Verstoßen: Thriller (German Edition)
sein.
Er stieg die wackligen Stufen wieder hinauf. Ganz oben, direkt hinter der Tür, befand sich ein Lichtschalter. Als er ihn umlegte, ging unten eine Lampe an.
Erneut polterte er die Treppe hinunter. Der Kellerraum war
knapp fünf mal fünf Meter groß. Von der Decke hing eine nackte Glühbirne herunter, die ein gelbliches Licht verbreitete. Auf dem Boden lagen alte, gebrannte braun-orangefarbene Fliesen kreuz und quer durcheinander. An den Wänden Holzregale mit Konserven und Einweckgläsern. Den vergilbten Etiketten und Spinnweben zufolge standen die dort schon eine ganze Weile.
Eine Tür links neben der Treppe zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie sah relativ neu aus. War anscheinend aus Metall. Schloss fugendicht an den Rahmen an. Keine Klinke, bloß ein Zylinderschloss.
Eine Zelle?
Rasch blickte er sich um, konnte aber wieder keinen Schlüssel entdecken. Aufdrücken ließ sich die Tür ebenfalls nicht, so kräftig er auch die Hände gegen das Metall stemmte. Er fing an, zwischen den Weckgläsern zu suchen und sie hin und her zu schieben, wobei zwei herunterfielen und auf dem Boden zu Bruch gingen. Der Geruch verdorbener Früchte stieg ihm in die Nase. Kein Schlüssel.
Wer den hatte, konnte er sich allerdings denken.
Er drehte sich um, und jeweils drei Stufen auf einmal nehmend, sprintete er die Treppe wieder hinauf, stürzte durch die Küche und den Raum mit dem Esstisch auf den Flur hinaus und blieb im Rahmen der Eingangstür stehen. Die Sonne brannte erbarmungslos auf den Hof herab. Dunkle Flecken tanzten ihm vor den Augen.
Während er seinen Augen Zeit gab, sich an die Helligkeit zu gewöhnen, spitzte er die Ohren. Es konnte immer noch sein, dass plötzlich eine weitere Person auftauchte. Thierry hatte von zwei Männern und zwei Autos gesprochen, aber bisher hatte er lediglich den Renault 21 gesehen und dessen Fahrer, den Monoprix-Mann. Wenn der zweite Kerl sich jetzt nicht im Keller befand, konnte er jederzeit noch kommen. Wenn er ausgerechnet
jetzt auf den Hof eingebogen käme, würde es ziemlich brenzlig.
Er spurtete auf die andere Seite hinüber und beugte sich über den Toten, dessen Oberkörper noch immer von dem Brombeerstrauch gestützt wurde. Der Unterkiefer war leicht abgesackt, die Augen halb geschlossen, als ob der Mann in Traumgefilden weilte. Die fahle Haut und der unregelmäßige, dunkelrote Fleck auf seinem Hemd, etwa auf Höhe des Zwerchfells, zeigten allerdings deutlich, dass dieser Mann nicht schlief.
Die grünen Mistfliegen hatten ihn auch bereits gefunden. Giftig summten sie um Maier herum, als dieser den Toten an den Beinen von den Sträuchern wegzog. Gehetzt schaute er sich um und horchte noch einmal in die Ferne. Nichts, lediglich das Gesumme der Fliegen und das monotone Dröhnen von der Autobahn in der Ferne.
Er zerrte die Leiche über den Hof in den Flur und ließ den Oberkörper dort mit einem dumpfen Laut auf die TerrakottaFliesen fallen. Von der Anstrengung war er außer Atem geraten, und er schwitzte. Draußen herrschten mindestens dreißig Grad. Hier drinnen hingegen war es relativ kühl.
Er kniete sich neben den Mann auf den Boden und fing an, dessen Hosentaschen zu durchsuchen. Die Fliegen summten wie wild um seinen Kopf. Er fand eine Packung Kaugummi und einen Autoschlüssel mit Renault-Logo. Dann ein Handy. Er drehte den leblosen Körper auf die Seite. Die Rückseite des Hemdes war fast komplett dunkelrot eingefärbt. Es wies ein Loch von der Größe eines Tischtennisballs auf. Das .45er-Geschoss hatte das weiche Gewebe durchquert, rollend und kippend, und hatte auf seinem mörderischen Weg nach draußen eine enorme Verwüstung angerichtet.
Rasch warf Maier einen Blick nach draußen. Auf der kleinen Stufe vor der Haustür war eine rote Schleifspur zu erkennen, und auch auf der Schwelle klebte Blut.
Es war die reinste Sauerei.
Hoffentlich kommt jetzt niemand.
Bloß nicht jetzt.
Er drehte die Leiche noch weiter um. Plötzlich gab der leblose Körper einen Laut von sich, der aus dem Bauch zu kommen schien, eine Art tiefes Seufzen. Maier zog die Hände zurück, als hätte er einen Stromstoß bekommen. Wie in Zeitlupe rollte der Mann von selbst wieder auf den Rücken. Sein Mund stand nun sperrangelweit offen, der Unterkiefer lag auf der Brust. Unter den halb geschlossenen Lidern lugten zwei graue Augen hervor, starrten blind an die Decke.
Der Kerl ist mausetot, sagte Maier zu sich selbst. Der kann keinen Mucks mehr von sich geben.
Er überwand seinen
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