Verschwörung in Florenz
Stehende tun werde, damit Euch dieser Anblick erspart bleibt.« Er deutete eine Verbeugung an und lächelte. »Ruht Euch aus, wenn Ihr nach Hause kommt, und macht Euch keine Sorgen. Was auch immer geschehen mag, ich werde mich um alles kümmern.«
Die Tür schloss sich hinter ihr, und Anne ging die Straße entlang. Weit und breit war niemand zu sehen, es war eine Nacht wie die zuvor – es war still, tausende von Sternen standen an dem klaren Himmel, es war sehr kühl, und sie war froh, dass sie sich in ihren weiten Umhang einwickeln konnte und die Kapuze sie vor dem leichten Nachtwind schützte.
Sie war vielleicht fünf Minuten unterwegs, als ein leises Geräusch sie zusammenzucken ließ. Sie blieb stehen und sah sich um. Sie hatte geglaubt, hinter sich Schritte zu hören, aber in der Dunkelheit war niemand zu sehen. Vielleicht war einer der Nachtwächter an der Gasse vorbeigegangen, in der sie sich gerade befand. Oder eine Katze stöberte in den Abfällen nach etwas Essbarem. Nichts Ungewöhnliches also, nichts, wovor man sich zu fürchten brauchte. Trotzdem begann ihr Herz etwas schneller zu schlagen, und sie fragte sich, weshalb sie nicht den Weg durch die breiten Straßen genommen hatte. Dort war es nicht so dunkel und unheimlich wie hier in den engen Gassen. Dort wäre sie sicher gewesen.
Unsinn, schalt sie sich selbst, du wirst allmählich kindisch. Sie holte tief Luft und beschloss, ganz normal weiterzugehen und denselben Weg zu nehmen wie sonst auch. Er war kürzer. Bald würde sie zu Hause sein, in ihrem Bett liegen und über ihre Angst lachen.
Anne drehte sich um und erstarrte. Vor ihr, als wäre sie aus der Dunkelheit geboren worden, stand eine schwarze Gestalt. Anne hätte an eine optische Täuschung geglaubt, ein Trugbild, entstanden aus den unheimlichen Schatten in der Finsternis, die sie umgab, doch da war diese Hand, diese erschreckend reale Hand, die sich auf ihren Mund presste, um jedes Geräusch zu ersticken, das aus ihrer Kehle aufzusteigen drohte. Und da war ein kaltes metallisches Blitzen. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis sie begriff, dass diese Gestalt einen Dolch in der Hand hatte, auf dessen Klinge sich schwach das Licht der Sterne spiegelte. Doch diese Erkenntnis nützte ihr nichts mehr. Ehe sie zu einem Gedanken oder zu einer Bewegung fähig war, fuhr der Dolch auf sie herab.
Die Klinge durchschnitt den Stoff ihres Mantels und drang dann in ihren Brustkorb ein, so tief, dass sie den Widerstand des Heftes spürte. Dennoch tat es überraschend wenig weh. Müsste sie nicht teuflische Schmerzen haben? Oder war das bereits das Ende? Fühlte sie nichts, weil sie bereits tot war? Sie sah sich selbst wie in Zeitlupe zu Boden sinken. Das Pflaster war kalt und glitschig. Und es war still. Geradezu seltsam still. Nur ein merkwürdig feuchtes Röcheln und Keuchen war zu hören, als würde jemand, dessen Lungen voll Wasser waren, trotzdem versuchen zu atmen. Eine Stimme schien ihren Namen zu rufen, doch die Stimme war leise, weit entfernt. Vielleicht der Rufer am Ende des Tunnels. Aber wo war das Licht, von dem so viele sprachen? Es wurde immer dunkler. Warum nur war sie nicht den beleuchteten Weg gegangen? Jetzt würde sich Giacomo um Giuliano kümmern müssen. Und das Kind? Was würde mit dem Kind geschehen? Musste es jetzt mit ihr sterben?
Eine dunkle Gestalt beugte sich über sie, eine Gestalt in einem schwarzen Mantel mit einem Gesicht unter der Kapuze. Ein Gesicht, das sie kannte.
Anselmo, dachte sie, bevor sich alles, die Häuser, das Gesicht über ihr und sogar die Sterne in unendlicher Schwärze auflöste.
VII
Tödliche Waffe
Die Dachziegel glänzten feucht im Licht der Morgensonne, die sich langsam über den Hügeln erhob. Die Bürger von Florenz lagen noch schlafend und träumend in ihren Betten, während die Vögel den jungen Tag bereits begrüßten und aus vollen Kehlen ihren Morgengesang anstimmten.
Die Straßen, Gassen und Plätze waren still und verlassen, weit und breit war keine Menschenseele zu sehen oder zu hören. Selbst die Nachtwächter waren zu dieser Stunde bereits nach Hause zurückgekehrt. Anselmo war allein auf den Straßen, die er entlangeilte, lautlos und schnell wie ein Kater auf der Jagd. Doch er war nicht auf der Jagd, nicht mehr. Er war bereits erfolgreich gewesen und wollte nun seine Beute nach Hause bringen, seinem Herrn alles berichten.
Anselmo liebte diese frühen Morgenstunden im Frühling, wenn die Welt so jungfräulich war und alle
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