der Goddards gesagt hatte; als ich es ihr vorlas, empfand ich es plötzlich als engherzig und undankbar, aber Eleanor wollte nichts von meiner Entschuldigung wissen. ›Du hast es genau richtig empfunden, Anne‹ sagte sie. ›Und Gabrielle ebenso.
Ohne es zu wissen, habt ihr alle die Wahrheit geahnt. Bist du nie auf den Gedanken gekommen?‹ fragte Eleanor mich. › Auf welchen Gedanken?‹ wollte ich natürlich wissen.«
»Noch ein Vater, von dem keiner weiß?« fragte Kate.
»Sie sind wirklich klug«, sagte Anne. »Ich hatte natürlich Nellies Beispiel nicht vor Augen – so wie Sie. Deshalb kam ich nicht darauf.
Ich hatte überhaupt keine Ahnung, worauf Eleanor hinauswollte, und die arme Eleanor dachte wohl, sie hätte am besten gar nicht davon angefangen. Schließlich erzählte sie es mir dann doch. Ich glaube, das wollte sie schon lange. Im Alter hat sie den Mut zur Ehrlichkeit gefunden – mit sich und den anderen –, den Mut, mit allen Lebenslügen Schluß zu machen. Nun, Sie haben es jedenfalls schnell erraten.«
»Ich war ja nicht beteiligt«, sagte Kate. »Es ist leicht, Dinge zu durchschauen, wenn man selbst emotional nicht verstrickt ist.«
»Sig war mein Vater. Deshalb nahmen mich die Goddards so bereitwillig bei sich auf, obwohl meine Mutter große Vorbehalte hatte.
Aber wenigstens war es keine Wohltätigkeit. Was ich nämlich nicht verstehen konnte, war, warum meine Mutter bereit war, Almosen zu nehmen. Sie war so stolz, so auf ihre Unabhängigkeit bedacht, wollte ihren Kopf hoch tragen können, wie sie immer sagte. Aber wenn er mein Vater war, schuldete er mir etwas. Nur mir – ihr niemals. Sie nahm nie auch nur das Geringste von ihm an und hielt große Distanz zu ihm, wenn sie sich von Zeit zu Zeit über den Weg liefen.«
»Er hat nicht auf Dorindas Hochzeit mit ihr getanzt?« fragte
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