Verstrickung des Herzens
befürchtet hatte — James auf dem Schlachtfeld zu finden, verwundet oder tot. »Jetzt können wir's nicht mehr ungeschehen machen«, seufzte er, dann wandte er sich zu Major Harrington und Dr.
Brandeis, die das Schiff soeben verlassen hatten. »John!« rief er in strengem Ton.
Harringtons Gesicht lief feuerrot an. »Glaub mir, Jarrett, ich hatte nicht vor, sie mitzunehmen.«
»Aber ich war verdammt froh, als sie an Bord kam.« Grinsend schüttelte der Doktor Jarretts Hand. »Miss Warren half mir und bewies, wie tüchtig sie ist. Ihrer Umsicht und Vernunft haben wir's zu verdanken, daß ein oder zwei arme Teufel, die jetzt in der Kabine liegen, ihre schlimmen Wunden überleben werden.«
»Wenn Umsicht und Vernunft genügen würden, wäre dieser Krieg längst beendet«, meinte Jarrett und starrte sie an, immer noch vorwurfsvoll.
»Komm, Teela!« drängte Tara und umfaßte energisch ihren Arm. »Jetzt brauchst du erst mal ein heißes Bad und eine Tasse Tee. Bleibst du hier, John?«
»Nein, Tara. Zunächst versorgen wir unsere Verwundeten, so gut wir können, und abends segeln wir nach Tampa Bay. Die meisten Männer müssen ins Fort Brooke-Lazarett gebracht werden.«
»Meine liebe Miss Warren ...«, begann Dr. Brandeis und verneigte sich vor Teela. »Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf — ich finde Ihre Anwesenheit auf dem Schlachtfeld viel nützlicher als gewisse Aktivitäten Ihres Vaters ...«
John trat ihm auf die Zehen, und der gute Doktor stöhnte gespielt auf. »Das dürfen Sie in alle Welt hinausposaunen, falls Sie vors Kriegsgericht gestellt oder eine Kugel in den Rücken kriegen wollen!«
Doch der Arzt besaß ein unerschütterliches Selbstvertrauen. »Adieu, schöne Lady!« Galant küßte er Teelas Hand. »Wenn Sie jemals wieder geneigt sind, unsere armen Patienten zu betreuen, würde ich mich sehr über Ihren Beistand freuen.«
»Vielen Dank.« An diesem Tag hätte sie nicht gedacht, daß ihr irgend jemand ein Lächeln entlocken würde.
»Auf Wiedersehen, meine Liebe, und nimm dich in acht«, bat John und hauchte einen Kuß auf ihre Stirn.
»Vielleicht findest du etwas später Zeit, uns im Haus zu besuchen, John«, schlug Jarrett vor.
»Mal sehen — danke.«
Während der Major mit Joshua Brandeis an Bord zurückkehrte, stiegen Tara und Teela den Hang hinauf. Jarrett blieb nachdenklich am Kai stehen.
Auf der Veranda angekommen, drückte Tara ihren Schützling in einen Schaukelstuhl. »Du zitterst ja am ganzen Körper. Ruh dich ein bißchen aus. Inzwischen lasse ich ein Bad für dich vorbereiten. Dein Kleid ist völlig ruiniert. Diese Blutflecken kann man nicht mehr entfernen.«
»Das spielt keine Rolle.«
»Natürlich — was ist schon ein Kleid, verglichen mit dem Leben, das du gerettet hast?«
Tara eilte in die Halle, und Teela betrachtete die Farbenpracht des Sonnenuntergangs am Horizont. Nach einer Weile stieg Jarrett die Verandastufen herauf und ging wortlos an ihr vorbei. Von neuen Schuldgefühlen geplagt, stand sie auf und folgte ihm ins Haus. Da sie ihn im Salon nicht antraf, klopfte sie an die Bibliothekstür und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten. Er stand vor dem Kamin, drehte sich nicht um. Offensichtlich hatte er mit ihr gerechnet.
»Schließ die Tür, Teela.« Als sie gehorchte, wandte er sich zu ihr. »Welche Absichten hegst du eigentlich, was meinen Bruder betrifft?«
»Wie bitte?« wisperte sie.
»Treibst du irgendein Spiel mit ihm?«
»Verzeih mir, Jarrett, solltest du diese Fragen nicht lieber deinem Bruder stellen?«
»Unter normalen Umständen — vielleicht. Aber diese Zeiten sind nicht normal. Mein Bruder ist ein Halbindianer und zwischen zwei Fronten geraten. Jeden Tag könnte ihn eine der beiden Parteien töten. Deshalb muß er sich im Wald oder im Sumpf verstecken. Um zu überleben, braucht er seinen klaren Verstand, und er darf sich nicht von einer jungen Frau ablenken lassen, die ein romantisches kleines Abenteuer mit einer faszinierenden Rothaut sucht. Also frage ich noch einmal. Was hast du mit James vor?«
Unbehaglich wich sie seinem Blick aus. »Ich suche kein >kleines< Abenteuer.«
»Und warum bist du wie eine kopflose Närrin ins Gewehrfeuer gerannt.«
»Weil ich wissen mußte, ob er ...«
»War's das wert? Die Sorge, die du uns bereitet hast? Die Vergeltungsmaßnahmen deines Vaters, falls er davon erfährt?«
»Ja!« rief sie. »Ja! Ja! Ich habe James gesehen und mich vergewissert, daß er am Leben ist — und unverletzt!«
Verblüfft
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