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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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ständigen Verbeugungen zur Tür, stülpte seine Kappe auf die dunklen Locken, warf Matilda und dem Hausdiener Enrico noch einen scheuen Blick zu und lief davon.
    Matilda verschränkte die Arme vor der Brust und sah Anne missbilligend an.
    »Ich möchte Euch weder maßregeln noch verletzen, Signorina Anne, doch dieses Verhalten entspricht nicht …«
    »Ich habe meine Gründe, Matilda«, unterbrach Anne die Magd kühl, »auch wenn du sie in diesem Augenblick nicht verstehst. Giacomo de Pazzi ist doch nicht irgendein Bäcker oder Künstler, der mich zu einem Plauderstündchen lädt. Er ist das Oberhaupt einer der einflussreichsten Familien dieser Stadt. Und es ist noch gar nicht so lange her, dass seine geliebte Schwester Giovanna in einem Haus der Medici gestorben ist. Seine Einladung abzulehnen wäre mehr als unhöflich. Es wäre eine Beleidigung und würde die neu aufkommenden zarten Bande zwischen den beiden ersten Familien der Stadt empfindlich stören. Mag sein, dass mein Besuch bei den Pazzi nichts an der Lage ändert, doch es mag auch sein, dass es mir gelingt, mich im Namen der Familie Medici zu entschuldigen und Balsam auf diese fürchterliche Wunde zu streichen. Außerdem brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Matilda, nicht allein Giacomo de Pazzi bittet mich zu sich, die Einladung kam ebenso von Donna Lucia, seiner Mutter. Ich bin sicher, dass Donna Lucia dafür sorgen wird, dass nichts geschieht, was gegen Anstand und gute Sitten verstoßen könnte.«
    Matilda schnappte nach Luft und warf dem alten Hausdiener einen entsetzten Blick zu, doch dann nickte sie kurz.
    »Soll ich Euch begleiten, Signorina?«, fragte sie.
    »Nein. Wie ich schon sagte, wird es nicht nötig sein. Außerdem werde ich die Familie Pazzi nicht dadurch vor den Kopf stoßen, dass ich den Anschein erwecke, als würde ich eine Anstandsdame mitbringen, weil ich ihnen nicht traue.«
    Die alte Magd presste die Lippen aufeinander. Sie missbilligte Annes Entscheidung, das war ihr deutlich anzumerken, doch offensichtlich wusste sie nichts zu entgegnen.
    »Wie Ihr wünscht, Signorina«, sagte sie schließlich barsch und knickste steif. »Habt Ihr noch einen Wunsch?«
    »Nein. Oder doch.« Anne sah die Magd und den alten Hausdiener mit zusammengekniffenen Augen an. Den beiden gefiel die ganze Sache überhaupt nicht. Wahrscheinlich hätten sie sie am liebsten im Haus festgebunden. Und sie würden Giuliano alles sagen, das stand fest. Deshalb war es das Klügste, ihnen zuvorzukommen. »Enrico, schicke Giuliano einen Boten nach San Gimignano und lasse ihm ausrichten, dass Giacomo und Donna Lucia de Pazzi mich zu einem Mittagsmahl geladen haben und ich diesem Wunsch nachgekommen bin, um die Interessen der Familie Medici zu wahren. Hast du alles verstanden?«
    »Jawohl, Signorina.«
    »Gut, dann werde ich mich jetzt wieder auf mein Zimmer zurückziehen.«
    Enrico verbeugte sich, und Matilda knickste, als Anne mit hoch erhobenem Kopf an ihnen vorüberging. So gut hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt.
    Der letzte der zwölf Glockenschläge von Santa Maria del Fiore war gerade verklungen, als Anne mit der Kutsche aufbrach. Sie wurde von Matilda und Enrico verabschiedet, als würde sie eine Reise nach Sizilien antreten. Dabei lag das Haus der Pazzi im benachbarten Stadtviertel in einer Entfernung, die sie ohne weiteres zu Fuß in weniger als einer Viertelstunde gemeistert hätte. Allerdings wäre das natürlich überaus empörend gewesen. Man stelle sich vor, eine Dame aus gutem Haus würde sich allein und zu Fuß von einem Ort zum anderen begeben. Die Pazzi hätten gewiss über diesen Fauxpas die Nasen gerümpft, sie selbst hätte jede Achtung verloren, und Matilda wäre wahrscheinlich tot umgefallen.
    Anne lehnte sich gegen die harte Rückenlehne des kleinen Einspänners und dachte nach. Sie war gespannt auf das Treffen mit den beiden Pazzi. Ob sie wohl Giacomo und Donna Lucia dazu bringen konnte, über Giovannas Tod und Cosimo de Medici zu sprechen? Hatte Giuliano Recht damit, dass Cosimo Giovanna in Schande gebracht hatte? Giacomo und Cosimo waren einst enge Freunde gewesen. Ob Giacomo etwas über dieses geheimnisvolle Elixier wusste? Hatte Cosimo ihm zu einer Zeit, als sie einander noch vertrauten, davon erzählt? Wusste er, woher es kam und wie es wirkte? Und würde er wohl bereit sein, sein Wissen mit ihr zu teilen?
    »Vielleicht. Vorausgesetzt, du stellst es klug an«, sagte Anne leise zu sich selbst. Sie straffte die Schultern und

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