Versprechen eines Sommers
Mutter zu Begeisterungsstürmen hinreißen würde. Sie würde mich lieber im diplomatischen Dienst oder so sehen, irgendetwas Aufregendes.“
„Es ist doch aber dein Leben, und damit auch deine Entscheidung.“
„Na ja, nicht so ganz. Ich hasse es, meine Mutter zu enttäuschen. Ich hab’s noch nicht mal meinem Therapeuten erzählt.“
Er kicherte. „Du hast immer noch einen Therapeuten?“
„Immer. Und wie du sicher schon bemerkt hast, liebe ich es, zu reden. Dr. Schneider ist wie ein Freund, der stundenweise bezahlt wird.“
„Ich würde umsonst dein Freund sein“, sagte er.
Da war es wieder, dieses Lächeln. Es blitzte ihn durch die Dunkelheit an, ein wenig schüchtern, ein wenig süß. „Danke“, sagte sie. „Das bedeutet mir eine Menge, Connor. Ich hatte nie viele Freunde.“
Auch wenn ein paar Jahre vergangen waren, hatte Connor immer noch das Gefühl, mit ihr reden zu können. Als sie jünger waren, fand er sie herrisch und nervig, aber er hatte schnell gelernt, dass ihre herrische Art nur Fassade war. Darunter hatte sie ein gutes Herz und einen umwerfenden Sinn für Humor. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass man davon nicht genug haben konnte.
Er mochte auch ihr Schweigen. Er hatte nie das Gefühl, als müsste er die Lücken in ihren Unterhaltungen mit Small Talk füllen. Mit Lolly konnte er still sein, und sie gab ihm nie das Gefühl, er müsse versuchen, sie zu küssen oder an ihr Höschen zu kommen. Er hatte nichts dagegen, zu küssen und flachgelegt zu werden, ganz im Gegenteil. Auf dem Gebiet hatte er bisher viel Glück gehabt. Aus welchem Grund auch immer war es ihm nie schwergefallen, bei den Mädchen gut anzukommen.
Die Herausforderung lag vielmehr darin, etwas mit Bedeutung zu finden.
Vielleicht sollte es aber auch keine Bedeutung haben. Vielleicht war das einfach nur Schwachsinn aus Büchern und Filmen.
Er mochte es, dass Lolly ehrlich zu ihm war. Und dass er ihr gegenüber genauso ehrlich sein konnte. Es gab nicht viele Menschen in seinem Leben, mit denen er reden konnte, aber sie war eine davon. „Ich habe noch einen Grund, warum ich diesen Sommer wieder hier bin“, gestand er.
„Und der wäre?“
„Mein kleiner Bruder.“
Er hörte, wie sie überrascht einatmete. „Ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast.“
„Julian ist acht. Er ist bei den Fledglings. Julian Gastineaux.“
Ihr Gesichtsausdruck war drollig. „Den Jungen habe ich heute gesehen – er ist vom Baum aus ins Wasser gesprungen.“
„Das ist er.“ Connor nickte. Julian kletterte immerzu auf Sachen, wo er nicht hingehörte. Kein Wunder, dass er seine Mutter wahnsinnig machte. Connor nahm an, dass diese Taktik genauso viel Sinn ergab wie seine Versuche, der gute Junge zu sein, keinen Ärger zu machen, gute Noten zu kriegen. Keine der beiden Methoden war geeignet, ihre Liebe zu gewinnen. Er hatte sich vor einer ganzen Weile damit abgefunden, aber er erinnerte sich noch gut daran, wie sehr es wehgetan hat, damals, als er noch dachte, es wäre möglich, sie dazu zu bringen, ihn zu lieben. Julian war vermutlich immer noch in diesem Stadium, und ganz offensichtlich machte ihn das verrückt.
„Ich hätte euch nie für Brüder gehalten“, gab Lolly zu.
Er grinste. „Das hören wir oft.“
„Ihr seht euch gar nicht ähnlich.“ Lolly versuchte offensichtlich, diplomatisch zu sein. „Ihr müsst … Halbbrüder sein?“
„Stimmt. Sein Dad ist Afroamerikaner, meiner ist …“ Ein Säufer. „Meiner nicht.“
Sie knuffte ihn in den Oberarm. „Ich kann nicht glauben, dass du nie etwas gesagt hast.“
„Ich war elf, als Julian geboren wurde“, erzählte er. „Für mich war nichts Ungewöhnliches an ihm. Er war nur ein Baby, weißt du? Dann tauchte Julians biologischer Vater auf und ich dachte, verdammt. Das Kind ist ja halb Afroamerikaner.“
„Was ist passiert?“, hakte Lolly nach. „Warum hat deine Mutter euch nicht zusammen aufwachsen lassen?“
„Mir hat das damals keiner erklärt. Als Julian ungefähr sechs Monate alt war, hat meine Mutter angefangen, sich mit Mel zu treffen. Er hat sie überzeugt, dass sie sich kein zweites Kind leisten könnte und Julian besser dran wäre, wenn er bei seinem Vater aufwüchse.“
Connor merkte, dass die Erinnerung daran immer noch die Macht hatte, ihm wehzutun. Als Gastineaux kam, um Julian abzuholen, war der Kleine alt genug, um herumzurobben und Connor anzulachen und Geräusche von sich zu geben. Und Connor hatte ihn mit einer stürmischen,
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