Versuchung
und
berichtet dem Kaiser davon.“
Lilith schien hin-
und hergerissen. Neben der Freude darüber, dass ihr Kind noch am Leben war,
konnte ich ihrem Gesichtsausdruck auch Trauer und Angst entnehmen. Angst vor dem,
was ihrem Sohn von nun an wohl alles bevorstehen würde.
Das Bild vor mir wurde
unscharf, verschwamm und formte sich neu. Ich hatte den Schrecken und das Entsetzen
über das eben Gesehene noch nicht überwunden, da fand ich mich bereits in einem
anderen Zimmer wieder. Es lag im Dunkeln, doch das Mondlicht, das durch das Fenster
hereinstrahlte, spendete ein wenig Licht. Der Raum wirkte eher karg. Die
steinernen Wände verliehen ihm eine eisige Kälte, die wenigen Möbel wirkten
alt, aber wertvoll. Am Fenster konnte ich ein Bett ausmachen, in dem ein
kleiner Junge von vielleicht vier Jahren lag. Er schien tief und fest zu
schlafen. Ich erkannte sofort, dass es sich erneut um Devil handelte.
Ein leises Geräusch,
das von oben zu kommen schien, ließ meinen Blick Richtung Decke wandern. Ich
sah einen grauenhaft anmutenden Dämon, der langsam die Wand am Kopfende des
Bettes hinunterkroch. Sein Kopf war schmal, die Vorderfüße kurz, aber stark,
und seine fahle Haut warf bei jedem Schritt Falten. Seine spitzen Zähne
klapperten erwartungsvoll, als er sich auf das schlafende Kind stürzte. Schlagartig
riss Devil die Augen auf, ließ seine Hand erglühen und warf einen Zauber nach
dem Angreifer, der daraufhin schreiend in Flammen aufging und zu einem zähen Haufen
zusammenschmolz.
Devil ließ die Hand
sinken, bettete seinen Kopf zurück auf das Kissen und schloss die Augen. Kurz
darauf schlief er wieder tief und fest, als sei nichts geschehen.
„Chamus wollte,
dass Devil von klein auf das Kämpfen lernte. Er schickte darum oft, gerade nachts
oder in unerwarteten Momenten, gefährliche Dämonen zu ihm. Er sollte seine
Angst verlieren, ständig auf Angriffe gefasst sein und lernen, keinerlei
Mitleid zu empfinden. Weder für ihn noch für seine Gegner“, erklärte Alron,
während sich das Bild vor uns allmählich auflöste.
Erst jetzt begriff
ich, welch schreckliche Kindheit er durchgemacht hatte. Ich wollte mir nicht
einmal vorstellen, wie es sein musste, so aufzuwachsen.
Vor uns erschien nun eine
große, schwere Eisentür. Alron schritt darauf zu und ich folgte ihm langsam. Wir
traten hindurch und gelangten in einen großen Raum, der von Fackeln und
Feuerschalen erhellt wurde.
Auf einem schweren
Thron saß eine Gestalt in einer bordeauxfarbenen Kutte. Mir wurde heiß und
kalt. Es konnte sich hierbei nur um Chamus Velmont handeln. Er strahlte etwas Grausames
und Furchteinflößendes aus, sodass mir die Angst wie Säure in den Adern
brannte. Man spürte die Gefahr geradezu, die von ihm ausging, die Kälte und die
Herzlosigkeit.
In diesem
Augenblick schwang die große Flügeltür auf und Devil trat ein. Ich schätzte ihn
auf vielleicht sieben Jahre. Langsam kam er auf seinen Vater zu, blieb schließlich
in der Mitte des Zimmers stehen, ließ sich auf sein rechtes Knie sinken und
berührte mit der Faust seine linke Brust.
„Ihr habt mich rufen
lassen?“
Chamus nickte. „Du
weißt, dass du eine große Aufgabe erfüllen wirst“, begann er mit laut
dröhnender Stimme.
Der Junge nickte.
„Du wirst einst der
Stärkste von uns allen sein“, fuhr er fort. „Und genau darum werden deine
Feinde versuchen, dich in die Hände zu bekommen. Kennst du den Fiores-Kristall?“
Wieder nickte er
und begann zu erklären: „Es existiert nur ein winziges Stück, doch dieses lässt
sich weder vernichten noch zerstören. Mit seiner Hilfe kann man die Kraft eines
anderen Dämons auf sich selbst übertragen.“
„So ist es. Du
wirst dir also denken können, dass deine Feinde unermüdlich hinter diesem
Kristall her sein werden. Es gibt kein besseres Ziel als dich. Wer es schafft,
deine Kraft auf sich zu übertragen, der wird automatisch zum mächtigsten aller
Dämonen.“
Chamus streckte
seine Hand aus und eine Kette kam zum Vorschein, an der ein kleiner leuchtender
Stein hing. Er schimmerte in allen Farben und bunte Lichter tanzten durch den
finsteren Raum.
„Ich habe vor
langer Zeit nach diesem Kristall suchen lassen und ihn letztendlich finden
können.“
Er warf seinem Sohn
die Kette zu, der sie geschickt auffing.
„Du musst darauf
aufpassen. Und denke immer daran, dass dein Leben davon abhängt. Schütze sie
vor deinen Feinden.“
Devil betrachtete
die
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