Versuchung Pur
sich vorgebeugt, die Füße in die Luft geschwungen und machte einen Kopfstand vor Eden. »Na, was sagen Sie dazu?«, fragte sie durch zusammengebissene Zähne. Ihr herzförmiges Gesicht lief vor Anstrengung rot an.
»Das ist großartig!«
»Ich hab geübt.« Mit einem lauten »Uff« ließ Roberta sich aufs Gras fallen. »Wenn meine Mom mich jetzt fragt, was ich im Camp gelernt habe, dann kann ich ihr den Kopfstand zeigen.«
Eden konnte nur hoffen, dass Mrs. Snow auch noch weitere Details von ihrer Tochter hören würde. »Sie wird bestimmt beeindruckt sein.«
Lang auf dem Gras ausgestreckt, die Arme weit zur Seite gelegt, schaute Roberta zu Eden auf. Sie wünschte, sie hätte so schönes blondes Haar. »Sie sehen richtig hübsch aus, Miss Carlbough.«
Gerührt und überrascht streckte Eden die Hand aus, um Roberta beim Aufstehen zu helfen. »Danke, Roberta. Du aber auch.«
»Oh, ich bin nicht hübsch. Aber ich werde eines Tages hübsch sein, wenn ich erst Make-up tragen darf und damit meine Sommersprossen abdecken kann.«
Eden fuhr mit dem Daumen über die Wange des Mädchens. »Viele Jungs mögen Sommersprossen.«
»Schon möglich.« Mit einem achtlosen Schulterzucken verstaute Roberta diese Information, um später darüber nachzudenken. »Ich glaube, Sie haben eine Schwäche für Mr. Elliot.«
Eden steckte die Hände zurück in die Taschen ihrer Shorts. »Eine Schwäche?«
»Sie wissen schon.« Roberta beschloss zu zeigen, was sie meinte. Sie seufzte und klimperte hektisch mit den Wimpern. Eden wusste nicht, ob sie lachen oder das kleine Monster doch lieber in den See schubsen sollte.
»Das ist ja lächerlich.«
»Heiraten Sie ihn?«
»Ich weiß wirklich nicht, wie du auf solch unsinnige Ideen kommst. Jetzt marsch, ab ins Boot. Die anderen sind alle bereit.«
»Meine Mom sagt, dass die Leute heiraten, wenn sie eine Schwäche füreinander haben.«
»Deine Mutter hat sicher recht.« Eden half Roberta ins Ruderboot, wo Marcie und Linda bereits warteten. »In diesem Falle jedoch muss ich sagen, dass Mr. Elliot und ich einander kaum kennen.« Sie richtete sich auf. »Leg die Schwimmweste an.«
»Mom sagt, Daddy und sie haben sich auf den ersten Blick ineinander verliebt.« Roberta schlüpfte gehorsam in die Weste, auch wenn sie persönlich es für völlig unnötig hielt. Sie konnte nämlich bestens schwimmen. »Sie küssen sich auch ständig.«
»Das ist sicher nett. Und jetzt …«
»Früher hab ich immer gedacht, dass das eklig ist, aber ich glaube, das ist schon okay so.« Roberta setzte sich auf die Bank und lächelte strahlend. »Nun, wenn Sie Mr. Elliot nicht heiraten wollen, dann tu ich’s vielleicht.«
Eden war damit beschäftigt, die Ruder einzuhängen, jetzt schaute sie auf. »So?«
»Ja. Ich meine, er hat diesen süßen Hund und all die vielen Apfelbäume.« Roberta zog sich ihre Kappe tiefer in die Stirn. »Und er sieht auch irgendwie toll aus.«
Die anderen beiden Mädchen brachen in zustimmendes Gekicher aus.
»Wenn du es so siehst, dann ist es schon eine Überlegung wert.« Eden begann zu rudern. »Das kannst du dann ja mit deiner Mom besprechen, wenn du wieder zu Hause bist.«
»Klar, mach ich. Darf ich zuerst rudern?«
Eden konnte nur dankbar sein, dass die Gedanken des Mädchens ebenso schnell herumhüpften wie sie selbst. »Einverstanden. Du und ich rudern zum anderen Ufer, und Marcie und Linda rudern dann wieder zurück.«
Mit etwas Mühe hatte Roberta Edens Rhythmus endlich erkannt und passte sich an. Als das Boot über das Wasser glitt, kam Eden der Gedanke, dass sie hier mit denselben drei Mädchen im Boot saß, mit denen das Abenteuer im Apfelhain angefangen hatte. Sie lächelte still vor sich hin und ließ ihre Gedanken schweifen.
Was, wenn sie nicht auf den Baum geklettert wäre? Unwillkürlich fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen, glaubte, Chases Lippen auf ihren zu fühlen. Wenn sie noch einmal in die gleiche Situation käme, würde sie dann die Beine in die Hand nehmen und in die andere Richtung davonrennen?
Für eine Sekunde schloss sie die Augen. Die Sonne malte einen roten Schimmer hinter ihre Lider. Nein, sie würde nicht wegrennen. Sich das einzugestehen, dessen sicher zu sein, festigte ihr Selbstvertrauen. Vor Chase wäre sie niemals weggerannt. So wie sie nie wieder in ihrem Leben vor etwas wegrennen würde.
Ja, vielleicht hatte sie wirklich eine Schwäche für ihn, wie Roberta es ausgedrückt hatte. Und vielleicht sollte sie dieses kleine
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