Verschwoerung der Frauen
Verlagswesen gibt es keine Geheimnisse, und meine Quellen bestätigten Dorindas Informationen. Sie fragen sich vielleicht, warum ich das Memoir nicht einfach selbst geschickt habe.
Nun, zum Teil, weil Dorinda schon immer diejenige von uns dreien war, die derlei Dinge in die Hand nimmt. Aber vor allem wollte ich, daß Pearlstine den Text nicht aus erster Hand bekam, sondern als ein rätselhaftes Dokument. Außerdem hatte ich immer noch das drin-gende Bedürfnis nach Distanz zu dem Ganzen, wie damals, als ich Gabrielles Papiere zu der Londoner Bank brachte. Jedenfalls erkun-digten wir uns nach Ihnen und Ihrer Arbeit. Wir betrieben unsere Nachforschungen mit großer Sorgfalt und ließen uns viel Zeit dabei.
Nun, das meiste übernahm Dorinda; ich half ihr nur ein wenig. Wir beschlossen, daß Sie genau die Richtige sind. Und als Pearlstine sich an Sie wandte, traten wir sozusagen in Aktion. Sie waren auser-wählt.« Anne lächelte.
»Im Klartext heißt das doch«, sagte Kate mit unüberhörbarer Schroffheit, um Anne klarzumachen, daß sie sich nicht von Kom-plimenten einlullen ließ, »wenn ich Nellie richtig verstanden habe, und sie war schwer mißzuverstehen, sandten Sie mir das Memoir, um mich zu ermutigen, Gabrielles Biographie nicht zu schreiben.«
Anne lächelte und setzte ihr leeres Glas ab. »Nun, keine der üblichen Biographien, aber ein elegantes Porträt Gabrielles – als Einführung zu den von Ihnen edierten Schriften.«
»Die Sie auf Gabrielles Wunsch fortgeschafft haben?«
»Genau. Wir sind der Meinung, daß das Leben von Randfiguren wie uns dreien und Emile nicht wichtig ist. Wichtig ist, was Gabrielle geschrieben hat, ihr wahres Leben liegt in ihren Schriften.«
»Noch ein Bier?«
»Gleich«, sagte Anne.
»Sie setzen also voraus, daß Gabrielle ihr Leben zum Thema gemacht hat. Warum ist nichts davon je zum Vorschein gekommen?
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Warum wußte niemand davon bis zu dem Moment, als sie Ihnen die Papiere in Kensington übergab?«
»Sie können doch nicht allen Ernstes glauben, Emmanuel Foxx, das große Genie, hätte es ertragen oder zugelassen, daß die Frau an seiner Seite selbst schrieb. Er war der Schriftsteller – sie bestenfalls seine Muse, in Wirklichkeit aber eher seine Handlangerin, um nicht zu sagen Dienerin. Sie hielt ihr Schreiben geheim, versteckte es. Ich weiß nicht, wann sie zu schreiben begann. Niemand weiß das. Möglich, daß sie den größten Teil nach Foxx’ Tod schrieb, als sie allein in Paris lebte. Und als sie fertig war damit, hat sie vielleicht beschlossen, nach England zurückzukehren. Möglicherweise wollte sie es aber auch in England beenden. Niemand kann das wissen.«
»Können denn die Papiere keinen Aufschluß darüber geben? Das Alter des Papiers, die Tinte, Wasserzeichen und dergleichen? Ist Ihnen nichts aufgefallen?«
»Nein«, sagte Anne. »Lassen Sie uns doch noch ein Bier trinken.
Es ist so schön, bei einem Drink zu plaudern. Damals in London kam ich mir vor, als hätte ich irgendeinen göttlichen Befehl auszuführen, und schaffte die Papiere derart hastig zur Bank, daß ich kaum einen Blick darauf geworfen habe.« Anne kämpfte sich aus dem Sessel, in dem sie so gemütlich gesessen hatte, und folgte Kate in die Küche.
»Mein Gedanke war«, sagte sie zu Kates Rücken, während Kate die Bierflaschen öffnete, »daß wir sie uns gemeinsam ansehen, wenn wir sie von der Bank holen.«
»Wo ist die Bank?« frage Kate, als sie es sich wieder bequem gemacht hatten. Am Ende des Korridors hörte sie das Telefon klin-geln. »Herrliche Erfindung, diese Anrufbeantworter«, sagte Kate.
»Ich war sehr dagegen, so wie ich gegen alle entmenschlichten Neuerungen bin, aber am Ende streckt man doch die Waffen und gibt zu, daß sie ihre Vorteile haben. Ich habe schon ganze Konferenzen organisiert, ohne je direkt mit den anderen Beteiligten zu sprechen.
Bedeutet das nun Fortschritt für die Menschheit oder Untergang, oder geht es einfach nur um die Bequemlichkeit?«
»Die Bank ist in England«, sagte Anne und lächelte Kate an, um ihr zu signalisieren, daß sie in puncto Anrufbeantworter ganz ihrer Meinung sei, jedoch standhaft jeder Versuchung widerstehen würde, das anstehende Thema aufzuschieben. »In London. Die nächstbeste, die ich damals finden konnte. Ich habe all die Jahre die Gebühren für den Safe bezahlt, was eine ganz schöne Bürde war, aber Eleanor, Gott segne sie, steuerte etwas bei, seit sie die Geschichte der Papiere 126
kennt. Sie hat mir sogar
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