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Versuchung

Versuchung

Titel: Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Maibach
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Ufer und sah ihm eine Weile stumm zu.
Schließlich kam er zu mir, ließ sich neben mir nieder und betrachtete seine
Hände.
      „Es tut mir leid,
dass du das mit ansehen musstest.“
      Ich schüttelte
langsam den Kopf.
      „Es muss sehr
schlimm für dich sein. Ich kann nur erahnen, was du durchmachst.“
      „Ich kann mich
danach immer nur bruchstückhaft erinnern.“
      „Aber Banshee
meinte, dass es besser wird.“
      Er nickte langsam.
„Das hoffe ich auch.“
      Ich konnte sehen,
wie schwer es ihm fiel, mit mir darüber zu sprechen. Es war ihm unangenehm,
diese unkontrollierbare Seite in sich zu tragen, und sie machte ihm offensichtlich
schwer zu schaffen.
      Ich blickte ihn an;
sein wunderschönes Gesicht, auf dem ein gequälter Ausdruck lag, die tiefgrünen
Augen, die mich oft so durcheinander brachten ... Gerade eben waren sie
vollkommen schwarz gewesen, genau wie damals als er sich in der Eingangshalle
der Schule verwandelt hatte.
       „Warum waren deine
Augen zuvor so dunkel?“
     Er sah mich an,
während er mir antwortete: „Wenn ich den Bezug zu mir selbst verliere und nur
noch von dieser anderen Seite beherrscht werde, verändern sie sich und werden
so, wie du es schon mehrfach gesehen hast.“
    So etwas hatte ich
bereits geahnt …
      Ich umarmte ihn und
sagte: „Du musst dich nicht schlecht fühlen. Ich weiß, dass du uns nie etwas
getan hättest. Du wolltest uns retten, nur darum ist es geschehen.“
      Er blickte mich
verwundert an, als er erkannte, dass ich trotz allem keine Angst verspürte. Ich
konnte mir das selbst nicht ganz erklären, denn sein Anblick war wirklich erschreckend
gewesen. Dennoch wusste ich mit absoluter Gewissheit, dass nie eine Gefahr von
ihm ausgehen würde.
      „Wer weiß,
vielleicht war es ja jetzt auch schon das letzte Mal und es geschieht nie
wieder“, sagte ich.
      Er schenkte mir
dieses unvergleichliche schiefe Lächeln, das ich so sehr liebte, und
antwortete, während er mir langsam durchs Haar strich: „Ja, wer weiß. Ich
hoffe, dass du recht hast.“
      „Es muss schwer für
dich gewesen sein, die ganze Zeit in dieser fremden Gestalt zu stecken“, fuhr
ich langsam fort. „Ich meine vor allem deine Zeit in Necare.“
      Er schwieg kurz,
sagte dann aber: „Solange man in diesem anderen Körper steckt, geht es
eigentlich.“ Er lächelte. „Wenn man mal davon absieht, dass man immer mehr von
seiner Kraft einbüßt.“
      Ich sah ihn fragend
an: „Wie meinst du das?“
      „Ein Dämon kann drei
verschiedene Gestalten annehmen. Die menschliche, die einer Hexe und eben seine
eigentliche, die dämonische. Dies dient der Anpassung, damit er sich in den
anderen Welten zurechtfindet und nicht auffällt. Darum gibt man für diesen
Zeitraum einen großen Teil seiner magischen und körperlichen Kraft auf. Man
verliert mit der Zeit immer mehr davon, bis man das Niveau erlangt hat, das in
der jeweiligen Welt üblich ist. Ist dieser Zustand irgendwann erreicht, ist er
unumkehrbar.“
    Das bedeutete also,
wenn er eine menschliche Gestalt annahm …
      „In Morbus verliert
der Dämon irgendwann all seine Kräfte?“
      Er nickte. „Es
dauert natürlich eine ganze Weile, aber schließlich wird es innerhalb von ein
paar Wochen, Monaten oder Jahren geschehen. Meine Mutter hatte davor immer sehr
große Angst, weshalb wir versucht haben, nie allzu lange dort zu bleiben.“
      Ich nickte langsam.
Es musste ein schreckliches Gefühl sein zu spüren, wie man immer schwächer
wurde. Seit ich selbst über Magie verfügte, fühlte ich sie zu jedem Zeitpunkt.
Sie war ein Teil von mir. Würde ich sie verlieren, verschwände damit auch etwas
von mir.
      „Hey, wo seid
ihr?“, hörten wir Banshee rufen. „Kommt schon, wir müssen langsam weiter!“
      Devil sah mich noch
einmal intensiv an, stand dann auf und reichte mir seine Hand: „Lex hat recht,
lass uns zurückgehen.“
      Ich nickte und folgte
ihm.

 
Dunkle Ahnung
     
    „Warum machen wir denn
jetzt schon wieder halt?“, fragte Marid mürrisch, als Devil seinen Rucksack ablegte
und auf den breiten, tosenden Fluss zuhielt.
      „Ich bin gleich
wieder da“, entgegnete er und ging am Ufer in die Hocke, um seine Hand in das
Wasser zu tauchen. Ich hatte das bereits einige Male gesehen, immer dann, wenn
wir an einem Fluss vorbeigekommen waren. Warum er das allerdings tat, war mir
bisher noch nicht klar.
      Er erhob sich und lächelte,
während er auf das Wasser sah. „Wurde aber auch Zeit“,

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