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Verschwoerung der Frauen

Verschwoerung der Frauen

Titel: Verschwoerung der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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vom Tod spricht – selbst bei einer Frau meines Alters fühlen sich die meisten dazu bemüßigt. Dorinda hat mir gesagt, daß Sie eine vernünftige Person sind. Und Dorinda weiß, daß das die größte Empfehlung bei mir ist – kein Wunder, nach einem Leben mit den Goddards. Dorinda hatte recht, Sie sind vernünftig. Zu meiner Freude hat Dorinda in letzter Zeit immer häufiger recht. Nun, ich werde versuchen, mich auf Gabrielle zu konzentrieren, über die Sie doch bestimmt mehr hören wollen, ehe ich wieder einnicke.«
    »Eigentlich habe ich nicht viele Fragen – im Grunde gar keine«, sagte Kate. »Ich wollte Sie einfach gern wiedersehen. Mein letzter Besuch hier war eine große Freude für mich.«
    »Danke, meine Liebe. Ich habe das Gefühl, Sie meinen es ehrlich. Ich hatte gehofft, Sie würden wiederkommen und habe versucht, mich an einige Dinge zu erinnern, die Gabrielle während unserer kurzen Plauderstündchen sagte, ehe Emmanuel sie wieder mit seinen Forderungen überfiel. Ich weiß, ich muß der Versuchung widerstehen, ihr Worte in den Mund zu legen, die sie in Wirklichkeit nie gesagt hat. Das würde Ihnen ja nichts nützen. Über Foxx’ großen Roman, den ›Ariadne‹-Roman, redete sie nicht viel, ließ aber durchblicken, daß sie nicht verstehe, was das ganze Theater darum solle.
    Einmal sagte sie, Männer glaubten immer, die Frauen zu verstehen –
    und Emmanuel hielt sich für besonders schlau, weil er so tue, als stehe eine Frau im Zentrum seines Romans.«
    »So tue? Sagte sie so tue?«
    »Ja, ganz bestimmt. Denn Ariadne stehe gar nicht im Zentrum, sagte Gabrielle, sie sei nur der Vorwand, den Männer brauchten, um sich aufzuspielen. Aber jetzt fällt mir noch etwas ein. Ist es nicht eigenartig: Fängt man erst einmal an, sich zu erinnern, kommen einem immer mehr Dinge wieder in den Kopf. Bei irgendeiner Gelegenheit erzählte sie mir, sie habe versucht, James Joyces ›Ulysses‹
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    zu lesen, der mit dem ›Ariadne‹-Roman um den Ruf des größten Romans des Jahrhunderts konkurriert. Obwohl sie das meiste nicht verstand, sei sie von Leopold Bloom sehr angetan gewesen; Joyce habe zwar keine Frau in den Mittelpunkt gestellt, aber immerhin einen Mann, der sich nicht für Gott hielt. Ich war ganz ihrer Meinung.«
    »Das hört sich ein wenig so an, als habe ihr Foxx’ Ruhm nicht gepaßt.«
    »O nein. Dann habe ich Ihnen ein falsches Bild vermittelt. Wissen Sie, Gabrielle spürte sehr schnell, daß mein Platz in der Familie, in die ich eingeheiratet hatte, ihrem Platz vergleichbar war. Deshalb sprach sie mir gegenüber wohl Dinge aus, über die sie sonst mit keinem Menschen geredet hätte.«
    »Außerdem«, unterbrach Kate sie, »gehören Sie zu der Sorte Menschen, denen man Dinge anvertraut, die sonst niemand wissen darf.«
    »Nun, ein stiller Mensch in einer stürmischen Familie hat den Vorteil, daß alle Welt ihn für vernünftig und den ruhenden Pol hält.
    Dabei war ich die meiste Zeit einfach nur verwirrt. Aber Sie dürfen nicht glauben, daß Gabrielle sich über Emmanuel beschwert hätte.
    Nur ganz selten ließ sie so etwas wie Kritik durchblicken. Als sie mit ihm durchbrannte, muß sie gewußt haben, daß er ein Mensch ist, der die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht. Er hielt sich für ein Genie.
    Und er war ein Genie. Gabrielle hat in keiner Weise versucht, seine Größe zu schmälern. Aber hin und wieder muß sie den Wunsch gehabt haben, ganz sie selbst zu sein, und das war nur selten möglich.«
    »Haben Sie je den Wunsch gehabt, ganz Sie selbst zu sein?«
    fragte Kate recht wagemutig.
    »Ich hatte überhaupt keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. In meinen ersten Ehejahren brauchte ich all meine Kraft, um überhaupt über die Runden zu kommen. Und als ich dann schließlich selbstbewußter wurde, war unser Leben so hektisch, daß ich kaum dazu kam, über mich selbst nachzudenken – höchstens, was ich anziehen sollte und was organisiert werden mußte. Mit Sig und Dorinda umzugehen, war von vornherein eine Vollzeitbeschäftigung. Ich selbst zu sein – die bloße Idee und erst recht deren Umsetzung – war erst nach Sigs Tod möglich. Doch selbst dann dauerte es eine Weile.
    Aber ich hatte wirklich die Chance, zu mir zu finden. Ob das bei Gabrielle auch so war – nach Emmanuels Tod, meine ich? Nun, ich möchte es gern glauben. Die Erfahrung, ich selbst zu sein, und dazu 141

    noch Dorinda näherzukommen, war jedenfalls berauschend.«
    Das war eine lange Rede, und Kate sah, daß

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