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Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Verschwundene Schätze: Roman (German Edition)

Titel: Verschwundene Schätze: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Hilfsangebot nicht zurückgewiesen hätte? Vielleicht würde er jetzt in Paris oder in London leben als Leiter eines riesigen Unternehmens, er stünde im Mittelpunkt und wäre, von der Welt bewundert, ein führender Geist in Wissenschaft und Großindustrie, dachte Bálint, während Jópál die Fragen eines ministeriellen Beamten noch mit einigen Auskünften beantwortete; dann verstummte er und setzte sich unter die schwarzen Männer, die oben auf dem Podium starr und gleichförmig eine unbewegliche Reihe bildeten. Es gab in diesen dunklen Leuten in der Tat eine innere, ernste Würde, und Jópál unterschied sich nicht von ihnen, er war einer von sechzehn.

    Am Abend fand ein großes Bankett mit Trinksprüchen statt. Mit viel Wein und Zigeunermusik. Die patriotischen Verdienste eines jeden wurden kreuz und quer über den Tisch gewürdigt. Man vergaß niemanden. An lobenden Worten und verklärenden Adjektiven reichte es für alle. Vom Beauftragten des Ministers bis zum Experten der Baris-Schweine erlangte jeder den Ruhmeskranz. Einzig Jópál und die Köhler sowie Bálint Abády waren nicht mehr dabei. Jene rumpelten mit ihren kleinen Wagen ihres Wegs zurück ins Hargitagebirge, während Bálint sich einen Fuhrmann nahm und in der Abenddämmerung den Heimweg antrat. Er wollte bei Einbruch der Nacht in Schäßburg ankommen, wo er ein gut geführtes Hotel kannte. Er hegte bittere Gefühle. Ihm schien, jede seiner Unternehmungen sei hoffnungslos. Allerdings musste er bekennen, dass er seinen Auftritt tatsächlich ungeschickt gestaltet hatte. Wie nur hatte er sich vorstellen können, dass sich so viele fremde Begriffe ohne jede Vorbereitung und ohne volkstümliche Erklärung einem Publikum zumuten ließen, dem solche Dinge völlig unvertraut waren? Er hätte schon viel früher eine Broschüre verfassen und an alle verschicken sollen, vielleicht wäre es auch richtig gewesen, in einer Zeitung einige Artikel zu publizieren, statt mit dem Thema hier Hals über Kopf herauszurücken. Kann sein, dass man ihm in einem solchen Fall aufmerksam zugehört hätte. Doch so? Und all die langweiligen Zahlen und hingeworfenen Gesetzeszitate? … Er konnte für das Fiasko wirklich nur sich selbst verantwortlich machen. Recht geschah ihm! Und doch wurmte ihn der Vorfall sehr, vorab der Angriff des großen Barra, den zu beantworten er am Ende sich noch gescheut hatte! Solche Leute bekommen bei uns Hochrufe!
    Der Kutscher fuhr mit dem Mietwagen langsam durch die nun schon stillen Dörfer. Es war ein schöner Herbstabend mit mildem Wetter; ein wenig sah es nach Regen aus. Hier hatte ihr Weg gestern Nachmittag vorbeigeführt, als sie in einer langen Wagenkolonne daherkamen: Auf allen Dächern flatterten die Fahnen, Reitergruppen in ungarischer Tracht trabten an der Spitze des Zugs von einem Dorf zum anderen, auf jedem Marktplatz hielt man Ansprachen mit allen fälligen Phrasen über die Rettung des Vaterlands, und stümperhafte Kapellen stimmten bei der Weiterfahrt feurig den Rákóczi-Marsch an. Nun lagen die Häuser im Dunkeln, in kleinen Fenstern blinkte nur hier und dort schwaches Licht. Auf den Straßen ließ sich niemand blicken. Die Leute schliefen bereits. Erwachen würden sie nur, wenn es gelten sollte, bei der Rückkehr der Kongressteilnehmer erneut einen zu feiern, den großen Barra oder gar Marót Kuthenváry …
    Wie er sich da in seinem Pelz zurücklehnte und halbwegs schlummerte, zogen an ihm Erinnerungen an die Herfahrt vorbei. Seine Gedanken flatterten weiter zurück, ungewisse Bilder türmten sich vor ihm auf … Der rumänische Priesterseminarist in Balázsfalva, er hatte die nach Kronstadt reisenden Popen offensichtlich erwartet. Wie hasserfüllt er blickte … Einem der Ankömmlinge hatte er einen kleinen Zettel übergeben. Er wusste also, dass die anderen die Reise unternahmen. Auch jene wussten, dass sie irgendeine Nachricht, ein Schreiben bekommen würden. Er übergab es wortlos, und ebenso wortlos wurde es entgegengenommen. Grau, bescheiden in der dritten Klasse, unbemerkt reisten sie ihrem Ziel entgegen, so fuhren sie nach Kronstadt. Dort folgt nur noch ein Berggrat, und auf der anderen Seite liegt schon Rumänien. Ein Fußweg von einigen Stunden im unbewohnten Hochgebirge. Jenseits der Grenze gibt es lauter abschüssige Hänge. Dann kommt Sinaia … ein Weg von nur ein paar Stunden … Ach, närrisches Zeug! Der alte Timişan hatte doch gesagt: »Wir haben eine kleine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten

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