Verteidigung
im Land auf Krayoxx stürzen, da müssen wir uns also noch mehr ins Zeug legen. Was das Geld angeht, finde ich sechzig-dreißig-zehn fair.«
Oscar hatte Lasagne bestellt, Wally die gefüllten Ravioli. Als der Kellner weg war, sagte Oscar: »Dein Anteil ist doppelt so hoch wie meiner? Das hat’s ja noch nie gegeben. Mir gefällt das gar nicht.«
»Und was würde dir gefallen?«
»Halbe-halbe.«
»Und was ist mit David? Dem haben wir doch einen Anteil versprochen, wenn er die Fälle ohne Todesfolge übernimmt.«
»Von mir aus. Fünfzig für dich, vierzig für mich, zehn für David. Ms. Gibson bekommt einen schönen Bonus, aber kein Stück vom Kuchen.«
Wenn so viel Geld ins Haus stand, fiel es leicht, mit Zahlen zu jonglieren und großzügig zu sein. Die beiden hatten sich schon wegen fünftausend Dollar bis aufs Messer bekriegt, aber heute war alles anders. Das Geld wirkte beruhigend und nahm ihnen die Lust zu streiten. Wally streckte bedächtig die Hand aus, und Oscar folgte seinem Beispiel. Nach einem schnellen Handschlag machten sie sich über das Hauptgericht her.
»Wie geht’s deiner Frau?«, erkundigte sich Wally nach ein paar Bissen.
Oscar runzelte die Stirn, verzog das Gesicht und wandte den Blick ab. Das Thema Paula Finley war tabu, weil niemand in der Kanzlei sie leiden konnte – Oscar war da keine Ausnahme.
Wally blieb hartnäckig. »Weißt du, Oscar, jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Wenn nicht jetzt, wann dann?«
»Du als Eheberater?«
»Ja, weil ich recht habe, und das weißt du auch.«
»Klingt, als hättest du gründlich darüber nachgedacht.«
»Stimmt, im Gegensatz zu dir. Das liegt daran, dass du nie an diese Fälle geglaubt hast – bis jetzt zumindest.«
Oscar schenkte sich Wein nach. »Lass hören.«
Wally beugte sich vor, als hätten sie brisante Geheimnisse zu besprechen. »Reich jetzt die Scheidung ein, sofort. Das ist kein Problem, ich hab’s viermal gemacht. Zieh aus, besorg dir eine Wohnung, brich den Kontakt ab. Ich vertrete dich, und deine Frau kann sich selbst einen Anwalt besorgen. Wir setzen einen Vertrag auf, datieren ihn sechs Monate zurück und schreiben rein, dass ich achtzig Prozent der Krayoxx-Vergleichszahlungen bekomme und du dir mit David die restlichen zwanzig Prozent teilst. Irgendwas musst du an Krayoxx verdienen, sonst nimmt ihr Anwalt uns das nicht ab. Aber das meiste Geld können wir irgendwo ein Jahr lang oder so parken, bis die Scheidung über die Bühne ist. Wir beide werden uns dann schon einig.«
»Das ist rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung.«
»Ich weiß. Das ist ja das Schöne daran. Ich hab das schon tausendmal gemacht, allerdings nicht in dieser Größenordnung. Du doch bestimmt auch. Ganz schön clever, was?«
»Wenn wir erwischt werden, landen wir ohne Anhörung wegen Missachtung des Gerichts im Knast.«
»Aber wir werden nicht erwischt. Deine Frau denkt doch, Krayoxx ist ausschließlich meine Sache, oder?«
»Ja.«
»Dann wird es auch klappen. Es ist unsere Kanzlei, und wir bestimmen, wie das Geld aufgeteilt wird. Da redet uns keiner rein.«
»So dumm werden ihre Anwälte nicht sein, Wally. Der große Krayoxx-Vergleich wird in aller Munde sein.«
»Na hör mal, wir streichen ja nicht ständig solche Summen ein. In den letzten zehn Jahren hast du brutto vielleicht fünfundsiebzigtausend verdient, oder?«
Oscar zuckte die Achseln. »So ähnlich wie du. Ziemlich trostlos, was? Nach dreißig Jahren Plackerei.«
»Darum geht’s nicht, Oscar. Tatsache ist, dass für eine Scheidung die bisherigen Einkünfte angerechnet werden.«
»Ich weiß.«
»Wenn das Krayoxx-Geld auf meinen Namen läuft, können wir nachweisen, dass dein Einkommen gleich geblieben ist.«
»Und was machst du mit dem Geld?«
»Ich deponiere es offshore, bis die Scheidung über die Bühne ist. Wenn du willst, lassen wir es auf den Kaimaninseln und fliegen einmal im Jahr rüber, um nachzusehen, wie es sich macht. Glaub mir, das kommt nie raus. Aber du musst jetzt die Scheidung einreichen und für klare Verhältnisse sorgen.«
»Wieso willst du unbedingt, dass ich mich scheiden lasse?«
»Weil ich diese Frau nicht ausstehen kann. Weil du seit den Flitterwochen von der Scheidung träumst. Weil du es verdient hast, glücklich zu sein. Wenn du diese Hexe vor die Tür setzt und das Geld irgendwo vergräbst, wird sich dein Leben dramatisch zum Besseren wandeln. Überleg doch mal: mit zweiundsechzig ein freier Mann und ein nettes Polster auf der Bank.«
Oscar
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