Verschwörungsmelange
hier.
»Coffee, please«, herrschte der Fremde Leopold an. »Aber
rasch. Time is money.«
»Welchen Kaffee belieben zu wünschen? « ,
ließ sich Leopold nicht aus der Ruhe bringen. »Einen Braunen oder einen
Schwarzen, klein oder groß, oder vielleicht eine Melange? Bevorzugen eine
Variante mit Schlagobers oder eher eine mit Feuerwasser?«
»Einen großen Schwarzen, so schwarz wie die Bimbos am
Äquator«, polterte der Fremde. »Brown bin ich selber.« Dann lachte Joe Brown
über diesen vermeintlichen Witz so verkrampft und unbeherrscht, dass dem
pensionierten Studienrat Klampfer, der nicht weit von der Theke saß, beinahe
die ›Neue Züricher Zeitung‹ aus der Hand fiel.
Brown sah sich um, blickte auf die Billardbretter, die vom
Rauch gelblich verfärbten Tapeten, die im seligen Morgenschlummer dahindösenden
leeren Kartentische und bemerkte, während er gierig am heißen Kaffee schlürfte:
»Alt-Wiener Kaffeehaus, ja, ja. Ganz hübsch hier, really nice. Aber rentiert
sich so etwas heutzutage?«
»Freilich«, antwortete Leopold zögernd. »Was glauben Sie, was
wir manchmal Leute haben. Jetzt, wo es draußen schön ist, ist am Vormittag
freilich nicht viel los.« Er konnte sich nicht helfen, aber dieser Mensch war
ihm wirklich unsympathisch.
»Renovieren müsste man die Bude, bevor der Verputz
herunterfällt«, bemerkte Brown in überheblichem Ton und zündete sich eine
Zigarre an. »Eine Art Wiederbelebung, you understand? Diese ganzen Schnörkel
mit kleiner Brauner, großer Brauner, das ist doch Unfug, you see? Kleiner Spaß
für Touristen, aber sonst? Ab ins Museum damit.«
Er blies dem armen Leopold den Rauch ins Gesicht. Das war
also der Möbelfritze aus Kanada, der die Geschicke der Eintracht Floridsdorf
übernehmen sollte. Kein Wunder, dass sich da der Volkszorn aufgestaut hatte.
»Coffee, das reicht«, redete Brown weiter. »Coffee large,
coffee medium, coffee small, die feinste Bohne von den Niggern da unten, von
mir aus Fairtrade, und fertig ist die Sache. Und diese Zeitungen … to the hell
with the newspapers. Wer braucht so etwas? Ein paar Internetanschlüsse dort
hinten, fertig ist die Sache. Und schließlich Musik, the people love music. Da
lässt man einfach ein bisschen was los über die Lautsprecher, nicht brutal,
sondern gemütlich, that’s it.«
Selten hatte sich Leopold so sehr danach gesehnt, seinen Chef
oder seine Chefin an seiner Seite zu haben, aber offensichtlich hatten sich
beide zurückgezogen. Wollten sie etwa ungestört sein? War die alte Liebe wieder
entflammt? Egal, Brown lehnte an der Theke und streute die Asche seiner Zigarre
überallhin, nur nicht in den dafür vorgesehenen Aschenbecher.
»Bitte nicht die ganze Asche auf den Boden«, wies ihn Leopold
noch mit Zurückhaltung zurecht. »Wie schaut denn das aus?«
»Ach, lassen Sie mich doch zufrieden«, wehrte Brown ab. »Das
ist ja geradezu lächerlich, ridiculous. Ich frage mich, wie es in dieser
Bruchbude überhaupt bald ausschauen wird, wenn nichts geschieht. Da werden nur
noch die Social Outcasts hereinkommen, weil sie woanders nichts mehr kriegen,
Obdachlose, Bimbos, Asylanten. Und dann werden ganz andere Dinge auf dem Boden
liegen, believe me. Was kann man aus dem Laden machen, das interessiert mich.
Als Vereinslokal für den 1. FC Floridsdorf könnte ich es mir gut vorstellen.
Natürlich müsste ich es zuerst kaufen.«
Aha, daher wehte also der Wind. Brown suchte ein Lokal, wo er
sich mit seinem neuen Verein wichtig machen konnte. Aber da würde er bei Frau
Heller auf Granit beißen.
»Soviel ich weiß, ist das Kaffeehaus unverkäuflich«, ließ
sich Leopold zu einer Bemerkung hinreißen.
»Meinetwegen. In Europa ist immer alles unverkäuflich, das
jemandem gehört, der es nicht hergeben möchte«, sagte Brown lakonisch. »Das bin
ich schon gewohnt, das ist Business as usual. Trotzdem, vielleicht wäre Ihr
Chef doch besser beraten, mir das Lokal für eine vernünftige Summe zu
überlassen. Ist er vielleicht da?«
»Derzeit nicht zu sprechen«, blieb Leopold knapp und
bestimmt.
»Schade. Aber Sie können ihm etwas ausrichten: Ich lasse mir
von ihm einfach gewisse Dinge nicht gefallen! Viel ist für euch nicht mehr
drinnen, believe me! Die Gäste werden euch wegbleiben, und ihr werdet an eurem
eigenen Rauch ersticken. Was nicht im Guten geht, wird böse enden, des werd’n
ma scho moch’n. Ich lasse mich nicht konkurrenzieren durch kopflose Fanatiker,
die
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