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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Lächeln und nahm seinen Stab wieder entgegen. Er war ziemlich jung.
    Vermutlich ein Student, dachte Anne.
    »Danke, dass Sie bei meiner kleinen Vorstellung mitgespielt haben. Sie haben das wirklich hervorragend gemacht. Die meisten Besucher gehen einfach weiter, wenn ich sie anspreche. Es ist ihnen wohl zu peinlich.«
    Kann ich verstehen, dachte Anne, sagte es aber nicht. »Gern geschehen«, entgegnete sie stattdessen und lächelte, als ob es zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehörte, vor Publikum aufzutreten.
    Der junge Mann zog seinen Hut und verbeugte sich wie ein Edelmann bei königlichem Hofe, und Anne machte einen dazu passenden Knicks. Dann setzte er wieder seine Augenmaske auf und verschwand zwischen den Planen der Marktstände.
    Anne sah sich um. Sie befand sich in einer Sackgasse des Marktes. Hier war es ziemlich ruhig, nur eine Hand voll Kunden stand vor den Auslagen eines Glasbläsers. Sie unterhielten sich flüsternd, als würden sie fürchten, laute Worte könnten schon ausreichen, um die zarten, kostbaren Vasen, Weingläser und Karaffen zu zerbrechen.
    Am Ende der Sackgasse stand ein kleines Zelt. Es war so unscheinbar, dass es beinahe mit der Mauer des Palazzo hinter ihm verschmolz. Kein Schmuck, kein Zierrat, kein Wappen deutete darauf hin, welche Waren oder Dienste in diesem Zelt angeboten wurden. Trotzdem fühlte sich Anne geradezu magisch angezogen. Und da die Plane einladend hochgerollt war, trat sie näher.
    Vielleicht ist es das Zelt eines Schreibers, dachte Anne, die sich daran erinnerte, dass die wenigsten Menschen im Mittelalter lesen und schreiben konnten. Wer trotzdem einen Brief schreiben wollte oder musste, war gezwungen, tief in die Tasche zu greifen, um sich der Dienste eines Schreibers zu bedienen.
    Neugierig trat sie ein. Im selben Augenblick wusste sie, dass sie sich geirrt hatte. Dies war nicht das Zelt eines Schreibers. Büschel getrockneter Kräuter hingen von den Querstangen herab, die das Dach trugen, und verbreiteten den angenehm frischen Duft von Minze und Salbei. An den Zeltwänden prangten mit blauer Farbe gemalte Symbole – stilisierte Sterne und die römischen Zahlen von eins bis zehn. Etwa ein halbes Dutzend brennende Kerzen standen auf zwei als Tische dienenden Teekisten. Auf einem Schemel saß eine Frau. Sie mochte etwa in Annes Alter sein und trug ein mittelalterliches Kostüm aus einem groben braunen Stoff. Ihre langen dunklen Haare waren zu einem Zopf geflochten, der wie ein Schiffstau schwer über ihrer linken Schulter baumelte. Dies sollte ohne Zweifel das Zelt einer Wahrsagerin darstellen.
    »Seid willkommen«, sagte die junge Frau und deutete einladend auf den Schemel, der ihr gegenüberstand. »Setzt Euch doch, Signora. Wollt Ihr einen Blick in die Zukunft werfen? Soll ich Euch Kräuter empfehlen, damit der Mann Eures Herzens Euch treu bleibt? Oder womit kann ich Euch sonst dienen?«
    Anne lachte und nahm auf dem Schemel Platz.
    »Nichts dergleichen«, antwortete sie, holte ihren Presseausweis hervor und zeigte ihn der Frau. »Ich bin Journalistin und komme aus Deutschland. Wir arbeiten gerade an einer Reportage über das Calcio in Costume und den mittelalterlichen Markt. Wären Sie bereit, mir ein bisschen über sich und Ihre Tätigkeit hier zu erzählen?«
    »Aber gerne«, sagte die Frau, stand auf und rollte die Plane vor dem Eingang herunter. »Damit wir ungestört sind«, erklärte sie und setzte sich wieder.
    »Ihr Name ist …?«
    »Arianna«, antwortete die Frau. »Wie Sie sicherlich unschwer erkennen, verkörpere ich hier auf dem Markt die ›Strega‹, die Hexe. Früher gab es auf jedem Markt eine Frau, die aus der Hand las und den jungen Mädchen und Männern Kräuter für ›Liebeszauber‹ verkaufte. Sie gehörte ebenso dazu wie die Gaukler, die Händler und die Kunden.«
    »Und was hat die Kirche dazu gesagt? Haben die geistlichen Würdenträger Wahrsagerei und Zauberei in der Öffentlichkeit denn geduldet? Ich meine, letztlich handelt es sich dabei doch um heidnische Bräuche, ›Teufelswerk‹, um es mal mit den Worten des Mittelalters auszudrücken.«
    »Natürlich gab es damals viele Dörfer und Städte, in denen sich eine Strega nicht blicken lassen durfte, wenn sie es nicht riskieren wollte, im Kerker oder gar auf dem Scheiterhaufen zu landen.« Sie lächelte. »Meinen Informationen nach traf das für Florenz jedoch nicht zu. Die Stadt soll recht tolerant in dieser Hinsicht gewesen sein. Wohl gab es auch hier immer wieder

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