Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)
hatte.
Das Schauspiel bereitete Bálint große Freude. Für eine kurze Zeit vergaß er alle Plagen. Schukuzo, der sich an die Verrücktheit des Mariasa schon gewöhnt hatte, das Wild nur sehen, aber nicht erlegen zu wollen, wurde von ihm reichlich entlohnt.
Nach vielen Tagen war er zum ersten Mal wieder guter Laune. Als sie zu zweit auf dem Rückweg beim Vizeförster ankamen, schickte Bálint Schukuzo voraus, während er mit dem anderen noch zurückblieb. Sie setzten sich auf einen gefällten Baumstamm und besprachen die Angaben, die sich auf den Kreisnotar bezogen und die András Mézes Zutor beschafft hatte. Sie prüften, wie sich Abády mit den Leuten treffen könnte, die Beschwerden vorzubringen hatten, und wann und wo sie auf solche Weise anzuhören wären, dass von den Begegnungen nichts in die Außenwelt drang. Jetzt auf dem Rückweg hatte er beschlossen, eine gute Weile im Hochgebirge zu bleiben.
Das wird das Beste sein. Hier herrscht Stille. Es gibt da keine Bekannten, denen gegenüber man gute Miene machen und höflich auftreten muss. Ein Bote Adriennes, sollte sie eine Entscheidung fällen, könnte ihn hier zu Fuß leicht erreichen. Im Freien, in der ozonhaltigen Luft, würden seine gereizten Nerven Ruhe finden. Er beschloss, sehr viel unterwegs zu sein, sich richtig anzustrengen, vielleicht ließe sich so die Schlaflosigkeit bannen, unter der er schon seit Wochen litt.
Langsam schritten sie schließlich heimwärts, blieben oft stehen und horchten. Sie vernahmen kein Röhren mehr. Vielleicht hatte der Hirsch beim Bergkamm auf die andere Seite hinübergewechselt, oder es lag am aufgekommenen Wind – das Rauschen des Tannenwalds übertönte alle anderen Geräusche. Neun Uhr war noch kaum vorbei, als Bálint unten bei seinem Zelt anlangte.
Er war gerade dabei, beim Feuer dem Speck zuzusprechen. Abermals vergegenwärtigte er sich das heutige seltene Erlebnis, als aus der Richtung des Forsthüter-Hauses Pferdegetrappel erdröhnte. Wenig später stellte sich Forstingenieur Winkler bei ihm ein. Ein unerwarteter Besucher. Bálint hatte geglaubt, Winkler halte sich in Béles auf. Davon, dass er einen Abstecher hierher machen sollte, war nie die Rede gewesen. Er meinte jetzt deshalb, den anderen habe es zufällig in die Gegend verschlagen. Doch als er ihn anblickte, erkannte er sogleich, dass ihn etwas Schwerwiegendes hergeführt hatte. Géza Winklers Miene wirkte finster und beleidigt. Bálint fragte daher gleich nach den üblichen Begrüßungen: »Was ist los? Etwas nicht in Ordnung? Was ist passiert?«
Winkler fasste seinen Zwicker, kniff damit zweimal seine Nase zwischen den Augen – dies war seine Gewohnheit, wenn er zürnte – und begann zu reden. Seine Worte klangen frostig und gemessen.
»Nicht in Ordnung? Nein, keineswegs. Es ist höchstens eine kleine Überraschung. Und ich kann kaum annehmen, dass Sie, Herr Graf, nichts davon wissen, wo Sie doch, soviel ich weiß, über den Forstbetrieb verfügen.«
So viel sagte er und verstummte.
»Worum geht es? Ich verstehe nicht. Worüber sprechen Sie?«
Anstelle der Antwort entnahm der Ingenieur seiner Manteltasche einen grauen Umschlag, und mit einer zornigen Geste überreichte er ihn Abády.
»Lesen Sie das, bitte«, sagte er und drehte das Gesicht ab.
Es war ein Brief, den Ázbej unterzeichnet hatte. Eine Kündigung. Gräfin Abády, hieß es darin, entlasse Winkler aus dem Dienst. Doch damit nicht genug. Der letzte Satz bedeutete auch noch anderes. Da stand geschrieben, dass der Anstellungsvertrag des Forstingenieurs erst Ende nächsten Jahres auslaufe und dass er angesichts dieses Tatbestands angewiesen werde, von jetzt an jedweden Bericht dem Büro der Gräfin zuzustellen, so wie er auch alle weiteren Anweisungen direkt von dort erhalten werde. Hieran habe er sich zu halten.
Die Welt verfinsterte sich vor Bálint. Da wurde der Laufpass nicht nur Winkler gegeben, den er eingestellt hatte, sondern auch ihm selber. Die Mutter verbannte ihn nicht nur von Dénestornya, sondern auch aus dem Gebirgsgut, das er saniert und gewinnbringend gemacht hatte. Und Ázbej stürzte sich gleich auf die Gelegenheit, um den Forstingenieur, einen anständigen und vorzüglich bewährten Mann, hinauszuwerfen. Bálints Verbannung sollte damit verschärft werden. Und Ázbej machte sich den Zorn der alten Frau zunutze, da er den Braten roch.
Lange brachte er kein Wort heraus. Zuletzt gab er den Brief zurück.
»Haben Sie, bester Herr Ingenieur, den letzten Satz da
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